31.12.2020
Bundesliga

Berechtigte Ambitionen

Am zurückliegenden Spieltag erstmals in dieser Saison eine Ligapartie verloren, möchte Bayer 04 Leverkusen seine zuvor bemerkenswerte Verfassung bestätigen.

Situation: Spitze im Blick

Bayer 04 Leverkusen startete mit drei Unentschieden zunächst eher schleppend in die neue Saison, holte aus den folgenden neun Partien allerdings 25 von 27 möglichen Punkten. Nach dem zwölften Spieltag grüßte die Werkself als einzige noch ungeschlagene deutsche Mannschaft von der Tabellenspitze. In der letzten Ligapartie 2020 empfing Leverkusen Rekordmeister Bayern München zum Topspiel, musste sich nach einem Gegentor in der Nachspielzeit spät mit 1:2 geschlagen geben und als Folge der ersten Saisonniederlage auch den FCB tabellarisch vorbeiziehen lassen. Im Kampf um die Spitze hat Bayer aber weiterhin alle Möglichkeiten. In der vergangenen Saison verpasste die Mannschaft von Peter Bosz Platz vier und die Qualifikation für die UEFA Champions League nur knapp. Aktuell läuft es sowohl national als auch international. Die Gruppenphase der UEFA Europa League beendeten die Leverkusener mit 15 Punkten und 21 Treffern souverän als Gruppensieger, in der Zwischenrunde trifft Bayer im Februar auf den BSC Young Boys.

Trainer: Noch nicht fertig

Peter Bosz übernahm den Cheftrainerposten unterm Bayer-Kreuz zur Rückrunde der Saison 2018/19, die seine Mannschaft auf Tabellenplatz vier beendete und sich damit für die Königsklasse qualifizierte. Der ehemalige Mittelfeldspieler verbrachte den Großteil seiner aktiven Profilaufbahn in den Niederlanden, bevor er seine Fußballschuhe zum Jahresbeginn 2000 in der japanischen J.League an den Nagel hing. Ein halbes Jahr später übernahm Bosz den Trainerposten bei seinem Jugendverein AGOVV Apeldoorn.

Gibt die Richtung vor: Trainer Peter Bosz.

Über diverse Stationen in seinem Heimatland heuerte der 57-Jährige im Sommer 2016 bei Ajax Amsterdam an und erreichte in der ersten Saison mit seiner Mannschaft die Vizemeisterschaft und das Finale der UEFA Europa League. Nach nur einem Jahr in Amsterdam trat Bosz zur Saison 2017/18 die Stelle als Cheftrainer von Bundesligist Borussia Dortmund an. Nach einer furiosen Anfangszeit mit 19 von möglichen 21 Punkten aus den ersten sieben Ligapartien konnte der BVB danach noch eines von 13 Pflichtspielen gewinnen und schied zudem aus der Champions League aus – am 9. Dezember 2017 trennten sich die Wege. Ein knappes Jahr später ersetzte der Offensivliebhaber bekanntlich Heiko Herrlich als Chefcoach von Bayer Leverkusen und erklärte bei Amtsantritt: „Wenn ich ganz ehrlich bin, wollte ich gerne zurück in die Bundesliga. Denn ich war da noch nicht fertig.“ Das beweist Bosz mit seinem Team derzeit auf beachtliche Art und Weise.

Taktiktafel: Stabil und treffsicher

Trainer Bosz setzt in dieser Saison vorrangig auf ein 4-3-3-System, in dem seine Mannschaft ihre Offensivqualitäten optimal ausspielen kann. Das zahlt sich aus: Mit 28 Treffern stellt Bayer derzeit nach Bayern München (39) den zweitbesten Sturm der Liga, zudem haben die Leverkusener erst zwölf Gegentore kassiert – ein Wert, den einzig Leipzig unterbietet (neun). Und aufgepasst: Die Werkself erzielte bereits 13 Tore nach einem Standard und damit mehr als jedes andere Ligateam. Zwischen den Pfosten ist der ehemalige Adlerträger Lukas Hradecky gesetzt, der in dieser Saison bereits fünf Mal die weiße Weste wahrte und damit nach Leipzigs Peter Gulacsi (sechs Mal) am häufigsten zu null spielte. Im Zusammenhang zu setzen ist diese Quote möglicherweise auch mit der aufopferungsvollen Spielweise der Vorderleute: 3140 Sprints sind die drittmeisten der Liga, 9836 intensive Läufe die zweitmeisten. 

