„Auswärtssieg, Auswärtssieg“, skandierten die zahlreich nach Sinsheim gereisten Eintracht-Fans am frühen Samstagabend in der Heimspielstätte der TSG Hoffenheim. Was in der Vergangenheit Usus nach unglücklichen Spielverläufen, ja einer Bitte und Aufforderung gleichkam, war diesmal eine Erkenntnis. Eine Erkenntnis, die die Adlerträger auf dem Rasen der PreZero Arena sichtlich genossen. Oder wie Dino Toppmöller gegen Ende der Pressekonferenz festhielt: „Ich habe den Jungs gesagt, dass es sich lohnt, für dieses Gefühl des Sieges einfach alles zu investieren.“
Gesagt, getan. Erstmals in dieser Bundesligaspielzeit gewannen die Hessen zwei Begegnungen in Folge. Saisonübergreifend war das 3:1 im Kraichgau sogar der erste Ligadreier auf fremdem Terrain seit dem 2:1 gegen den FC Augsburg am 5. November 2022. Funfact am Rande: Vier Tage später am 9. November 2022 sollte das bis dato letzte Mal bleiben, dass die SGE vor der Pause drei Tore erzielte. Der Gegner damals im Deutsche Bank Park: Ebenfalls Hoffenheim, 4:2 stand am Ende auf dem Videowürfel.
Zahl des Spiels: 14
Anders gerechnet, warteten Fußballer und Fans somit 14 Auswärtsreisen lang auf einen Sieg im gegnerischen Stadion. Wie passend, dass die SGE gegen die TSG 14 Torschüsse abgab und damit so viele wie an den sieben Spieltagen davor nicht. Schon zwei Tage zuvor hatte EintrachtTV-Experte Ervin Skela bei „Im Herzen von Europa“ an eine höhere Abschlussfrequenz appelliert, gerade aus der zweiten Reihe.
Zur Wahrheit der Praxis gewordenen Theorie gehört gleichwohl, dass die Adler den Kasten von TSG-Schlussmann Oliver Baumann in allen 14 Versuchen von innerhalb des Strafraums ins Visier nahmen – und erstmals, vom 7:0 in der Ersten DFB-Pokalhauptrunde bei Regionalligist Lok Leipzig abgesehen, mehr als zwei Treffer markierten.
14 Abschlüsse markierten auf der Gegenseite auch die Hausherren. Entweder reichte die Qualität der Chancen nicht an die der Eintracht heran, was ein Expected-Goals-Verhältnis von 1,52 zu 2,54 nahelegt, oder Jens Grahl war in seinem 14. Bundesligaspiel auf seinem Posten. In der dritten Minute von Maximilian Beier erst kalt erwischt, verzeichnete der 35-Jährige gegen den Ex-Klub am Ende drei Paraden und die Vorlage auf Omar Marmoush zum Ausgleich.
Nachdem Kevin Trapp „um kurz vor halb“ vier, wie Chefcoach Toppmöller schilderte, endgültig signalisiert habe, dass der Rücken nicht mitmache, kam Routinier Grahl „ein bisschen aus der kalten Buxe heraus ins Tor“, so die Wahrnehmung von Markus Krösche. Der Sportvorstand lobte die „Riesenqualität“ der Nummer 33 und Grahl als „extrem wichtigen Spieler für uns in der Kabine, auch in diesem Torwartteam. Es freut mich, dass er eine super Leistung gebracht hat und wir gewonnen haben.“
Quarterback Grahl
Trainer Toppmöller stieß ins gleiche Horn: „Jens hat es sensationell gut gemacht. Ein überragender Typ als Mensch und ein super Torwart, der Trappo gegenüber immer loyal ist, im Training die Jungs pusht. Es ging nicht gut los, aber in den Situationen, in denen er gefragt war, hat er sie entschärft – und einen Assist gesammelt.“ Im Stile eines Quarterbacks.
Eine weitere Auswirkung des kurzfristigen Ausfalls von Trapp war die Kapitänsbinde für Sommerneuzugang Robin Koch. Toppmöller: „Wir haben Robin geholt, um in diese Rolle ein Stück weit reinzuwachsen. Er übernimmt auf dem Platz Verantwortung, steht seinen Mann, ist ein natürlicher Leader. Für uns war nicht allzu schwer, ihn zum Kapitän zu machen. Er ist total stabil in der Defensive, hat eine super Einstellung, ist ein guter Kommunikator.“ Laudatio Ende.
Ausblick: HJK und BVB
Gefragt nach der Konstellation am Donnerstag in der UEFA Europa Conference League, wenn Trapp seine Ein-Spiele-Sperre verbüßen muss, meinte Toppmöller: „Wir müssen schauen, wer auf dem Platz steht – aber die Chancen stehen nicht so schlecht für den Robin.“ Bis dahin genießen die Akteure einen freien Montag, ehe jeweils am Dienstag- und Mittwochvormittag eine Einheit ansteht und ab 21 Uhr der HJK Helsinki im Stadtwald gastiert. Am Sonntag folgt Borussia Dortmund im Herzen von Europa. „Auswärtssieg, Auswärtssieg“ möchten die Adler nächste Woche naturgemäß nicht zu Ohren bekommen.