Nicht nur am späten Donnerstagabend, auch historisch kam dieses 3:3 von Eintracht Frankfurt gegen Viktoria Plzeň, zumindest gefühlt, aus dem Nichts. Auch historisch ist es eine Ecke her, dass die Hessen in der UEFA Europa League eine Zwei-Tore-Führung aus der Hand gaben. Am 27. Februar 2014 an selber Stelle mit dem gleichen Ergebnis gegen den FC Porto. Mit weit bittereren Auswirkungen, weil es das Aus im mittlerweile ernannten Lieblingseuropapokal bedeutete. Davon sind die Adler angesichts sieben ausstehender Partien in der neuen Ligaphase ein gutes Stück entfernt; weniger derweil von Selbstkritik.
„Wir haben über 70 Minuten das gemacht, was wir uns vorgenommen haben. Diese Intensität müssen wir über 90 Minuten hinbekommen. Ein paar Minuten Unaufmerksamkeit und so ein Spiel kann sich schnell drehen“, resümierte hinterher Ansgar Knauff. Der Flügelflitzer war auch einer von vielen Beteiligten, die sich nicht zwangsläufig auf die Entstehung des Ausgleichs stürzten, sondern vielmehr bemängelte: „Das Problem war eher das 3:2. Dass wir nicht beim Stand von 3:1 wach genug sind und dadurch der Gegner zurück ins Spiel kommt.“
Thema Kontrollverlust
Die nackten Zahlen lesen sich nahezu irreführend. 67,4 Prozent Ballbesitz, 87,2 Prozent Passquote, 59 Prozent gewonnene Zweikämpfe stehen unterm Strich. Außerdem 19:13 Schüsse, wovon die Hausherren 15 aufs Tor abgaben, die Tschechen ihrerseits vier. Was den Eindruck von Dino Toppmöller unterfüttert, „grundsätzlich gut verteidigt und wenig zugelassen“ zu haben. Auf der anderen Seite räumte der Cheftrainer auch ein: „Wir hatten nach dem 3:1 zu viele Ballverluste. Wenn wir da mehr Kontrolle haben, kommen wir zu mehr Aktionen nach vorne.“
Auch Markus Krösche merkte an: „Wir waren dann zu passiv und sorglos und haben es generell als Mannschaft nicht mehr gut gemacht, müssen die Situationen besser zu Ende spielen und die Tür zumachen.“ Als Lichtblick tat sich dabei Mo Dahoud bei seinem Startelfdebüt hervor, der 91,7 Prozent seiner Pässe an den Mann brachte, die höchste Quote unter allen Akteuren in der Anfangsformation. „Sehr ballsicher und bemüht, am Ende haben ihn etwas die Kräfte verlassen“, lobte Toppmöller, der personell gleichzeitig auf die Ausfälle der drei Kapitäne Kevin Trapp, Robin Koch und Mario Götze verwies: „Das darf man auch nicht vergessen und merkt man gerade in so einem Spiel. Robin als Abwehrchef und Mario mit seiner Ballsicherheit“, so der Chefcoach, der ebenso die von ihm so bezeichnete „Slapstick“-Szene vor dem Endstand nicht zu hoch hängen mochte.
Thema Fehler
„Wir wussten, dass der Spieler bis an den Fünfer einwirft und waren vorbereit. Junior gewinnt das Duell. Dann war vor Kaua viel los. Wie er agiert, war gegen Mönchengladbach sehr gut und ist seine Spielweise. Es ist nach zwei guten Spielen auch für ihn ein kleiner Dämpfer und es geht darum, eine Reaktion zu zeigen.“ Krösche dazu: „Es ist ein Lernprozess für Kaua. Er macht leider den Fehler zum 3:3. Aber das ist ein Prozess. Es geht darum, zu lernen, den nächsten Schritt zu nehmen. Er ist ein junger und ein richtig guter Torwart.“
Und Rasmus Kristensen meint: „Niemand ist fehlerfrei. Er hat es überragend gemacht bisher. Ob alt, jung, erfahren, ist egal. Er hat Qualität und ist sehr, sehr wichtig für uns!“
Thema Erfahrung
Was das angeht, vertritt Kristensen, mit einem Tor, einer Vorlage und 99 Ballkontakten (nur Nkounkou mehr), abermals die Meinung aus Spielersicht: „Es gibt verschiedene Gründe und Antworten, hat in meinen Augen aber nichts zu tun mit Erfahrung. Ich habe mit Mannschaften, die mehr Erfahrungen hatten, ähnliche Spiele erlebt. Das ist Fußball, das passiert. Trotzdem müssen wir es besser machen, weitermachen. Weiter geht’s!“ Der Rechtsverteidiger war in der Schlussphase wegen Krämpfen ausgewechselt worden, nun geht's weiter in Richtung seines Heimatlandes.
Ausblick: Kiel
Zeitnah heben die Adler wieder ab, nicht nach Dänemark, aber in den hohen Norden Deutschlands. Am Sonntag, 15.30 Uhr, gastiert die Eintracht bei Holstein Kiel. Auch Toppmöller fordert: „Es geht weiter. Wir fokussieren uns voll auf Sonntag!“ Nochmal Kristensen: „Es geht so schnell. Es ist vorbei, wir haben Freitag, am Sonntag spielen wir wieder. Die Zeit ist knapp.“ Und der Hunger auf drei Punkte groß.