24.09.2020
Bundesliga

Alte Dame jünger als ihr Ruf

Die Berliner Offensive ist Trumpf, die Abwehr steht noch auf wackeligen Füßen. Die Hertha will diese Saison mit Kontinuität punkten – auch auf dem Trainerposten.

Situation: In der Findungsphase

Im Pokal verloren die Berliner überraschend 4:5 in Braunschweig. Ein Ergebnis, das nach drei verlorenen Testspielen in Folge bereits für Unzufriedenheit in den Berliner Reihen sorgte. Doch beim Saisonauftakt in Bremen lief es am vergangenen Wochenende bereits um einiges besser. Die Elf von Trainer Bruno Labbadia gewann mit 4:1 und stellte nicht nur eine furiose Offensive, sondern auch eine überzeugende Defensivleistung. In der vergangenen Saison erwiesen sich regelmäßige Trainerwechsel als Maßnahme, um für frische Impulse zu sorgen. Einzig beim amtierenden Chefcoach Bruno Labbadia gelang das zeitweise, als zehn Punkte aus den ersten vier Partien heraussprangen, die Hauptstädter zeitweise am Europapokal schnupperten, jedoch auf der Zielgeraden vier von fünf Spielen verloren.

Hertha BSC 2020/21
Kompakt1 Sieg, 4:1 Tore, 3 Punkte, Tabellenplatz 2
TorschützenPekarik, Lukebakio, Cunha, Cordoba

Mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren ist die Hertha alles andere als eine alte Dame, die sich in der kommenden Saison in der Tabelle nach oben orientieren möchte. Die Bundesligasaison 2019/20 schlossen die Herthaner auf dem zehnten Platz ab – Luft nach oben ist in jedem Fall. Doch bis dahin, das weiß auch Coach Bruno Labbadia, bedarf es Zeit und Kontinuität, um eine Mannschaft zu formen, die über die gesamte Saison Konstanz beweist. Durch den Abgang von erfahrenen Spielern wie Vedad Ibisevic, Thomas Kraft und Salomon Kalou sind nun andere gefragt, ihre Führungsrolle auf und neben dem Platz zu übernehmen. Ein erster Schritt ist bereits getan, Innenverteidiger Dedryck Boyata, der Stabilisator in der Berliner Hintermannschaft, wurde zum neuen Mannschaftskapitän ernannt.

Trainer: Im Imagewandel

Labbadias Trainerkarriere begann bei Darmstadt 98, dem Verein, in dem er selbst als Profi einst begann. Von Darmstadt führte sein Weg als Stürmer bis zum FC Bayern München. Während seiner aktiven Zeit wurde er DFB-Pokalsieger und zwei Mal Deutscher Meister. Bei Betrachtung von Labbadias Trainerlaufbahn erweckt diese bisweilen den Eindruck, er sei nur ein Mann für brenzlige Situationen und weniger für große Erfolge. Eine durchschnittliche Amtszeit von 1,43 Jahren könnte diese These unterstützen. Zudem sind die Berliner bereits der vierte Verein, die den gebürtigen Darmstädter im Abstiegskampf verpflichteten. Zuvor trainierte Labbadia unter anderem den VfL Wolfsburg, den Hamburger SV, den VfB Stuttgart sowie Bayer 04 Leverkusen. Gegen diese These spricht wiederum, dass er Wolfsburg beispielweise von der Relegation bis auf die internationalen Plätze führte und mit Stuttgart die UEFA Europa League erreichte.

In Berlin hat er jetzt in jedem Fall die Chance, diesem Ruf entgegenzuwirken, denn seine  Zwischenbilanz als Hauptstadttrainer kann sich sehen lassen. Nach zehn Partien in der Bundesliga hat er eine Siegquote von 50 Prozent sowie 1,6 Punkte pro Spiel vorzuweisen, steht somit deutlich besser da als seine unmittelbaren Vorgänger. Zum Vergleich: Eine bessere Zwischenbilanz wies zuletzt Falko Götz 2002 vor, der in seiner ersten Amtszeit 2,15 Zähler pro Partie sammelte. Insofern befindet sich nicht nur Hertha BSC im Imagewandel, sondern auch deren wichtigste sportliche Personalie.

Taktik: Immer für eine Überraschung gut

Bruno Labbadia gilt als Verfechter des 4-3-3 oder des 4-2-3-1 mit einem klaren Sechser vor der Abwehrkette. Diesen mimte im letzten Spiel Niklas Stark, seines Zeichens gelernter Innenverteidiger. Labbadia scheint also immer für eine Überraschung gut, denn gegen Werder ließ er seine Herthaner zudem im 4-4-2 mit Raute antreten. Matheus Cunha ist so etwas wie das Herz der Offensive. Als Freigeist hinter den Spitzen bringt er die nötige Kreativität mit. In seinem Rücken leisten die laufstarken Vladimir Darida und Neuzugang Lucas Tousart ihre Arbeit und versorgen die sturmgewaltige Offensive um Cordoba, Piatek und Lukebakio mit Zuspielen. Das spiegelt die Philosophie des Trainers wider: Labbabdia setzt auf hohes Pressing, eine aktive Spielweise mit dem nötigen Zug zum gegnerischen Tor, einhergehend mit Ballbesitz.

Spieler im Fokus: Peter Pekarik

Als rechter Verteidiger erlebt Peter Pekarik aktuell seinen zweiten Frühling. Viele schrieben denn 33-Jährigen vor der Saison schon ab, als Deyovaisio Zeefuik an der Spree aufschlug. Von vielen Verletzungen geplagt absolvierte Pekarik in der vergangenen Saison überschaubare neun Bundesligaspiele. Kern der Wahrheit ist aber vielmehr, dass er jene Einsätze dem aktuellen Chefcoach zu verdanken hat, der von Anfang an auf ihn setzte. Dieses Vertrauen zahlt der Routinier nun zurück.

Seit 2012 läuft der slowakische Nationalspieler in Blau-Weiß auf und verrichtet in der Defensive zumeist einen soliden Job. Wenn er für eines bisher nicht bekannt war, dann waren es Tore. Doch auch das ist seit dieser Saison neu: Pekarik erzielte das erste Hertha-Tor der neuen Bundesligasaison und hatte auch schon zuvor im DFB-Pokal bei der 4:5-Niederlage bei Eintracht Braunschweig getroffen. 2020/21 gelangen dem Rechtsverteidiger in zwei Pflichtspielen also gleich viele Tore wie in seinen vorangegangenen acht Spielzeiten bei den Berlinern, nämlich zwei. Einen seiner größten Erfolge feierte er zudem mit niemandem Geringeren als Adlerträger Makoto Hasebe. Beide wurden 2009 Deutscher Meister mit dem VfL Wolfsburg.

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