27.06.2021
Team

„Für jeden Spieler absolut beeindruckend“

EintrachtTV zu Besuch bei Christopher Lenz. Der Neuzugang schwelgt in Erinnerungen, spricht über wichtige Karriereentscheidungen und schwärmt von den Fans seines neuen Klubs.

Zwei Tage vor seinem Umzug nach Frankfurt empfängt Christopher Lenz EintrachtTV in seiner Heimatstadt Berlin. Der 26-Jährige nimmt das Redaktionsteam mit auf eine Reise in die Vergangenheit, zeigt seine Lieblingsorte in der deutschen Hauptstadt und verrät, welche Spitznamen für ihn im Umlauf sind. „Ich finde Chris Lenz ganz lustig. Das ist zwar kein Spitzname, weil es keine großartige Abkürzung ist. Aber der Sohn eines guten Freundes hat den erfunden und ausgesprochen, als wäre es ein zusammengehöriger Name.“ Ansonsten seien Chris und Lenzi die typischen Spitznamen. Im Gespräch mit dem Linksverteidiger fällt eines sofort auf…

Christopher, obwohl du in Berlin aufgewachsen bist, berlinerst du überhaupt nicht. Wie kommt das?
In der Schule hatte ich Probleme mit der Rechtschreibung und wusste, wenn ich zusätzlich noch meinen Dialekt durchkommen lasse, dann kann ich mich gar nicht mehr auf meine Sprache konzentrieren. Meine Mutter berlinert sehr und wenn ich mich länger mit ihr unterhalte, kommt der Dialekt auch bei mir kurz hervor. Ansonsten klappt es aber gut, das zu unterdrücken und Hochdeutsch zu sprechen.

Der erste Stopp wird auf dem Trainingsgelände des F.C. Stern Marienfelde eingelegt. Hier begann die Fußballkarriere des Linksverteidigers 1998, ein Jahr später zog es ihn zu Hertha BSC.

Welche Kindheitserinnerungen werden wach, wenn du auf diesem Platz stehst?
Einige, denn hier habe ich mit dem Fußballspielen angefangen. Direkt hinter uns ist der Platz meines allerersten Vereins und das hier war der Käfig, in dem meine Freunde und ich selbst nach dem Training noch gekickt haben.

Mit Maximilian Philipp hast du hier einen deiner besten Freunde kennengelernt. Hast du ihm damals die Bälle aufgelegt?
Nein, wir haben meistens Gegenüberschießen gespielt. Jeder hatte ein Tor und dann haben wir jeweils auf den gegenüberliegenden Kasten geschossen. Mittlerweile klappt’s bei ihm ganz gut, ich muss noch einiges aufholen (lacht).

Deine Jugend hast du bei Hertha BSC verbracht, insgesamt standst du zwölf Jahre bei der Alten Dame unter Vertrag. Hat Union Berlin damals noch keine Rolle gespielt?
Nein. Ich bin in West-Berlin aufgewachsen, da war Hertha in der Jugend das Maß aller Dinge. Union war damals absolut kein Thema, aber das hat sich später im Profibereich geändert.

Mit 17 hat es dich zu Borussia Mönchengladbach gezogen. Wie kam es zu diesem Schritt?
Bei Hertha habe ich damals keine Wertschätzung gespürt. Natürlich muss so etwas nicht im Übermaß gezeigt werden, aber in einer gewissen Weise ist mir das schon wichtig. Mein Vertrag lief aus, ich war U-Nationalspieler, aber keiner der Verantwortlichen hat mit mir gesprochen. Andere Vereine, die hunderte Kilometer entfernt waren, haben mich kontaktiert und Interesse gezeigt. Deshalb habe ich die Entscheidung getroffen, mit 17 das erste Mal von zu Hause wegzugehen und ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Hertha und Union sind in Berlin Stadtrivalen, du hast für beide Vereine gespielt. Wie sind die Fußballsympathien in der Familie verteilt?
Jetzt sind alle Unioner, weil die Jahre im Profibereich die wirklich wichtigen sind. Hertha BSC habe ich viel zu verdanken, aber der FCU hat mir das Vertrauen entgegengebracht, mich in der Zweiten Liga und in der Bundesliga spielen zu lassen. Ich hoffe und glaube, dass ich dieses Vertrauen zurückzahlen konnte. Meine Familie hält aber nicht nur zu Union, weil ich dort gespielt habe, sondern auch, weil sie von der Fankultur, dem Stadion und dem familiären Umgang im Klub sehr begeistert sind.

