01.01.2020
Interview

Der Präsident hat das Wort!

Im 20. Jahr seit seinem Amtsantritt 2000 empfängt Peter Fischer am Riederwald, gibt Einblicke in Funktion und Person, spricht über Verantwortung, Vergangenheit und seine Wünsche.

Peter, wir blicken hier auf die Geschäftsstelle. Welche Bedeutung hat der Riederwald für dich?
Blicken wir mal nur 20 Jahre zurück: Bretterbude, Abriss, Ratten, keine Heizung – und dann den richtigen Moment erwischt, gemeinsam mit Stadt und Land den Umbau finanziell zu bewerkstelligen, einzuleiten und umzusetzen. Ohne den Riederwald würde es die Eintracht in dieser Form nicht geben. Sicher findet im Stadion der große Fußball statt, aber zur Eintracht-Familie gehören alle Abteilungen, worunter sich 51 Sportarten vereinen, dazu über 80.000 Mitglieder.Du stehst seit 20 Jahren an der Spitze des Vereins. Inwieweit hat dich dieses Amt persönlich geprägt?
Das Amt verändert einen ganz unbewusst. So bricht ein Großteil deines vorherigen sozialen Umfelds zusammen, weil man automatisch weniger verfügbar ist. Es ist schlicht nicht möglich, spontan einem Geburtstag oder anderen freundschaftlichen Anlass zuzusagen. Zumal viele Termine nach wie vor mit Ehrenamtlern stattfinden und zwangsläufig nur abends wahrzunehmen sind. Dasselbe gilt für sportliche Veranstaltungen, die Bundesliga findet am Wochenende statt. Ein Beispiel: Die Zeit, die ich früher mit Freunden für Grillen und Sportschau hatte, fällt den Spieltagen zum Opfer. Deshalb würde ich von großen privaten Veränderungen sprechen. Allerdings behaupte ich von mir, mich als Mensch und in meinen Werten nie verändert habe. Arroganz liegt mir fern, in dieser Hinsicht bin ich der Peter Fischer geblieben, der mit offenen Augen durchs Leben geht und diese Wesenszüge in sein Amt trägt. Allein durch meine Funktion fällt es mir leicht, sehr geerdet zu bleiben und weiter nach unten und nicht nur oben zu blicken. Das ist mir wichtig.Was sich nicht zuletzt in deinen klaren politischen Aussagen widerspiegelt. Kannst du uns nochmal von den damaligen Reaktionen und heutigen Auswirkungen berichten?
Grundsätzlich lebe ich diese Ansichten losgelöst von der Eintracht und meiner Funktion schon immer. Ich wurde bereits früh als junger Mensch in einer großen Stadt politisiert, der sich auch der Geschichte und der daraus resultierenden Verantwortung stellt. Dieses Verständnis hat sich im Laufe der Jahre durch mediale Information, durch Lernen und Lesen, Gespräche und Begegnungen immer weiter ausgeprägt. Ich bin froh, in der Eintracht einem Verein vorstehen zu dürfen, der diese Ansichten genauso verkörpert, von 1899 bis heute. 20.000 Menschen sind dem Verein allein aufgrund dessen Haltung beigetreten – in den Farben getrennt, in der gesellschaftlichen Solidarität vereint!Welche Ziele verfolgst du als Präsident von Eintracht Frankfurt?
Es gibt für mich drei große Träume: Nächstes Jahr 100.000 Mitglieder bei Eintracht Frankfurt zu vereinen, die Fertigstellung der neuen Geschäftsstelle – und irgendwann mit Eintracht Frankfurt gegen den FC Liverpool anzutreten. Ansonsten möchte ich einfach so weitermachen, demütig bleiben, nichts als selbstverständlich ansehen. Sport hat Gewinner und Verlierer. Jeden Tag entstehen neue Herausforderungen, etwa durch Verletzungen. Vor allem wünsche ich mir ein Stück weit mehr Stabilität und natürlich weiter zu wachsen und so bunt zu bleiben. Ich wünsche mir für uns Freudentränen in den magischen Nächten. Wir dürfen uns aber auch nicht schämen, in Momenten der Enttäuschung zu weinen. Denn das gehört dazu. Deshalb bin ich unglaublich stolz auf diese Eintracht-Gemeinde. Ich liebe diesen Verein und liebe seine Menschen, das ist meine Familie. Es wäre mein großer Wunsch, noch ein bisschen in dieser Familie wirken zu dürfen. Denn ich mach’s verdammt gern.