31.12.2023
Historie

Alles Gude, Horst Heese!

Der „Eisenschädel“, Spieler und Trainer bei der Eintracht, wird am Silvestertag 80 Jahre alt.

Es gibt nicht viele, die für die Eintracht gespielt haben und die Eintracht auch trainiert haben. Sieht man von Interimslösungen wie Jürgen Grabowski oder Armin Kraaz einmal ab, ist es ein Quintett, das auf dem Spielfeld und auf der Bank ihren Teil zur Geschichte des Klubs beigetragen hat. Der erste war Ivica Horvath, später Bundesliga-Rekordspieler Karl-Heinz Körbel, Dragoslav Stepanovic sowie Horst Ehrmanntraut – und Horst Heese. 108 Bundesligaspiele hat er zwischen 1969 und 1973 für die Adlerträger bestritten und dabei 27 Tore erzielt. Dazu noch zwei Europapokal- und zehn DFB-Pokalpartien. Als Trainer war Heese 20 Jahre später, vom 31. März bis zum 30. Juni 1993, verantwortlich.

Der Eintracht weiterhin eng verbunden

Der Eintracht ist er heute noch sehr verbunden, zu einigen alten Weggefährten hält er auch aus seinem Wohnort kurz hinter der deutsch-belgischen Grenze in Eupen Kontakt. Beim Gedenkspiel für Jürgen Grabowski im Frühjahr war er in Biebrich dabei, mit „Grabi“ spielte er vier Jahre zusammen – und profitierte als Stürmer von dessen Vorlagen. Es war jene Generation um Grabi, Bernd Hölzenbein, Bernd Nickel, Heese und Co., die sich durch Rang fünf in der Bundesligasaison 1971/72 erstmals für einen UEFA-Wettbewerb qualifizierte.

Ich weiß noch: schlechtes Wetter, schlechter Heese. Die Leute haben mich schon ausgepfiffen. Aber dann hat es doch geklappt.

Horst Heese über seinen Dreierpack gegen den VfB Stuttgart

Während die anderen drei Genannten eher für das technische Element zuständig waren, war das Kraftpaket eher der Mann fürs Grobe – im positiven Sinne. Heese wurde nachgesagt, mit dem Kopf dahin zu gehen, wo andere den Fuß zurückziehen. „Eisenschädel“ und „Brecher“ waren Art Ehrenbezeichnungen, die er Zeit seiner Karriere trug. Er lieferte immer ehrliche Arbeit ab, war ein Mittelstürmer alter Schule mit trotz nur 1,77 Meter Körpergröße ausgeprägter Kopfballstärke – und schnürte auch mal einen Dreierpack. Am 11. April 1970, beim 4:0 gegen den VfB Stuttgart.

Erst ausgepfiffen, dann lupenreiner Hattrick

Im Gespräch mit der „Eintracht vom Main“ erinnerte er sich vor knapp vier Jahren: „Ich weiß noch: schlechtes Wetter, schlechter Heese. Die Leute haben mich schon ausgepfiffen. Aber dann hat es doch geklappt. Das erste war unten links mit dem Fuß, die anderen beiden, weiß ich nicht mehr.“ Nach Hölzenbeins Führung gelang Heese demnach ein lupenreiner Hattrick.

Wenige Jahre später, im Winter 1972/73, war seine Zeit bei der Eintracht ein wenig unrühmlich zu Ende gegangen. Die Eintracht hatte in jener Zeit Finanzprobleme, der Zuschauerschnitt war ein Jahr nach der Bundesligaskandal-Saison von gut 23.000 auf nur noch 13.000 gesunken. Da kam das Kaufangebot für Heese gerade recht. Der Hamburger SV brauchte im Abstiegskampf einen großen Kämpfer und bezahlte schließlich 170.000 DM (!) als Ablöse. „Heute wäre ich unbezahlbar“, hat er in einem Interview zu seinem 70. Geburtstag kommentiert.

Wechselfehler mit Folgen

Als Trainer hat Horst Heese im Rhein-Main-Gebiet eine große Runde gedreht, ist aber darüber hinaus auch rumgekommen. Er hat die Offenbacher Kickers zweimal trainiert und den FSV Frankfurt, Viktoria Aschaffenburg und den VfB 1900 Gießen (mit Spieler Uwe Bein). Dazu den 1. FC Nürnberg, den Freiburger FC, Fortuna Köln und zweimal die Nationalmannschaft Maltas – seine letzte Trainerstation vor fast 20 Jahren.

Horst Heese trainierte unter anderem die Nationalmannschaft Maltas.

Und natürlich hat er die Eintracht gecoacht. Dragoslav Stepanovic musste im März 1993 nach einem 0:3 im Pokal gegen Bayer 04 Leverkusen gehen, Manager Bernd Hölzenbein erinnerte sich an seinen ehemaligen Mitspieler und holte Heese für drei Monate an den Riederwald. 

Es sei das beste Team gewesen, das er je trainiert habe, sagte er später. „Ein Uli Stein im Tor. Du wusstest: Da passiert nichts. Ein Uwe Bein im Mittelfeld. Du wusstest: Da kommen geile Pässe. Ein Anthony Yeboah im Sturm. Du wusstest: Bekommt er den Ball, macht er ihn rein. Da konnte ich als Eintracht-Trainer ganz entspannt auf der Bank sitzen“, schwärmt der Wahl-Belgier. Und doch ist etwas schief gegangen.

Wechselfehler mit Folgen

Beim Spiel in Uerdingen am 22. Mai 1993 wechselte er in der 21. Minute den Slowaken Marek Penksa für den sogenannten „Fußballdeutschen“ Slobodan Komljenovic ein. Zusammen mit Jay-Jay Okocha, Kachaber Zchadadse und Anthony Yeboah standen nun vier Ausländer auf dem Platz – einer mehr, als die DFB-Statuten erlaubten. Kurios: Heese bemerkte seinen Fehler schnell, wechselte Penksa nach nur vier Minuten ohne Ballkontakt wieder aus, doch das half nichts mehr. Das mit 5:2 gewonnene Spiel wurde jedoch nach einem Krefelder Protest mit 2:0 Punkten und 2:0 Toren für Bayer Uerdingen gewertet.

Da hatte ich keine Lust mehr, Trainer in Deutschland zu sein.

Horst Heese

Heese ärgert sich noch heute: „Der Titel war endgültig futsch, am Ende wurden wir Dritter. Und in den Medien musste ich lesen: Heese kann nicht bis drei zählen. Da hatte ich keine Lust mehr, Trainer in Deutschland zu sein. Solche Sprüche musste ich meiner Familie nicht antun. Schade, bei der Eintracht hätte noch mehr entstehen können.“

Heute lebt er im belgischen Eupen, wo er sich nach seiner Zeit beim HSV vor 50 Jahren zunächst als Spieler niederließ. „Das hatte gut zu meiner Familie gepasst. Als meine Kinder klein waren, hatte Belgien schon ein tolles Schulsystem, zweisprachig, französisch und deutsch. Da sind wir hängen geblieben“, erzählt der Sohn eines früheren Boxers, der von seinem Vater geprägt sich seine harte Spielweise erarbeitet hatte. Heute geht es bei Horst Heese freilich gemütlicher zu.

Alles Gude zum 80. Geburtstag!