Weiter geht’s vom Bolzplatz in die Stadt.

Vom Trainingsplatz geht es in die Stadt. Für den 26-Jährigen ist es der vorletzte Tag in Berlin, es kommt ein wenig Wehmut auf. „Ich muss aber auch sagen, dass ich mich sehr auf Frankfurt freue“, erklärt Lenz während der Autofahrt durch die Hauptstadt.

Was gefällt dir an deiner Geburtsstadt besonders gut?
Ich liebe es, dass du hier jede Möglichkeit der Welt hast. Berlin hat unzählige Restaurants und ist auch kulturell sehr vielfältig. Außerhalb der Stadt hast du eine dörfliche Atmosphäre, mitten in der Stadt hast du sieben Tage die Woche rund um die Uhr Menschen um dich. Berlin kennt keine Langeweile – das weiß ich sehr zu schätzen!

Erster Zwischenhalt in der Stadt: Das Café Daluma, einer der Lieblingsspots des Defensivspielers in Berlin. Christopher hat eine Vorliebe für Kaffee, da ist er bei der Eintracht nicht allein…

Weißt du, dass wir mit Kevin Trapp einen absoluten Kaffeeexperten in der Mannschaft haben?
Ja, das habe ich schon mitbekommen (lacht). Er hat auch seine eigene Milch, die habe ich aber noch nicht probiert.

Was machst du in deiner Freizeit, wenn du nicht auf dem Fußballplatz stehst?
Ich bin gerne mit Freunden unterwegs. Deshalb wohne ich auch am liebsten direkt in der Stadt, um Restaurants und Cafés in der Nähe zu haben und mich jederzeit irgendwo hinsetzen zu können. So schalte ich vom Fußball ab. Mit meinen Freunden genieße ich die Zeit umso mehr.

Bist du ein familiärer Mensch?
Definitiv! Meine Familie ist zwar nicht besonders groß, aber bedeutet mir unheimlich viel. Deshalb war es für mich auch ein großer Schritt, wieder aus Berlin wegzuziehen. Ich werde meine Familie und meine Freunde sehr vermissen. Meine Mutter ist meine engste Bezugsperson. Sie war alleinerziehend, aber hat mir mein Leben lang alles geboten und ermöglicht, auch wenn es nicht immer einfach war. Sie war eigentlich gegen den Wechsel nach Frankfurt, was nicht an der Eintracht liegt, sondern daran, dass sie mich am liebsten in Berlin bei sich hat.

"Das Café hier ist einer meiner Lieblingsorte, hier kann man schön entspannen."

Interessierst du dich auch abseits deiner eigenen Spiele für Sport?
Grundsätzlich schaue ich viel Fußball. In Deutschland habe ich so ziemlich jede Liga durchlaufen, deshalb interessiere ich mich auch dafür. Trotzdem muss ich zugeben, dass ich in den vergangenen fünf Tagen kein EM-Spiel geschaut habe, und auch vom Deutschland-Spiel habe ich nur eine Halbzeit gesehen. Das ist dem Umzug und meinem Fitnessprogramm geschuldet, da ist die Zeit einfach knapp.

Kennst du schon einige Jungs aus der Mannschaft?
Ja, mit Amin Younes und Djibril Sow habe ich in Gladbach zusammengespielt. Die beiden kenne ich demnach ganz gut. Die anderen Jungs kenne ich nur als Gegenspieler. Mit Martin Spohrer und Patrick Kux [Athletiktrainer und Physiotherapeut; Anm. d. Red.] hat die Eintracht zwei Staffmitglieder, mit denen ich bereits in Gladbach zusammengearbeitet habe.

Was weißt du über die Stadt Frankfurt?
Noch nicht viel. Ich habe zwar schon einiges gehört, konnte mir aber noch kein eigenes Bild machen. Nachdem der Wechsel bekannt wurde, haben mir einige Leute ihre Eindrücke mitgeteilt. Ich war sehr überrascht davon, dass 90 Prozent der Stimmen durchweg positiv waren. Ich freue mich sehr darauf, die Stadt und die Leute kennenzulernen.

