22.05.2019
Eintracht

„Aus wirtschaftlicher Sicht müssten wir keinen Spieler verkaufen“ – Saisonfazit von Axel Hellmann

In der Woche nach dem letzten Bundesligaspiel blickt Vorstandsmitglied Axel Hellmann auf eine faktisch wie emotional spektakuläre Saison sowie die daraus resultierenden Folgen.

Axel Hellmann über…

…die Schwierigkeit eines ganzheitlichen Fazits: Die abgelaufene Saison hatte zweifelsfrei so viele Dinge zu bieten, wie sie andere Vereine vielleicht in fünf Jahren nicht erleben. Viele Themen sind im Fluss und noch nicht abgeschlossen: sportlich in der Kaderzusammenstellung, wirtschaftlich hinsichtlich der UEFA-Prämien. Grundsätzlich gibt es für diese Saison sehr viele Blickwinkel: sie lässt sich rein sportlich, wirtschaftlich oder medial betrachten, aber auch anhand dessen, was die Menschen im täglichen Umgang einem entgegenbringen.

…die Faktenlage: Viele Entwicklungen lassen sich an Fakten, der Tabelle und Zahlen ablesen. Stellt man das Abschneiden der Zielsetzung des Aufsichtsrats und Vorstands, sich dauerhaft unter den Top Ten festzubeißen, gegenüber, sehe ich eine sehr gute Saison. Wir haben uns in den vergangenen Jahren stetig verbessert, von Platz 16 auf Rang elf, dann acht und nun sieben folgen lassen. Mit 27 Punkten haben wir in der Hin- genauso viele Zähler wie in der Rückrunde geholt. Das bedeutet rein faktisch eine gewisse Konstanz. Nichtsdestotrotz hatten wir zeitweise eine Hand an der Qualifikation zur Champions League und am Ende einen Leistungseinbruch. Vergleichbare Szenarien hatten wir schon in der Vergangenheit in verschiedenen Konstellationen und mit unterschiedlichen Personen. Dieser Wandel der Extreme zeichnet den Klub in gewisser Weise aus. Ich denke auch an Highlights wie die fünf Bundesligatore von Luka Jovic gegen Düsseldorf oder die sechs Siege in der Vorrunde der Europa League. Insgesamt ist der siebte Platz gerecht und unter Einbeziehung aller Faktoren auch fair. Ich kann damit leben, das ist meine persönliche Einschätzung. Wir haben wieder die Chance auf europäische Auftritte, wenngleich uns die damit einhergehenden Anstrengungen im Frühsommer bewusst sind.

…den absehbaren Umsatzrekord: Darüber hinaus steht der mit 49.700 höchste Zuschauerschnitt in der Bundesligageschichte von Eintracht Frankfurt, die höchste Zahl an Auswärtsfans in Europa, der höchste Trikotabsatz aller Zeiten, kurzum: Wachstum auf allen Feldern. Nicht zuletzt steuern wir auf einen neuen Umsatzrekord zu. Originär – also ohne jegliche Transfereinnahmen – können wir mit mindestens 170 Millionen, eher 180 Millionen Euro, rechnen. 140 Millionen Euro kommen aus dem Bundesliga-, voraussichtlich 35 bis 40 Millionen Euro aus dem internationalen Geschäft. Zuzüglich möglicher Abgänge könnten wir im Sommer die Schallmauer von 200 Millionen Euro Umsatz durchbrechen. Wir reden hier aber von Umsatz, nicht von Gewinn. Die Bestwerte ließen sich hinsichtlich der Europa League fortsetzen über die meisten gegebenen Interviews oder die maximale Stadionauslastung. Dies bringt zwangsläufig kurze Abwicklungszeiten beim Ticketing, Marketing und Merchandising und ein Regenerationsbedürfnis meiner Mitarbeiter mit sich, die sehr viel Herzblut und Überstunden investiert haben, wofür ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte.

…die Gefühlsebene: Damit erfährt mein Saisonfazit auch eine emotionale Ebene. Ob die Choreographien, die Bandbreite an Bildern, die einem in Erinnerung bleiben und Symbole für Siege, Tore, aber auch Enttäuschungen sind. Jene Erlebnisse haben dem Klub eine Identität und Wahrnehmung gegeben, wie ich sie in 18 Jahren nicht erlebt habe. Wir erfahren als vielerorts „Zweitlieblingsklub“ große Anerkennung, auch von Bundesligakollegen. Eine derartige Aufmerksamkeit streichelt die Frankfurter Fußballseele.

…die Perspektiven: Nach der Saison ist vor der Saison. Die Arbeitsbelastung wird durch den siebten Platz nicht weniger. Das erste Spiel ist schon am 25. Juli, weshalb wir viele Themen vorziehen müssen. Deshalb ist es unser Kernauftrag, uns zu sammeln, organisieren und auf das vorzubereiten, was auf uns zukommt. In jedem Fall gehen wir als wirtschaftlich kerngesunder, starker Klub in die kommende Saison. Wir haben die Lizenz ohne Auflagen erhalten, haben ein positives Eigenkapital und unsere Grundlage positiv verändert. Wir vergeben 1.000 zusätzliche Dauerkarten, haben nur noch zwei nicht vergebene Logen und eine beachtliche Warteliste, ebenso wie bei den Bandenflächen. In der TV-Tabelle stehen wir auf Platz acht. Fakt ist ohnehin, dass wir keinen Spieler aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen müssten. Wir möchten uns in unseren wirtschaftlichen Überlegungen auch immer Puffer lassen. Oliver Frankenbach (Finanzvorstand; Anm. d. Red.) ist für mich der Inbegriff vernünftiger Planung.

…die weiteren Ziele: Zunächst möchten wir in die Gruppenphase der Europa League einziehen. Uns erwarten spannende Orte, auch wenn die Reiselogistik sicher nicht einfach wird. Aufgrund persönlicher Begegnungen bin ich mir sicher, dass die Nachfrage trotz der Ferienzeit nicht viel geringer werden wird. Zu diesem Zweck wird es eine Europapokal-Dauerkarte geben, die für sämtliche Heimspiele von der zweiten Qualifikationsrunde bis zu einem möglichen Halbfinale gültig sein wird. Diese Entscheidung ist in enger Abstimmung mit allen Gruppen der Fanszene gefallen.

…die China-Reise: Es ist sehr positiv, dass unsere Lizenzspieler diese Reise machen und dass die Motivation dazu auch aus dem Sportbereich kam. Die DFL unternimmt vor Ort einige PR-Maßnahmen, die für die Bundesliga sehr wichtig sind. Diese Reise ist perfekt organisiert zwischen notwendiger Arbeit in Sachen PR und einem lockeren Saisonabschluss für die, die es nach den Strapazen verdient haben – die Mannschaft und der Staff drumherum. Ich wäre auch nach China gereist, nach dem Erreichen des siebten Platzes haben wir hier aber alle Hände voll zu tun und die Vorplanungen zur neuen Saison voranzutreiben.