Juni/Juli
Nach dem mit viel Leidenschaft erkämpften Klassenerhalt stellte sich die Eintracht in der Sommerpause komplett neu auf. Nicht nur Heribert Bruchhagen wurde nach 13 Jahren an der Spitze der Fußball AG vom neuen Sportvorstand Fredi Bobic abgelöst – auch in der Mannschaft und dem Trainerteam gab es zahlreiche Veränderungen. So kamen mit Klaus Luisser und Martin Spohrer gleich zwei neue Athletik-Trainer an Bord, mit Ben Manga verpflichtete die Eintracht einen neuen Chefscout und Vertrauten von Fredi Bobic, zudem kehrte mit Armin Reutershahn als zweiten Co-Trainer neben Robert Kovac ein alter Bekannter an den Main zurück. Der erfahrene Coach arbeitete schon gemeinsam mit Friedhelm Funkel zwischen 2004 und 2009 bei der SGE.
Am größten war die Fluktuation aber im Lizenzspielerkader: Langjährige Spieler wie Stefan Aigner, Carlos Zambrano, Constant Djakpa sowie die Eigengewächse Sonny Kittel und Luca Waldschmidt verließen den Klub genauso wie der erst Anfang 2016 verpflichtete Änis Ben-Hatira und Stürmer Luc Castaignos. Dafür kamen neben dem Ex-Mönchengladbacher Branimir Hrgota und dem zweitligaerfahrenen Danny Blum (1. FC Nürnberg) ausschließlich Spieler aus dem Ausland – und die erfüllten alle ein gewisses Profil: Akteure wie Jesús Vallejo und Omar Mascarell (Real Madrid), Michael Hector (FC Chelsea), Ante Rebic (AC Florenz), Guillermo Varela (Manchester United) und Shani Tarashaj (FC Everton) sind zwar teilweise nur von ihren Stammvereinen ausgeliehen, dafür aber alle auf hohem Niveau ausgebildet und wollten sich in einer starken Liga wie der deutschen Bundesliga beweisen und durchsetzen.
Mit einem aufgefrischten Kader um erfahrene Spieler und Stützen wie Kapitän Alex Meier, David Abraham, Makoto Hasebe und Bastian Oczipka begann Anfang Juli die Vorbereitung auf die Saison 2016/17. Und das Trainerteam um Chefcoach Niko Kovac zeigte gleich von den ersten Einheiten, was es mit dem jungen, hungrigen Personal vorhatte: Schon zu Beginn der Sommervorbereitung, in der es zu allererst darum geht, die konditionellen Grundsteine für eine erfolgreiche Spielzeit zu legen, überraschte der kroatische Übungsleiter mit langen Trainingseinheiten von teilweise über drei Stunden. Aber die harte Arbeit sollte sich lohnen.
In den zwei Trainingslagern in Österreich arbeitete der Eintracht-Tross natürlich auch daran, wie man in der Bundesliga taktisch und spielerisch zum Erfolg kommt. Schnell wurde klar, welche Identität Kovac seinen Jungs einimpfen wollte: Extrem laufstark sollte das Team sein, um die Gegner frühzeitig in deren Hälfte unter Druck setzen zu können, aber auch, um bei gegnerischem Ballbesitz schnell möglichst viele Spieler hinter den Ball zu bekommen. Bei Ballgewinn sollten die Adlerträger sofort umschalten und am besten direkt den vertikalen Pass spielen, um gefährliche Überzahlsituationen zu kreieren.
August
Nach Testspielerfolgen gegen unterklassige Gegner wie Steinbach (5:0) und Messel (15:0) folgte Anfang August der erste echte Härtetest gegen den italienischen Erstligisten Atalanta Bergamo. In einem ausgeglichenen Spiel und nach einem Traumtor von Alex Meier gewann die SGE letztlich nach Elfmeterschießen mit 6:5 (nach 90 Minuten 2:2). Eine Woche später beim traditionell ausgetragenen Frankfurt Main Finance Cup im Rahmen der Saisoneröffnungsfeier lief es sogar noch besser. Die Eintracht schlug den spanischen Europa-League-Teilnehmer Celta Vigo im heimischen Stadion verdient mit 3:1 und sah sich gerüstet für das schwierige DFB-Pokal-Erstrundenmatch beim Drittligsten 1. FC Magdeburg.
