28.06.2024
Historie

1000 Mark Meisterprämie

Am 28. Juni 1959 gewinnt Eintracht Frankfurt die erste und bislang einzige Deutsche Meisterschaft. Ekko Feigenspan trifft beim 5:3 gegen Offenbach dreifach. Erinnerungen an eine andere Fußballwelt.

Der Sommer in Deutschland ist geprägt von einem wankelmütigen Wettergott zum einen und dem Traum einer ganzen Nation, im eigenen Land die erste Europameisterschaft seit 1996 zu gewinnen. Das Endspiel steigt am 14. Juli im Berliner Olympiastadion. Dort, wo Eintracht Frankfurt vor 65 Jahren den bis heute größten nationalen Triumph der über 125-jährigen Vereinsgeschichte feierte: Die Deutsche Meisterschaft. Einer der Hauptprotagonisten damals: Ekko Feigenspan, den die Eintracht kürzlich in seiner Heimat Augsburg getroffen hat.

Der damalige Modus unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes hatte im Kleinen Ähnlichkeit mit dem einer EM oder WM. Acht Vertreter aus vier Oberligen sowie der Vertragsliga Berlin spielten in zwei Gruppen um die Finalteilnahme 1959. Nach je drei Hin- und Rückspielen hatten zwei Vertreter aus Hessen den Platz an der Sonne sicher: Eintracht Frankfurt verlustpunktfrei mit 12:0 Zählern und Kickers Offenbach bei vier Siegen, einem Unentschieden und einer Niederlage.

Ekko Feigenspan verwandelt 1959 im Finale um die Deutsche Meisterschaft einen Elfmeter.

Bereits in der Südstaffel war das Rennen eng, zwei Punkte Vorsprung hatte die SGE am Ende auf den Stadtnachbarn. Auch das Geschehen in der Hauptstadt gestaltete sich Spitz auf Knopf. Vor 75.000 Zuschauer stand es Mitte des ersten Durchgangs 2:2, der Pausenstand hatte auch nach 90 Minuten Bestand. Keine zwei Zeigerumdrehungen nach Beginn der Verlängerung verwandelte Eckehard Feigenspan einen Elfmeter zum 3:2. István Sztani erhöhte auf 4:2, die Kickers zogen durch Siegfried Gast nach, ehe Feigenspan mit seinem dritten Treffer in der 119. Minute den Deckel drauf machte und die Meisterschale nach Frankfurt brachte.

Neun Jahre später, 1968, hat es Ekko Feigenspan mit seiner Frau aus beruflichen Gründen nach Augsburg verschlagen. Hier fühlt er sich wohl, in früheren Jahren war der Weg zum Skifahren nicht weit, schwimmen geht er noch immer, Spaziergänge in der Natur und ein großer Garten halten ihn fit. Seinen letzten Urlaub hat er um Weihnachten in Südtirol verbracht. Der Eintracht ist er immer noch verbunden, auch wenn er durch die Entfernung nicht wie seine noch lebenden Mitspieler aus der 59er-Mannschaft in die Loge zu den Heimspielen kommen kann. „Zum vergangenen Auswärtsspiel der Eintracht in Augsburg hat mir Matthias Thoma vom Eintracht-Museum dankenswerterweise Karten besorgt. Wir versuchen, bei dieser Begegnung immer dabei zu sein“, erzählt Feigenspan, als ihn die Eintracht-Redaktion für ein Interview in Augsburg trifft, nachdem er sich auch geistig noch fit gehalten hat und gerade von einem Sprachkurs in der Volkshochschule kommt.

Zwei Tore im Endspiel, Jahrzehnte später mit der Schale in der Meisterloge im Deutsche Bank Park: István Sztani.

Feigenspan kommt aus einer Generation von Fußballern, bei denen der Sport durch die geringen Verdienstmöglichkeiten nicht immer Priorität genießen konnte. Er studierte zunächst Maschinenbau und pendelte aus Darmstadt an den Riederwald; als er sich in München einschrieb, spielte er bei 1860; bei Krupp baute er Diesellokomotiven und kickte ein paar Meter weiter bei Rot-Weiß Essen; letztlich ging er zur MAN nach Augsburg und stellte den Sport endgültig hintenan. „Fußball hat mir nie gereicht“, sagt Feigenspan, der sich zudem in Essen schwer am Knie verletzt hatte. Der frühere Stürmer erzählt von Zeiten, in denen er 150 Mark Sieg- und 1000 Mark Meisterprämie erhielt und das Ministerium den Verdienst der Fußballer im Jahresmittel auf 400 Mark pro Monat beschränkte.

Und das, obwohl Feigenspan zu den besten Stürmern des Landes gehörte, als er mit der Eintracht den größten Erfolg der Vereinsgeschichte feierte. In der Oberligasaison 1958/59 schoss er in 27 Spielen 21 Tore, legte deren zwölf in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft nach – alleine drei im Finale gegen Kickers Offenbach. „Beim 5:3 ins leere Tor zu laufen, war ein sehr schönes Gefühl“, schwärmt er noch heute. „Pfaff, Kreß und Weilbächer waren Spieler, die mich in Position gebracht haben. Wir haben immer offensiv gespielt“. Und Feigenspan hat als Mittelstürmer für die Tore gesorgt. Nach dem Spiel ging’s dann wieder auf die Arbeit.

„Meisterschaft der absolute Karrierehöhepunkt“

Feigenspan ist in Frankfurt geboren, sein Vater hatte einen Betrieb am Westbahnhof und das Elternhaus war unweit davon. Während des Kriegs wurde das Anwesen 1944 zerstört, die Familie siedelte über zur Cousine der Mutter nach Nieder-Wöllstadt in die Wetterau. Dort spielte er auch erstmals Fußball im Verein, es folgten die Wechsel zum VfB Friedberg und 1955 zur Eintracht. „Die Zeit dort war fantastisch, die Meisterschaft der absolute Karrierehöhepunkt“, fasst Feigenspan zusammen.

65 Jahre später ist Frankfurt für ihn zwar weit weg, die Eintracht bleibt ihm aber immer in guter Erinnerung. „Um uns verdiente Spieler wird sich hervorragend gekümmert“. Wie auch 2023, als er beim DFB-Pokalendspiel in Berlin dabei war. An jenem Ort, wo Ekko Feigenspan am 28. Juni 1959 die Eintracht zur Deutschen Meisterschaft geschossen hat.