29.05.2023
Historie

DFB-Pokalsieg 1975: „Karl-Heinz, Sie müssen es richten“

Von der Hitze- zur Wasserschlacht: In Hannover schlägt die Eintracht den MSV Duisburg. Siegtorschütze Karl-Heinz Körbel blickt auf die Titelverteidigung.

Im Niedersachsenstadion in Hannover ist es an diesem 21. Juni 1975 rund 35 Grad heiß, als gegen 16.45 Uhr zur Halbzeit gepfiffen wird. In einer zähen Begegnung sind noch keine Tore gefallen, die Eintracht hatte gegen den defensiv ausgerichteten MSV Duisburg trotz einiger Chancen noch kein Mittel gefunden. In der Kabine schnappt sich Dietrich Weise, der Trainer, seinen Vorstopper Karl-Heinz Körbel, es kommt zur alles entscheidenden Ansage.

Körbel ist damals 20 Jahre alt, es ist seine dritte Saison als Stammspieler bei der Eintracht. „Ich war der Lehrling. Das Fundament unserer Mannschaft waren Grabi, Holz und Nickel“, erzählt der heutige Bundesligarekordspieler anerkennend über das Dreigestirn, das die Eintracht zu Beginn der 1970er Jahre in den Dunstkreis der deutschen Spitzenteams geschossen hatte. Die Saison 1974/75 hatten die Adlerträger auf Rang drei beendet.

Weise gibt Körbel in der Pause eine ähnliche Anweisung. „Karl-Heinz, heute läuft nichts. Sie müssen es richten“, habe der Trainer gesagt, berichtet Körbel und verweist darauf, dass sein nomineller Gegenspieler Worm mit der Sonderbewachung für Jürgen Grabowski beschäftigt ist. „Ich habe dann mit meinen Möglichkeiten versucht, Überzahl zu erzielen“. Ganze 14 Minuten dauert es, bis es fruchtet. Gewitter und Dauerregen hatten die Hitze- zu einer Wasserschlacht werden lassen.

Es läuft die 59 Minute, als das Leder nach einem Standard irgendwie Körbel vor die Füße fällt. „Bernd Hölzenbein hat vorgelegt, der Ball ist nochmal aufgesprungen. Ich habe ihn voll getroffen und das 1:0 erzielt. Und das mit links!“, frohlockt Körbel und meint auch: „Der Regen war unsere Rettung“. Duisburgs Torwart Dietmar Linders war zuvor ausgerutscht, der Ball zudem einem Verteidiger unglücklich ans Knie gesprungen. „Beim Schuss hat alles gepasst, den treffe ich nur in einem von zehn Versuchen so.“

Beim Schuss hat alles gepasst, den treffe ich nur in einem von zehn Versuchen so.

Karl-Heinz Körbel

Körbels magischer Moment ist das Tor des Tages in Hannover, die Eintracht setzt sich damit wie in allen sechs Runden zuvor erneut gegen eine Mannschaft aus Nordrhein-Westfalen durch. Bei der Feier sind laut Körbel „Tommy Rohrbach und Gert Trinklein die Einpeitscher“, Letzterer verpasst am nächsten Morgen sogar den Flieger in die Heimat. Zwischen Körbel und Weise („Er war wie ein zweiter Vater für mich“) kommt es am Abend zuvor zum nächsten Dialog, der den damaligen Youngster prägt. „Als ich mir wie alle anderen eine Zigarre angesteckt habe, kam Dietrich Weise mit bösem Blick auf mich zu und sagte: ‚Nehmen Sie das Ding aus dem Mund‘. Ich habe nie wieder eine Zigarre geraucht.“ 

Mit der Titelverteidigung erarbeitet sich die Eintracht langsam aber sicher den Ruf als Cupmannschaft. Auf dem Weg zu Titel Nummer drei 1981 geht’s zuvor nochmal bis ins Viertel- (1977) und Halbfinale (1979). Körbel ist unterdessen der einzige Eintrachtler, der viermal den DFB-Pokal gewonnen hat. Den größten Anteil hatte er dabei am 21. Juni 1975.

Ihr wisst Bescheid.