Die Euphorie vor dem Pokal-Halbfinale ist in Gelsenkirchen riesengroß. Sogar den sonst so zurückhaltenden Coach Domenico Tedesco erwischte die Welle des Zuspruchs am Sonntag, als er nach dem Spiel den Rufen aus dem Block nicht widerstehen konnte und mit den treuen Schalker Anhängern den Sieg im zumindest für die Fans wichtigsten Spiel des Jahres feierte. "Es ist ein Privileg, dort oben in der Nordkurve zu stehen. Normalerweise hätte es die komplette Mannschaft heute verdient gehabt. Ich hatte das Gefühl, dass die Fans die Arena abbauen, wenn ich nicht nach oben komme", erklärte der gerade einmal 32-jährige Trainer.
Ökonomischer Knappen-Fußball
Das 2:0 war vor allem ein Erfolg des Willens, fiel die Führung durch Yevhen Konoplyanka zunächst dank eines hervorragenden Pressings, ehe Innenverteidiger Naldo, der im Moment seinen gefühlt vierten Frühling feiert, einen Freistoßhammer auspackte. Bereits das siebte Saisontor für den Brasilianer, der ja auch schon beim 2:2 im Ligaspiel bei Eintracht Frankfurt in der Schlussminute zum späten Ausgleich getroffen hatte. Nicht nur ob des Prestiges ein wichtiger Erfolg. Nein, auch die Teilnahme an der UEFA Champions League ist den Knappen dank acht Punkten Vorsprung auf Rang fünf kaum noch zu nehmen. Grundlage dafür waren vor der 2:3-Niederlage beim HSV sechs Siege in Folge, was gleichzeitig die Einstellung des Vereinsrekords bedeutete. Zwar spielt Schalke sehr ökonomisch, verbuchte auch gegen den BVB gerade einmal 41 Prozent Ballbesitz, allerdings ist die Konstanz, mit der S04 derzeit aufwartet, bemerkenswert.
Titeldurst auf Schalke
Umso erwartungsfroher ist man in Gelsenkirchen, dass in diesem Jahr tatsächlich sogar noch ein Titel herausspringt. 2011 waren die Königsblauen zuletzt DFB-Pokalsieger: Seinerzeit schockte die Legende aus Spanien, Raul, erst im Halbfinale den FC Bayern beim 1:0 in der Allianz Arena, ehe es im Final-Derby gegen den MSV Duisburg einen klaren 5:0-Erfolg gegeben hatte. In dieser Saison hatte Schalke Runde für Runde höhere Hürden zu überspringen: Einem 2:0 beim Nordost-Regionalligisten BFC Dynamo folgte ein 3:1 in Runde zwei bei Drittligist Wehen Wiesbaden. In der heimischen Arena gab es dann jeweils zwei 1:0-Erfolge, erst gegen Köln und zuletzt im Viertelfinale gegen Wolfsburg.
Drei im Fokus
Naldo - Stärker denn je
Nicht nur wegen seiner 35 Jahre ist der gebürtige Brasilianer, der nach Stationen in Bremen und Wolfsburg schon nicht mehr aus Deutschland wegzudenken ist, der Leader im Schalke Spiel. Naldo hat in der Defensive eine unheimliche Präsenz, glänzt aber auch in der Offensive häufig als Vollstrecker. Gegen Dortmund erzielte Naldo, stets als Freistoßschütze oder per Kopf gefährlich, bereits sein siebtes Saisontor. Das gelang ihm noch nie. Gegen den BVB traf Naldo bereits zum sechsten Mal - Dortmund ist für ihn genauso wie die Eintracht, gegen die er ebenfalls sechs Tore erzielte, ein Lieblingsgegner.
Daniel Caligiuri - Mann für große Spiele
Der Deutsch-Italiener hat sich im Schalker System mit Dreier- beziehungsweise Fünferkette mittlerweile mehr vom Zentrums- zum Flügelspieler gemausert. Der 30-Jährige aus dem Schwarzwald hat schon große Spiele für den VfL Wolfsburg in der UEFA Champions League gemacht, unter anderem im Old Trafford gegen Manchester United getroffen. Mit dieser Erfahrung ist Caligiuri, seit jeher Fan des AC Mailand, ein wichtiger Pfeiler in der insgesamt doch recht jungen Schalker Elf.
Guido Burgstaller - Malocher mit Hang zur Finesse
Sein Spielstil wirkt oft flachsig, doch für seinen Trainer und die Fans ist Guido Burgstaller mittlerweile eine Institution auf Schalke geworden. Domenico Tedesco honoriert vor allem das Anlaufverhalten des Österreichers, für die Anhänger erfüllt der Angreifer vor allem das gern gesehene Bild des "Malochers". Im Viertelfinale gegen Wolfsburg erzielte der 28-Jährige das goldene Tor, glänzte bei seiner hervorragenden Einzelaktion vor allem durch Beweglichkeit.