Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Spurensuche – Frankfurt – Theresienstadt“, die von der Fanbetreuung gemeinsam mit dem Eintracht Frankfurt Museum konzipiert wurde, stand am 24. März der Stadtrundgang auf den Spuren der Juddebuben an. Trotz vieler Termine übertraf die Teilnehmerzahl alle Erwartungen, zig Eintrachtler trafen sich an der Gedenkstätte am Neuen Börneplatz, darunter mit Alon Meyer auch der Vorsitzende von Makkabi Frankfurt, der sich erfreut über die Erinnerungskultur zeigte, aber auch die Notwendigkeit anmahnte, die Erinnerung in die Gegenwart zu überführen. Mit Martin Liepach konnte das Projekt zudem einen kompetenten Historiker gewinnen, der kenntnisreich die Gruppe begleitete und an einzelnen Orten die jüdische Geschichte nachwies. Begleitet wurde der Spaziergang auch von Helmut „Sonny“ Sonneberg, der als Kind nach Theresienstadt deportiert wurde und das dortige Ghetto überlebte. Sonny erzählte von seiner Zeit in Frankfurt, als er, obgleich christlich getauft, von den Nazis als Jude definiert und aus dem Alltagsleben ausgeschlossen wurde. Sein Drang nach Freiheit drückte sich nicht zuletzt dadurch aus, dass er den zur Pflicht gewordenen Judenstern unter dem Mantelkragen versteckte und sich heimlich und unter Lebensgefahr ins Kino schlich.
Am Ort des Treffpunktes stand einst die Hauptsynagoge Frankfurts, niedergebrannt bis auf die Grundmauern von Nationalsozialisten während der Novemberpogrome 1938. Im Rücken des Platzes befindet sich der Alte Jüdische Friedhof, an dessen Außenmauern Steine für die Opfer des Holocaust eingelassen wurden, darunter für Martha Wertheimer, einer bekannten Frankfurter Journalistin, und für Jule Lehmann, den letzten dokumentierten jüdischen Fußballer der Eintracht, an den Matze Thoma vom Eintracht Frankfurt Museum erinnerte. Der Börneplatz an der Judengasse jedoch wurde von den Nationalsozialisten bereits 1935 in Dominikanerplatz umbenannt, um die die Spuren des jüdischen Journalisten Ludwig Börne zu tilgen. Erst lange nach Kriegsende bekam der Platz 1978 seinen ursprünglichen Namen zurück. Der Weg führte anschließend zur Staufenmauer, deren Reste noch heute erhalten sind. Ab 1462 mussten sich die Juden unmittelbar dahinter ansiedeln, es entstand das erste jüdische Ghetto Deutschlands. Zuvor schon fielen die Frankfurter Juden mehrfach Pogromen zum Opfer. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hatte dieses Ghetto bestand.
Zentrale Rolle des Römerbergs
Auch die unscheinbaren Sandsteinreste im Holzgraben, heute eingebunden in einen Bau, der eine Modekette beherbergt, künden von der großen jüdischen Tradition Frankfurts. 1908 baute hier der Unternehmer Hermann Wronker das erste Großkaufhaus Frankfurts. Dessen Annoncen finden sich in den Vereinsheften der Eintracht der damaligen Zeit. Das Kaufhaus Wronker versetzte die Frankfurter ob seiner Größe und Einzigartigkeit in Staunen. Zuvor dominierten kleine Geschäfte das Stadtbild. Das Schicksal der Familie Wronker ist indes in Frankfurt kaum bekannt, schon 1933 wurde das Kaufhaus arisiert, die Inhaber durften ihr eigenes Geschäft nicht mehr betreten. Eine optionale Möglichkeit zur Auswanderung lehnten die Wronkers ab, erst 1938 gelang Hals über Kopf die Flucht nach Frankreich. Doch auch dort fielen sie den Nazis in die Hände und wurden über das Internierungslager in Gus nach Auschwitz verschleppt und 1942 ermordet. In den Bombennächten 1944 wurde das Gebäude bis auf wenige Reste zerstört, eine anständige Entschädigung für die Nachfahren der Wronkers hat es bis heute nicht gegeben. Auch der nah gelegene Römerberg im Herzen Frankfurts spielte eine zentrale Rolle während der Shoa. Eine im Boden eingelassene Metallplatte erinnert an die Bücherverbrennung an jener Stelle, als auf Initiative Frankfurter Studenten am 10. Mai 1933 vor 15.000 fanatischen Menschen die Schriften von Marx und Tucholsky, von Kästner und Heine den Flammen übergeben wurden.
Nach einem Imbiss am Römer setzte sich der Spaziergang fort über den Eisernen Steg zum Platz der vergessenen Kinder in der Hans Thoma Straße in Sachsenhausen. Julian von der Fanbetreuung schilderte, wie von hier nach Schließung des jüdischen Kinderheims 1942 43 Kinder nach Theresienstadt deportiert und später in Auschwitz ermordet wurden. Auch Sonny hatte als Kind einige Zeit im Heim gelebt, die frühe Deportation ist ihm jedoch erspart geblieben. Erst mit dem letzten Frankfurter Transport im Februar 1945 hat es auch ihn erwischt. Im Gegensatz zu den 43 Kindern aber überlebte er das Ghetto – und schildert immer wieder mit eindringlichen Worten das Grauen, das ihn ereilte – und das nie wieder Gestalt annehmen darf.