30.07.2019
Interview

„Das Kämpferische steht weit oben“

Als frisch gebackener Papa ist Gelson Fernandes im Trainingslager wieder zur Mannschaft gestoßen und direkt ein gefragter Gesprächspartner.

Gelson, herzlichen Glückwunsch erstmal! Du bist Papa geworden. Du hast als Einziger, der am Sonntag gespielt hat, eine Extraeinheit mit den Jungs absolviert. Warum?
Ein bisschen muss ich ja schon arbeiten. Ich hatte ja jetzt ein paar Tage mit weniger Trainingseinheiten. Der Trainer hat mich gefragt, ob ich trainieren oder lieber erst einmal weniger machen will. Ich hatte Spaß an diesem Morgen, alles ist gut. Wie hast du das Spiel gegen Tallinn aus der Entfernung beurteilt?
Ich konnte das Spiel gar nicht sehen, weil ich den ganzen Tag bei meiner Frau war und ihr bei der Geburt beigestanden habe. Ich habe höchstens ab und zu das Handy herausgeholt. Aber nach dem Spiel habe ich natürlich mit einigen meiner Mitspieler telefoniert und wir haben uns im Gruppenchat ausgetauscht. So wie ich das mitbekommen habe, war es ein guter Sieg. Was haben dir denn die anderen über Tallinn erzählt?
Sie meinten, dass es nicht so einfach war. Dass wir in der ersten Halbzeit durchaus einige Chancen hatten, Tallinn in der zweiten Halbzeit aber auch, es hätte auch Unentschieden ausgehen können. Tallinn hat auch schon viel mehr Pflichtspiele in den Beinen. Aber zwei Auswärtstore sind eine gute Ausgangslage. Jetzt sind wir alle gespannt auf Donnerstag. Stichwort Donnerstag – was erwartest du für das Rückspiel?
Wir spielen in einem ausverkauften Haus, unser diesjähriger Europapokalweg fängt damit erst richtig an. Wir freuen uns sehr auf das Spiel. Wie meisterst du den Spagat zwischen Vaterschaft und Vorbereitung? Immerhin bist du aktuell eher selten zuhause.
Richtig, aber am Timing bin ich ja irgendwo selbst schuld (lacht). Natürlich ist es schade, dass ich meine Frau nicht vor Ort unterstützen kann. Aber das ist eben mein Beruf und ich denke, sie versteht das. Es sind ja bereits einige Neuzugänge da. Wie nimmst du die Stimmung in der Mannschaft wahr? Du bist dafür bekannt, sehr feine Antennen bezüglich der Atmosphäre zu haben.
Die Stimmung ist gut! Natürlich ist es wichtig, dass wir die neuen Spieler schnell integrieren. Ich denke, es werden noch ein paar weitere dazukommen. Aber ein Seppl Rode muss ja zum Beispiel nicht mehr integriert werden.Die Rückkehr Rodes verspricht noch mehr Optionen im Mittelfeld, aber auch einen größeren Konkurrenzkampf. Wie siehst du das?Das trifft zu, und das brauche wir auch, weil wir sehr viele Spiele haben. Außerdem ist es gut, dass wir eine solche Situation haben, denn das hält das Niveau im Training hoch. Und das trägt ja letztlich dazu bei, Eintracht Frankfurt weiter nach vorne zu bringen. Ältere Spieler wie ich müssen dabei einfach weiter angreifen. Wie würdest du denn die Eintracht-Mentalität beschreiben?
Bei uns steht das Kämpferische weit oben, dass man immer alles gibt für den Klub. Das ist der einzige Weg, mit dem es geht. Wir wollen auch unsere Stärken, Tempofußball und aggressives Pressing, weiter ausspielen. Die Jungs müssen dafür bereit sein. Mit Djibril Sow ist vor kurzem ein Landsmann von dir zur Eintracht gekommen. Was können sich die Leute von ihm erwarten, wenn er fit ist?
Djibi ist ein richtig guter Achter. Von Mittelfeld bis ganz vorne kann er alles. Ich habe zu ihm gesagt, dass er natürlich mehr Tore schießen muss (lacht). Aber er ist ein richtig guter Junge und ich freue mich, dass er hier bei uns ist. Wir werden ihm bei allem helfen. Natürlich ist er aktuell enttäuscht über seine Verletzung, gerade weil er neu ist. Aber er hatte es generell nie einfach, er hat für seine jungen Jahre schon einige Transfers hinter sich. Dann unterschreibst du bei einem neuen Verein und dann macht dir dein Körper einen Strich durch die Rechnung. Aber er läuft aktuell schon wieder, er wird zurückkommen. Er ist ein super Junge, alle werden Spaß haben mit ihm. Wird er mehr Tore schießen als du?
Das wäre gut für ihn und für uns (lacht). Wie schätzt du Lucas Torró ein? Er war ja auch lange Zeit verletzt und spielt eine vergleichbare Position.
Ich betrachte Lucas nicht als meinen Konkurrenten, er ist mein Mitspieler. Aber natürlich wird er alles dafür geben, sich einen Stammplatz zu sichern, genauso wie ich auch. Er ist noch jung und hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Erst der Tod seines Bruders, dann die lange Verletzung, dann das Kämpfen um einen Platz. Aber das zeigt, was für eine gute Mentalität er hat. Ich sehe es als Aufgabe von mir und von allen, ihn immer weiter aufzubauen. Auf jeden Fall sehe ich ihn auch als einen wichtigen Bestandteil für die Zukunft von Eintracht Frankfurt. Ich freue mich, dass er gesund ist, und hoffe, dass er es bleibt.