Bayer 04 Leverkusen 2020/21
Kompakt8 Siege, 4 Unentschieden, 1 Niederlage, 28:12 Tore, 28 Punkte, Tabellenplatz 2
FormkurveU-S-S-S-N
TorschützenAlario (8), Bailey (4), Schick (4), Baumgartlinger (2), Diaby (2), Wirtz (2), Amiri (1), Demirbay (1), Dragovic (1), Tah (1), Weiser (1)

In Kombination mit der Vielzahl an Spielen, die Bayer 2020 absolviert hat, rotiert Coach Bosz gerne. Die Viererkette bildeten am vergangenen Spieltag Daley Sinkgraven, Edmond Tapsoba, Jonathan Tah und Aleksandar Dragovic. Linksverteidiger Sinkgraven und Positionskollege Wendell befinden sich nach positiven COVID-19-Befunden in häuslicher Quarantäne und fallen gegen die Eintracht aus. Ersatzweise könnten Mitchell Weiser oder Tin Jedvaj hinten links starten – falls Lars Bender nach muskulären Problemen rechtzeitig fit werden sollte, könnte der etatmäßige Rechtsverteidiger Dragovic vertreten, der dann für die linke Seite frei werden würde. Im Mittelfeld kamen zuletzt Julian Baumgartlinger, Nadiem Amiri und Florian Wirtz zum Einsatz. Im Sturm vertraute der Trainer in den vergangenen Wochen auf Moussa Diaby, Leon Bailey und Sommerneuzugang Patrik Schick. Als offensive Alternativen stehen Karim Bellarabi und Lucas Alario bereit.

Spieler im Fokus: Florian Wirtz

Florian Wirtz ist dabei, die Lücke zu schließen, die Kai Havertz nach seinem Wechsel zum Chelsea FC im Sommer hinterlassen hat. Der gebürtige Pulheimer ist in Leverkusen schnell zum Stammspieler gereift und trägt einen großen Teil zum momentanen Erfolg der Werkself bei. Der 17-Jährige beflügelt das Leverkusener Offensivspiel und kommt in dieser Saison nach zwölf Partien auf zwei Tore und vier Assists. Während er in der Bundesliga für Furore sorgt, drückt Wirtz die Schulbank und macht sein Abitur. DFB-Trainer Stefan Kuntz schwärmt: „Florian ist eines der herausragenden Talente in Deutschland.“

Zwischen Abitur und Bundesliga: Florian Wirtz.

Der offensive Mittelfeldspieler durchlief seit Juli 2010 sämtliche Jugendteams des 1. FC Köln, ehe ihn Bayer Leverkusen im Januar 2020 verpflichtete. Dank seiner Ballsicherheit, Leichtigkeit und Kreativität hat sich das Talent schon längst eine hohe Anerkennung im Verein erarbeitet. In der vergangenen Woche verlängerte Wirtz seinen Vertrag vorzeitig bis 2023. „Wie selbstbewusst er in der Bundesliga und auf internationalem Parkett in der Europa League aufgetreten ist, war beeindruckend“, erklärte Sportgeschäftsführer Rudi Völler im Anschluss an die Vertragsunterzeichnung. Und auch der Teenager fühlt sich mehr als wohl in Leverkusen: „Ich spiele hier in einer super Truppe und glaube fest daran, dass wir zusammen etwas gewinnen können. Wir sind auf einem guten Weg, das kann ich an jedem Trainingstag sehen.“

Hier geht's zum Deutsche Bank Finanzcheck.