08.03.2019
Verein

120 Jahre Eintracht Frankfurt: Wie alles begann

Am 8. März 1899 wurde der Frankfurter Fußball-Club Victoria gegründet. Eine Zeitreise zum ersten Vorgänger der Eintracht.

Von Bundesliga oder gar UEFA Europa League träumte Ende des 19. Jahrhunderts noch niemand. Der Fußball begann gerade erst, in Deutschland Fuß zu fassen. Am 8. März 1899 wurde der Frankfurter Fußball-Club Victoria gegründet - der erste Vorgänger von Eintracht Frankfurt hatte das Licht der Welt erblickt. Aber bis zur Sportgemeinde Eintracht Frankfurt war es noch ein ziemlich langer Weg.

Es wurde zwar schon vor 1880 in Frankfurt Fußball gespielt, aber nur nach den Regeln der Rugby Union. Das reizte zunächst nicht jedermann. Trotzdem fand der neue Sport immer mehr Anhänger. So viele, dass beim Frankfurter Fußball-Club Germania von 1894 die Unzufriedenheit wuchs. Viele Spieler waren zum Zusehen verurteilt, weil nur elf kicken durften. Die Unzufriedenen gründeten kurzerhand am 8. März 1899 einen eigenen Verein. Sie nannten ihn "Frankfurter Fußball-Club Victoria". Gespielt wurde auf der "Hundswiese" in der Nähe der heutigen Gebäude des Hessischen Rundfunks. Der Monatsbeitrag betrug eine Mark, Vorsitzender wurde Albert Pohlenk.

Keine Zeit zu verlieren

Schon am 19. März wurde im ersten Freundschaftsspiel der 1. Bockenheimer FC 1899 mit 4:1 bezwungen. Bis September konnte die Victoria bei sechs Niederlagen zehn Siege feiern, den schönsten mit 2:1 gegen den Ex-Verein Germania 94. Im gleichen Jahr wurde auch der Frankfurter Fußball-Club Kickers gegründet. Im Vorort Bockenheim, der erst 1895 eingemeindet worden war.

Kein Jahr später, im Januar 1900, gehörte die Victoria dann zu den 86 Vereinen, die den Deutschen Fußball-Bund (DFB) aus der Taufe hoben. Kurz darauf wurde beschlossen, eine Frankfurter Fußball-Meisterschaft auszutragen. Die erste Runde begann im September mit drei Vereinen: Victoria, Germania und Bockenheimer Kickers. Um den ersten Titel sollte es zu einem Entscheidungsspiel zwischen den punktgleichen Victoria und Germania kommen. In Bockenheim gewann die Germania mit 1:0. Wenig später trafen diese beiden Teams in der ersten Runde der Süddeutschen Meisterschaft erneut aufeinander. 14 Minuten vor dem Ende führte diesmal die Victoria mit 1:0, als der Schiedsrichter die Partie wegen Dunkelheit abbrach. Das Spiel wurde zunächst neu angesetzt. Aber die Victoria protestierte und kam so eine Runde weiter, um dann gegen den Darmstädter FC mit 1:5 auszuscheiden.

Multi-Kulti schon in der „Steinzeit“

Es waren noch immer unruhige Gründerzeiten. Vereine kamen, Vereine gingen oder fusionierten. Wie der "Frankfurter Fußball-Club 1899 - Kickers", entstanden aus dem FFC 1899 und den Frankfurter Kickers, dem zweiten Bein der zukünftigen Eintracht. Und so kämpften in der Saison 1901/02 vier Teams um die Frankfurter Meisterschaft. Die Victoria setzte sich mit 12:0 Punkten souverän durch. Mit dem Vorgänger einer Multi-Kulti-Truppe: Mit Billeter wechselte ein Akteur aus Neuchatel in der Schweiz an den Main. Der erste Legionär, würde man heute sagen.

Bald tauchten neue Probleme auf. Der Gau-Ausschuss beschloss 1906, dass Punktspiele nur noch auf eingezäunten Plätzen ausgetragen werden dürfen. Die Viktoria musste umziehen, fand an der Eschersheimer Landstraße 275 ein geeignetes Areal. Zur feierlichen Eröffnung gab es Ostern 1907 ein 2:2 gegen den französischen Meister Gallia-Club Paris. Der FFC Kickers musste hingegen die Anlage von Germania 94 mitbenutzen, weil eine Fusion beider Vereine am Widerstand der Mitglieder scheiterte. 1907 gab es einen echten Frankfurter Leckerbissen zu bestaunen. Im Ostpark spielte eine Stadtauswahl gegen die Profis des englischen Meisters Newcastle United. FFC-Kickers-Stürmer Fritz Becker traf beim 2:6 doppelt. Jener Fritz Becker, der am 5. April 1908 in Basel beim 3:5 gegen die Schweiz das erste Tor für die Deutsche Nationalmannschaft erzielen sollte.

