18.02.2020
Interview

„Augen zu und durch“

1994 Finale mit Salzburg, 2019 Halbfinale mit Frankfurt. Jetzt erklärt Adi Hütter, wieso er Letzteres höher bewertet und was ihm vor 26 Jahren durch den Kopf ging.

Adi, wie gehst du mit der Mannschaft die Aufgabe gegen Salzburg an?
Wir freuen uns natürlich auf diese Partien. Ich glaube, dass sich durch unseren starken Rückrundenstart das Blatt nun wieder gewendet hat. Im Dezember war der FC Salzburg, der vor allem in der Champions League sehr stark gespielt hat, für mich Favorit. Denn zu diesem Zeitpunkt haben wir uns auch in einer sehr schwierigen Phase befunden. Nun würde ich die Chancen wieder als 50:50 einschätzen. Wir haben es mit einer sehr guten Mannschaft zu tun, die einen ähnlichen Stil pflegt wie Leipzig. Sie sind vielleicht sogar noch schneller im Spiel nach vorne, noch besser im Pressing. Deswegen haben wir uns optimal auf dieses Spiel vorbereitet. Wir wollen natürlich eine Runde weiterkommen.Der FC Salzburg hat mit Haaland und Minamino zwei Topspieler abgegeben. Wie schätzt du die Mannschaft nun ein?
Es ist beeindruckend, wie sie es seit Jahren schaffen, verlorene Leistungsträger nahtlos zu ersetzten. Im Sommer ist Dabbur nach Sevilla und Gulbrandsen in die Türkei gegangen. Niemand dachte, dass ein Erling Haaland oder ein Takumi Minamino so einschlagen. Jetzt mussten sie wieder Spieler abgeben, haben in der Offensive aber immer noch großes Potential. Ist es für Ex-Salzburger wie Martin Hinteregger, Stefan Ilsanker und dich ein besonderes Spiel?
Wir würden lügen, wenn wir sagen würden, dass es ein ganz normales Spiel für uns sei. Martin und Stefan haben beide die Akademie in Salzburg durchlaufen, wir haben gemeinsam das Double gewonnen. Stefan ist ein Salzburger, mein Lebensmittelpunkt liegt auch in dieser Stadt. Martin hat als Kärntner natürlich viele Beziehungen dorthin.Eintracht gegen Salzburg gab es zuletzt 1994. Welche Erinnerungen hast du an diese beiden Partien?
Es gibt wahrscheinlich wenige Leute, die sich so gut an dieses Spiel erinnern können wie ich. Es beginnt damit, dass wir damals klarer Außenseiter waren. Ein deutscher Bundesligist war immer Favorit gegen eine österreichische Mannschaft. Die Eintracht hatte Topstars wie Tony Yeboah, Uwe Bein oder Uli Stein in ihren Reihen. Das Hinspiel in Wien haben wir mit 1:0 gewonnen. Ich war der goldene Torschütze. Im Rückspiel bekamen wir schon in der ersten Halbzeit eine Rote Karte und mussten in Unterzahl bis in die Verlängerung. Im Elfmeterschießen habe ich Gottseidank meinen Elfmeter gegen Uli Stein verwandelt und wir sind weitergekommen. Ich weiß noch, dass unser damaliger Teamchef der Kronenzeitung gesagt hat: „Hütter war der beste Mann auf dem Platz.“ Und am Ende wurde ich mit der ersten Nominierung für die Nationalmannschaft belohnt. Deshalb habe ich wohl auch so viele besondere Erinnerungen an dieses Duell.

„Beim Elfmeter hat es gekribbelt“

Blicken wir auf das entscheidende Elfmeterschießen. War deiner so gut geschossen?
Er war scharf geschossen. Ich glaube, da hätte Uli Stein im Weg stehen können und ich weiß nicht, ob er ihn pariert hätte. Ich erinnere mich, als ich mit meinen 24 Jahren zum Elfmeterpunkt gegangen bin. Da hat es schon noch gekribbelt. Ein ausverkauftes Stadion in Frankfurt und du weißt, wem du gegenüberstehst. Dann habe ich einfach gedacht: Augen zu und durch. Und drin war der Ball. Uli Stein ist heute Markenbotschafter bei der Eintracht. Habt ihr euch jemals über dieses Spiel und den Elfmeter unterhalten?
Ja, wir saßen mal im Flugzeug zusammen auf dem Weg nach Nikosia. Das war in der vergangenen Saison, als wir auf Zypern gegen Limassol gespielt haben. Wir haben uns ausgetauscht, fast genau 25 Jahre danach. Aber über den Elfmeter speziell haben wir nicht geredet. Also war er nicht nachtragend?
Nein. Aber ich glaube sehr wohl, dass es damals für Frankfurt und speziell für den deutschen Fußball peinlich war, gegen uns auszuscheiden. In der nächsten Runde konnten wir noch den Karlsruher SC ausschalten. Am Ende sind wir erst im Finale am FC Internazionale Milano gescheitert. Inwiefern war der Finaleinzug eine Sternstunde für dich?
Als österreichischer Verein in einem UEFA-Cup-Finale zu stehen, war sicherlich etwas Außergewöhnliches. Damals gab es noch zwei Duelle. Im Finale in Wien [Salzburg musste dort sein Heimspiel austragen; Anm. d. Redaktion] war ich gesperrt. Im Rückspiel im Giuseppe-Meazza-Stadion vor 83.000 Zuschauern durfte ich von Beginn an spielen. Wir haben zwei Mal mit 0:1 verloren, obwohl wir in Mailand sogar die bessere Mannschaft waren. Aber es war trotzdem ein fantastisches Finale.Als Spieler mit Salzburg im Finale des UEFA-Cups, vergangenes Jahr mit Eintracht Frankfurt im Halbfinale der Europa League. Würdest du dich als Europaexperten bezeichnen?
Ich weiß nicht, ob ich es so formulieren würde. Aber damals mit Salzburg und vergangenes Jahr mit der Eintracht – das waren sicherlich beides außergewöhnliche Erfolge. Besonders, weil niemand uns, also der Eintracht, das zugetraut hätte. Im Vergleich zu damals ist es heute deutlich schwieriger, weil man mehr Runden gehen und vor den K.-o.-Spielen eine Gruppenphase bestreiten muss. Damals standen wir nach fünf oder sechs K.-o.-Runden im Finale. Deshalb würde ich das Halbfinale mit der Eintracht sogar noch höher bewerten als den Finaleinzug mit Salzburg. Wo soll der Weg in dieser Saison hinführen?
Das Wichtigste war, dass wir den Negativlauf im neuen Jahr gestoppt haben und mit einigen Erfolgserlebnissen in die Rückrunde gestartet sind. Die Richtung stimmt jetzt wieder. Nun wird es spannend zu sehen sein, wie sich diese Saison entwickelt. Wir haben noch viele spannende Partien vor der Brust und sind weiter in drei Wettbewerben vertreten. Am Ende müssen wir sehen, was dabei herauskommt. Mit harter Arbeit wollen wir natürlich in allen Wettbewerben das maximal Mögliche erreichen.