09.08.2019
UEFA Europa League

Die bessere Hälfte

Der vorletzte Schritt in Richtung Gruppenphase ist fast vollzogen. Auch personell tun sich vielversprechende Aussichten auf.

Ob er mit Blick auf das DFB-Pokalspiel bei Waldhof Mannheim und den fast sicheren Einzug in die Play-offs zu rotieren gedenke, sollte Adi Hütter am späten Donnerstagabend auf der Pressekonferenz im Rheinpark Stadion Vaduz verraten. Der Cheftrainer überlegte kurz, und bezog sich bei seiner Antwort zunächst nicht auf die Zukunft, sondern die Gegenwart: „Wir haben auch heute schon rotiert“, verwies der Fußballlehrer zurecht darauf, im Vergleich zum Rückspiel gegen den FC Flora Tallinn vier Veränderungen in der Startelf vorgenommen zu haben.So sprang Martin Hinteregger direkt durchs Transferfenster in die Startformation, Kapitän David Abraham kehrte in die Dreierkette zurück, der Schweizer Gelson Fernandes durfte in nahezu heimatlichen Gefilden ebenso von Beginn an ran wie Mijat Gacinovic. Hatte es zuvor geheißen: Gacinovic oder Kamada, durften die beiden Leichtgewichte in Liechtenstein Seite an Seite auflaufen und sich hinter dem einzigen Mittelstürmer Goncalo Paciencia austoben. „Vielleicht war Vaduz von der neuen Ausrichtung etwas überrascht“, vermutete Coach Hütter, der sich im vergangenen Jahr nicht gerade verdächtig gemacht hatte, weniger als zwei Stürmer oder mehr als zwei neue Spieler aufzubieten. „In einer hoffentlich langen Saison ist es wichtig, das Gefühl zu haben, dass jeder Spieler immer bereit ist“, weiß Hütter aber, dass im Optimalfall bis Weihnachten 31 Partien bevorstehen, für die es mehr als elf Freunde bedarf. Oder wie Fernandes bekräftige: „Wir haben keine B-Elf, brauchen für unser Programm jeden Mann.“ Der Mittelfeldmotor, der in Vaduz mit Dominik Kohr eine lauf- und kampfstarke Doppelsechs bildete, ließ den Ankündigungen, jeden Gegner ernst zu nehmen, nach drei Minuten gleich Taten folgen, als er zu spät in einen Zweikampf kam und unglücklich Gelb sah.

Mission vollumfänglich angenommen

Überhaupt war die körperliche Präsenz ein Schlüssel zum Kantersieg, begünstigte sie doch regelmäßige Umschaltaktionen, insbesondere über den zeitweise wie am Fließband auf die Reise geschickten Doppeltorschützen Filip Kostic, der sich in der ersten Halbzeit zwei Mal vor dem Frankfurter Anhang feiern lassen konnte. Das erste Mal nach einem mutigen Versuch aus der zweiten Reihe, womit die Dosenöffner aus der Distanz nach Lucas Torrós 1:0-Knaller in Tallinn vielleicht zur Mode werden. Genau genommen hätte der Serbe, der nach dem Seitenwechsel nach einer kurz ausgeführten Ecke auch das 4:0 durch Paciencia mustergültig vorbereitete, in jedem Winkel des Nationalstadions Anhänger gefunden, schwarz-weiße von Wechselgesängen untermalte Farben, wohin das Adlerauge reichte. Selbst ein Einheimischer war nach dem Schlusspfiff den Freudentränen nah, als er das Trikot von Dejan Joveljic überreicht bekam… „Über 3.000 von uns in Liechtenstein, diese Atmosphäre – das ist Werbung für den Fußball“, war Sportvorstand Fredi Bobic im Nachgang von der gewissermaßen besseren Hälfte in der knapp 6.000 Zuschauer fassenden Spielstätte begeistert. „Unsere Fans leben Europa mit allen Facetten“, freute den Manager, dass die frühen internationalen Pflichtaufgaben bei Fans wie Fußballern gleichermaßen Anklang finden.Wofür auch FCV-Coach Mario Frick Respekt zollte: „Wir hätten vielleicht eine Chance gehabt, wäre Frankfurt noch nicht im Rhythmus gewesen. Aber diesen Gefallen haben sie uns nicht getan, 90 Minuten gepowert und uns die Grenzen aufgezeigt.“ Auch weil dank des in der Sommerpause speziell im Mittelfeld verbreiterten Kaders immer weniger gedankliche Grenzen gesetzt sind.