Es war der 10. Dezember 1977, die Eintracht spielte an einem trüben Wintertag beim 1. FC Saarbrücken. Nach hart umkämpften, aber langweiligen 90 Minuten stand es torlos 0:0. Jürgen Grabowski, der Frankfurter Star und Kapitän, hatte sich ein knallhartes Duell geliefert mit einem gewissen Werner Lorant. Genauer gesagt: Lorant hatte Grabowski hartnäckig bearbeitet, Sonderbewachung. Hier ein Tritt, da ein Ziehen, dort ein Schubsen. Grabi hatte die Nase gestrichen voll. „Holt den Lorant zu uns“, sagte er, „ich will nicht mehr gegen ihn spielen.“ Der Wunsch des Kapitäns war der Eintracht-Führung Befehl. Trainer Otto Knefler und Manager Udo Klug holten Lorant im Sommer darauf nach Frankfurt. Natürlich nicht in erster Linie wegen der grabowski‘schen Abneigung, sondern wegen der unbestrittenen Qualitäten des Mittelfeldspielers. Später bekam Lorant mal die Bezeichnung Werner „Beinhart“. Damit waren seine Trainereigenschaften gemeint. Aber es traf auch auf den Spieler Lorant zu.
Kein Glanz und Gloria
An 21. November hat Lorant seinen 70. Geburtstag gefeiert. Nicht mit Glanz und Gloria, wie man es sich bei einem ehemaligen Bundesligaspieler und langjährigen Bundesligatrainer erwarten könnte, sondern im kleinen Kreis und in bescheidenem Rahmen. Aber dazu später mehr. Zurück in die Siebziger. 134 Bundesligaspiele hat Werner Lorant zwischen 1978 und 1982 für die Eintracht bestritten. Er war Stammspieler im Mittelfeld, häufig dafür verantwortlich, die gegnerischen Spielmacher in Schach zu halten.
Jürgen Grabowski soll dann immer eine besondere Freude verspürt haben. Lorant war der Arbeiter an der Seite der Künstler Grabowski, Nickel oder Hölzenbein. Er hat ihnen den Rücken freigehalten. Ihn alleine darauf zu reduzieren, wäre aber ungerecht. Immerhin hat er in der Liga auch 21 Tore für die Eintracht geschossen, darunter viele Elfmeter. Denn Lorant konnte nicht nur die Gegner piesacken, er hatte auch einen sehr präzisen Innenseitstoß. Seine Strafstöße hatten sich durch große Präzision ausgezeichnet. Lorant gewann mit der Eintracht den DFB-Pokal (1981) und den UEFA-Pokal (1980).
Raus aus dem Adlergewand, rein ins Trainergeschäft
1984 startete er seine Trainerkarriere beim SV Heidingsfeld vor den Toren Würzburgs. Er stieg in die Oberliga auf, später wurde er mit Schweinfurt 05 und Viktoria Aschaffenburg jeweils Drittligameister. 1860 München führte er von der dritten Liga über die Bundesliga bis in die UEFA Champions League. So gut waren die Löwen seither nie wieder. Lorant war auf dem Gipfel seiner Trainerkarriere. Nach der Entlassung in München 2001 ging es Stück für Stück abwärts. Es folgten 16 weitere Stationen, darunter international in der Türkei, in Korea, im Iran, in Zypern und der Slowakei. Beendet hat er seine Laufbahn 2017 in Österreich beim Viertligisten ÖTSU Hallein.
Privat hat Lorant schwere Zeiten hinter sich. 2011 musste er aus seinem Haus in Dorfen ausziehen, es wurde zwangsversteigert. Lorant hatte seine Hypotheken nicht mehr bedienen können, angeblich wegen hoher Verluste bei Spekulationen in Ost-Immobilien. Es kam auch zur Trennung von seiner Frau. Nun lebt Lorant mit seiner neuen Freundin in einer Ferienwohnung auf einem Campingplatz am Waginger See. „Viele glauben immer noch, ich wohne in einem Indianerzelt ohne Vordach“, hat er mal gesagt, „aber ich lebe mit meiner Partnerin in einem sehr schönen Apartment.“ Die neue Bleibe liege direkt „am Wasser mit Blick auf die Berge – etwas Schöneres gibt es nicht. Ich bin ein glücklicher zufriedener Rentner.“ Im Sommer betreibt er noch eine Fußballschule für Dreizehn- bis Fünfzehnjährige. „Darauf freue ich mich“, sagt er, „das macht mir Spaß, da geht es nur um die Freude am Spiel, nicht um den Auf- oder Abstieg.
„Ich wechsele nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht.“
Ab und zu schaut er sich noch Spiele bei seinem „Herzensverein“ 1860 München an. Zu den Bayern geht er nicht. „Das muss nun wirklich nicht sein“, sagt er. Noch so ein Lorant-Spruch. Wie der: „Ich wechsele nur aus, wenn sich einer ein Bein bricht.“ Die Einschätzung des heutigen Fußballs: „Na ja, die Spiele sind schneller geworden, die Schuhe leichter, und die Trikots saugen sich bei Regen nicht mehr voll mit Wasser und sind dann ein paar Kilo leichter. Heute tragen die Spieler, wenn es etwas kälter ist, Handschuhe zu kurzärmeligen Trikots, damit man die Tattoos sieht. Aber kaum liegt Schnee, können sie nicht mehr spielen.“
So war und ist er, der Werner Lorant. Hart, aber herzlich. Eintracht Frankfurt wünscht herzlichen Glückwunsch zum 70!