Und diese Partie hatte es wahrlich in sich. Die Adlerträger begannen sehr gut und gingen durch Branimir Hrgota früh in Führung. Doch das 1:0 gab der zwei Klassen höher angesiedelten Eintracht keine Sicherheit. Magdeburg drängte über 80 Minuten auf den Ausgleich und wurde kurz vor Schluss mit einem von der Mauer und unhaltbar für SGE-Keeper Lukas Hradecky abgefälschten Freistoßtor belohnt. Doch am Ende hatten die Kovac-Schützlinge das Glück auf ihrer Seite: Trotz eines Platzverweises für Innenverteidiger Michael Hector setzte sich die Eintracht denkbar knapp im Elfmeterschießen durch – weil Hradecky zwei Elfmeter glänzend parieren konnte. Die SGE stand in der zweiten Runde des DFB-Pokals, in der man im Oktober auf den FC Ingolstadt treffen sollte.
Eine Woche später, am 27. August stand dann endlich der erste Bundesliga-Spieltag auf dem Programm. Die Eintracht empfing im Traditionsduell den FC Schalke 04 – und es gelang ihr ein Auftakt nach Maß. Von Beginn ging der Matchplan von Niko Kovac gegen den Europa-League-Teilnehmer voll auf, die Adlerträger attackierten die hochstehende Schalker Abwehr früh und überraschten den Gegner immer wieder mit langen Bällen hinter die Abwehr. Die Folge war das frühe 1:0 durch Alex Meier – ein Klassetor, bei dem sich der Kapitän mit einer schnellen Ballannahme gegen zwei Gegenspieler durchsetzte und perfekt ins lange Eck abschloss. Mit viel Herz verteidigte das Team auch nach einem neuerlichen Platzverweis von Michael Hector die Führung bis zum Ende der Nachspielzeit und siegte verdient gegen Schalke.
September
Am zweiten Spieltag war die SGE zum Hessenderby beim SV Darmstadt 98 zu Gast. Trotz extrem überlegen geführter Partie verlor man durch einen Lucky Punch des Darmstädters Sirigu in der 90. Minute unverdient mit 0:1. Doch diese unglückliche Niederlage warf die Eintracht keineswegs aus der Bahn. Nach der Länderspielpause schlugen die Adlerträger mit Champions-League-Teilnehmer Bayer Leverkusen den nächsten großen Klub mit 2:1. Wieder rang man einen vermeintlich stärker besetzten Gegner durch eine kämpferisch großartige und geschlossene Mannschaftsleistung. Dabei schoss der in der gesamten Vorrunde stark aufspielende Marco Fabián sein erstes Tor für die SGE – es sollte nicht sein letztes bleiben.
Nach dem darauffolgenden 2:0-Auswärtssieg beim Tabellenvorletzten FC Ingolstadt war die Eintracht gleich zu Beginn der Saison in der Erfolgsspur. Und die wollte man auch im schweren Heimspiel gegen Hertha BSC nicht verlassen. In einem spektakulären Bundesliga-Spiel erkämpfte die SGE in der Nachspielzeit durch ein tolles Kopfballtor von Michael Hector ein verdientes 3:3-Unentschieden. Nach fünf Spieltagen stand die Eintracht mit zehn Punkten auf Platz fünf der Tabelle. Das hätte vor der Saison wohl niemand erwartet.
Oktober
Am 1. Oktober in Freiburg erwischte das Team von Trainer Niko Kovac einen gebrauchten Tag. Im Breisgau unterlag die SGE nach einem frühen Gegentor von Vincenzo Grifo mit 0:1. Aber: Es sollte für lange Zeit die letzte Niederlage der Eintracht bleiben.
Denn der Herbst hielt für die Hessen fast nur gute Nachrichten bereit. Die wichtigste: Marco Russ hatte seine Krebserkrankung nach zwei Chemotherapien überstanden und wurde im Oktober von seinen Ärzten für gesund erklärt. Noch im selben Monat begann der Verteidiger mit langsamem Aufbautraining. Dazu wurde sein Vertrag vorzeitig bis 2019 verlängert. Jetzt hoffen alle, dass Marco bald wieder auf dem Platz stehen, mit seinen Kollegen trainieren und in der Bundesliga vor den jubelnden Fans auflaufen kann.