Erstklassige Vorläufer

Sowohl die Victoria als auch der FFC Kickers erhielten sich über Jahre hinweg ihre Erstklassigkeit. Erfolge, die damals nicht selbstverständlich waren. So hatte sich Hermannia Frankfurt mit der Anlage im Ostpark finanziell übernommen, machte die Schotten dicht. Die Victoria erwarb für nur 350 Mark daraufhin deren Holztribüne und konnte ihren Zuschauern fortan mehr Komfort bieten.

1910 wurde dann auf dem Messegelände die "Internationale Ausstellung für Sport und Spiel" eröffnet. Ein Ziel: Den Fußball populärer zu machen und vom Rugby wohl endgültig abzugrenzen. Die Viktoria und der FFC Kickers spielten derweil in der A-Klasse. Allerdings mit eher mäßigem Erfolg, der manche Anhänger verärgerte. Und so wird über eine Fusion geredet, die im April 1911 von den Mitgliedern beider Vereine abgesegnet wird. Am 13. Mai 1911 wird der neue Verein "Frankfurter Fußball-Verein Kickers-Viktoria" gegründet. Ein weiterer Schritt zu Eintracht Frankfurt.

Fusion mit Nebengeräuschen

Die Fusion zahlte sich sportlich rasch aus. Denn der FFV Kickers-Victoria wird auf Anhieb Nordkreis-Meister vor Hanau 93. 1912 zog der FFV dann an die Roseggerstraße im Stadtteil Dornbusch um – Fußballplätze, Aschenbahn, Tribüne und Vereinsheim. Die Meisterschaft wird verteidigt, doch die Vereinszeitung sprach über diese Saison von "Balkanwirren im Nordkreis". Auch sonst ging es rund. Die Partie Kickers Offenbach gegen den FFV musste Wochen später abgebrochen werden, weil OFC-Anhänger randalierten. Und der FFV wird zwischenzeitlich für vier, der FSV für drei Monate wegen diverser anderer Verfehlungen gesperrt. Doch in den Berufungsverhandlungen werden beide Sperren aufgehoben, eine totale Wettbewerbsverzerrung wird damit vermieden. Damit aber nicht genug mit den fragwürdigen Entscheidungen: Germania 94 erhält erst am Ende der Hinrunde die Spielberechtigung und darf alle Begegnungen nachholen. Fußball in den Kinderschuhen eben.

Dann bremst der Erste Weltkrieg den Spielbetrieb aus. Immer mehr Spieler müssen an die Front. Gaukriegsspiele werden durchgeführt, doch regulär kann das alles eigentlich nicht genannt werden. Der FFV greift häufig auf Soldaten zurück, die nach Kriegsverletzungen Heimaturlaub erhalten. Doch irgendwie rollt der Ball, obwohl sich die militärischen Niederlagen häuften. Dann ist der Krieg endlich vorbei, es folgt in der Saison 1919/20 der letzte Erfolg des FFV: Er wird Nordmainmeister. Kurz danach, am 1. Mai 1920 fusioniert der FFV mit der Frankfurter Turngemeinde von 1861, die Turn- und Sportgemeinde Eintracht von 1861 wird gegründet.

Schwere Geburt endlich vollbracht

Der Name Eintracht Frankfurt ist geboren! Die Heimspiele der Fußballer werden nun am Riederwald ausgetragen. Aber es dauert ein paar weitere Jahre, bis die noch heute existierende SGE endgültig entsteht. Erst 1927 gibt es die entscheidende Spaltung. Die TG Eintracht Frankfurt von 1861 und die Sportgemeinde Eintracht Frankfurt von 1899 gehen fortan getrennte Wege. Was mit der Victoria und dem FFC Kickers im Jahr 1899 klein begonnen hatte, bekam seine endgültige Heimat. Längst bestimmen hauptsächlich die Fußballer das Geschehen. Aber auch die Rugbyspieler jagen heutzutage ihrem Ei unter dem Dach von Eintracht Frankfurt e.V. hinterher.