Der künftige Neuzugang führt seine Gäste in eines seiner Lieblingsrestaurants. Beim Bestellen fällt auf, dass Lenz ganz bewusst auf seine Ernährung achtet.

"Am liebsten gehe ich mit Freunden ins Café."

Du ernährst dich vegan. Wie kam es dazu?
Angefangen hat das vor ein paar Jahren nach einer schweren Verletzung, da habe ich ein halbes Jahr lang auf tierische Produkte verzichtet. Als wir mit Union in die Bundesliga aufgestiegen sind, habe ich gemerkt, dass wir viel hinterherlaufen und das Laufen unheimlich anstrengend ist. Ich wollte etwas ändern und habe mich dann dazu entschieden, durch die vegane Ernährung noch ein paar Prozente rauszuholen.

Im Januar unterschrieb Lenz einen Vertrag bei der Eintracht bis 2024. Nach fünf Jahren bei Union Berlin – zwischenzeitlich stand der Abwehrspieler leihweise für Holstein Kiel auf dem Platz – wagt der 26-Jährige eine neue Herausforderung am Main.

Wie war es für dich, als die Eintracht Interesse an einer Verpflichtung gezeigt hat?
Die Entscheidung ist mir relativ leichtgefallen! Eintracht Frankfurt ist ein sehr großer Verein, der sich in den vergangenen Jahren unheimlich entwickelt hat und mehrere Schritte nach vorne gegangen ist. Das war für mich der Grund, den nächsten Schritt in meiner Karriere zu machen.

Du warst einer der ersten Neuzugänge für die kommende Saison, damals waren Fredi Bobic und Adi Hütter noch für die sportliche Leitung verantwortlich. Macht es für dich einen Unterschied, dass du jetzt mit Markus Krösche und Oliver Glasner zwei neue Ansprechpartner hast?
Am Anfang war es komisch, weil die beiden Personen, mit denen ich gesprochen hatte, weg waren. Aber grundsätzlich freue ich mich einfach auf die Eintracht und da spielt es keine allzu große Rolle, dass die sportliche Leitung neu ist. Ich komme sowieso neu in die Mannschaft, muss den Trainer kennenlernen und mich beweisen. Da ist es vielleicht gar kein Nachteil, dass der Trainer noch nicht alle Spieler kennt.

Gibt es etwas, das du mit der Eintracht verbindest?
Jeder kennt die Europapokalgeschichte der Eintracht und weiß, in welchem Übermaß die Fans international für Aufsehen gesorgt haben. Ich kann mich daran erinnern, dass 15.000 SGE-Anhänger nach Mailand gereist sind, obwohl nicht mal 10.000 Gästefans im Stadion zugelassen waren. Wenn man so etwas hört, ist das einfach überwältigend. Den Block vollzubekommen, ist schon geil, aber dann noch mehr Fans in der Stadt zu haben, die Stimmung machen, ist nicht nur für Fußballfans, sondern auch für jeden Spieler absolut beeindruckend.

Wenn wir die Qualität, die wir in der Mannschaft haben, auf den Platz bringen können, sehe ich keine Hindernisse für uns.

Christopher Lenz

Welche taktische Aufstellung ist dir lieber: Dreier- oder Viererkette?
Grundsätzlich spielt das keine allzu große Rolle für mich. Während meiner Zeit bei Union war ich sowohl als Linksverteidiger in der Viererkette als auch als Flügelspieler in der Dreier- respektive Fünferkette im Einsatz. Ich bin gelernter Linksverteidiger, deshalb ist die Viererkette für mich vermutlich ein wenig angenehmer.

Wo liegen deine Stärken?
Ich bin einsatzfreudig, laufstark und probiere immer, die Gegner unter Druck zu setzen. Ich möchte nicht nur zugucken, sondern die Bälle selbst erobern, damit wir einen Gegenangriff starten können.

Welche Erwartungen hast du an die Mannschaft und die kommende Saison?
Ich möchte mich in erster Linie einleben und mit der Eintracht gut in die Saison starten. Ich hoffe, dass wir die Europa League rocken, so wie in der jüngsten Vergangenheit. Wenn wir die Qualität, die wir in der Mannschaft haben, auf den Platz bringen können, sehe ich keine Hindernisse für uns.