Ein sportliches Highlight des Monats war das 2:2 in der heimischen Commerzbank-Arena gegen den FC Bayern München. Die Adlerträger verlangten dem deutschen Meister von Beginn an alles ab, waren die bessere Mannschaft und kamen nach zwei Rückständen und einem Platzverweis für Szabolcs Huszti noch zu dem hochverdienten Remis – es war eine Bundesliga-Partie, die der SGE für die kommenden zwei Auswärtsspiele hintereinander mächtig Selbstvertrauen geben sollte.
Bei einer verunsicherten Mannschaft vom Hamburger SV gewann die Eintracht in der Woche darauf durch ein Eigentor von Lewis Holtby sowie Treffern von Shani Tarashaj und Haris Seferovic klar mit 3:0 und setzte sich in den Top 7 der Tabelle fest. Und das blieb auch nach dem darauffolgenden 0:0 bei der heimstarken Borussia aus Mönchengladbach so. Dazu machte der 4:1-Sieg im Elfmeterschießen in der zweiten DFB-Pokalrunde gegen den FC Ingolstadt einen erfolgreichen Oktober perfekt.
November
Drei Spiele, drei Siege – der November war zweifelsfrei der erfolgreichste Monat der Eintracht in einem ereignisreichen Jahr 2016. In einem Duell auf Augenhöhe bezwangen die Adlerträger zunächst den 1. FC Köln durch ein frühes Tor von Mijat Gacinovic mit 1:0, ehe beim 2:1-Auswärtserfolg in Bremen, wo man zunächst 0:1 zurücklag, die große Stunde eines Youngsters schlug. Der 18-jährige Aymen Barkok, erst wenige Wochen zuvor mit einem Profivertrag ausgestattet, wurde beim Stand von 1:1 von Niko Kovac ins kalte Wasser geworfen und traf mit einem traumhaften Schlenzer aus 20 Metern in der 90. Minute ins Glück - für die Eintracht und natürlich auch für sich.
Gekrönt wurde der November durch den 2:1-Heimsieg über Borussia Dortmund, der die SGE endgültig in die Europapokal-Plätze katapultierte. Nach dem Führungstreffer von Szabolcs Huszti 16 Sekunden nach Wiederanpfiff in der zweiten Halbzeit glich Pierre-Emerick Aubameyang für die Dortmunder aus (77.). Doch praktisch im Gegenzug markierte der eingewechselte Haris Seferovic den Siegtreffer für sein Team. Es war bereits das fünfte Jokertor der Eintracht in der Saison.
Nach zwölf Spieltagen rangierte die SGE erstmals auf Platz vier in der Bundesliga-Tabelle und konnte sich über eine weitere positive Nachricht freuen: Trainer Niko Kovac verlängerte gemeinsam mit seinem Bruder und Co-Trainer Robert den Vertrag bis 2019 und bleibt der Eintracht erhalten.
Dezember
Nach zwei hart erkämpften Unentschieden in Augsburg (1:1) und zuhause gegen den bis dato noch ungeschlagenen Tabellennachbarn Hoffenheim (0:0) musste die Eintracht am 17. Dezember die erste Pflichtspielniederlage nach neun Partien hinnehmen – und das ausgerechnet beim kriselnden VfL Wolfsburg. Die Adlerträger kamen in der Autostadt nie ins Spiel, vergaben in Person von Alex Meier auch noch einen Strafstoß und verloren am Ende knapp mit 0:1.
Doch schon drei Tage später konnte die Eintracht Wiedergutmachung betreiben und ihren Fans mit einem Sieg im Nachbarschaftsduell gegen Mainz ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk machen. In einem ausgeglichenen Bundesliga-Spiel hatte die SGE das so wichtige Spielglück auf ihrer Seite. Nach einem frühen Tor von Hrgota sah Mainz-Angreifer Jhon Cordoba zu Beginn der zweiten Halbzeit wegen rohen Spiels die Rote Karte, die Adlerträger kontrollierten in der Folge die Begegnung und kamen durch ein Traumtor von Aymen Barkok, der zwei Gegenspieler samt Torwart aussteigen ließ, und ein zweites Tor von Hrgota zu einem am Ende klaren 3:0-Heimsieg.
Zur Winterpause stand die Eintracht mit acht Siegen, fünf Unentschieden bei nur drei knappen 0:1-Niederlagen und so wenigen Gegentoren wie noch nie in ihrer Bundesliga-Historie (12) sensationell auf dem vierten Tabellenplatz, der zur Qualifikation für die Champions League berechtigen würde.