21.11.2024
Historie

„Die Bühne ist bereitet“

Felix Wiedwald spricht über zwei einprägsame Eintracht-Werder-Duelle, die Gründe seines Karriereendes, seine neue Rolle in Bremen, Wiedersehen mit Rode und das Abendspiel am Samstag.

Felix, weißt du noch, was du am 7. Dezember 2014 gemacht hast?
Puh, fast zehn Jahre her … hatten wir ein Europa-League-Spiel?

Das nicht, aber die Eintracht wie am Samstag ein Heimspiel gegen Werder Bremen.
Stimmt – das 5:2! Das Spiel und Ergebnis waren spektakulär, sind für mich aber mit gemischten Gefühlen verbunden. Ich hatte mich an diesem Tag schon schlecht gefühlt und kurz darauf Pfeiffersches Drüsenfieber. Während des Spiels ging mir die Puste aus, aber ich habe es durchgezogen. Danach bin ich leider erstmal ausgefallen, aber das Spiel war super.

Welches Spiel ist bei dir am meisten haften geblieben?
Auch eines mit Beteiligung von Bremen und Frankfurt, diesmal stand ich für Werder im Tor. 34. Spieltag 2015/16, 16. gegen 15., das direkte Duell darum, wer direkt die Klasse hält und in die Relegation muss. Dieses 1:0 war das prägendste Ereignis, danach haben wir die Plätze getauscht. Zum Glück ist es am Ende auch für die Eintracht noch gut ausgegangen.

Abstiegssorgen hat jetzt keiner der Vereine, wie blickst du auf die Entwicklung der beiden Klubs?
Für die Eintracht geht es seit Jahren fast nur nach vorne. Der Klub ist immer mehr gewachsen aufgrund sehr guter Transferentscheidungen und der sportlichen Erfolge, gerade international. Die Struktur und Dimensionen gleichen schon einem mittelständischen Unternehmen. Für Werder ging es zeitweise in die andere Richtung. Rückblickend kann ich dem Abstieg dennoch etwas Positives abgewinnen, weil viele Dinge neu strukturiert wurden. Seit dem Wiederaufstieg 2021 ist der Verein auf einem guten Weg, sich wieder in der Bundesliga zu etablieren. Perspektivisch ist es sicher ein Anreiz, wieder europäische Flutlichtspiele im Weserstadion zu sehen.

Im September 2022 hast du deine Profikarriere für beendet erklärt. Wann und wie kam es zu dem Entschluss?
Es hatte sich über ein paar Jahre herauskristallisiert, dass es immer schwerer wurde, auf hohem Niveau Stammtorwart zu sein. Vor dem Hintergrund, dass ich einen Anschlussvertrag bei Werder Bremen hatte, wusste ich, dass ich bei meinem Heimatverein einsteigen konnte. Hinzu kam, dass ich einen Vereins- und Ortswechsel ohne die Familie hätte machen müssen, weil wir ein Haus gebaut haben und die Kinder im Kindergartenalter sind. Es gab noch Angebote, alles zusammengenommen hat es für mich aber nicht mehr 100-prozentig gepasst.

Wie ging es dann weiter?
Nach etwa einem halben Jahr Pause und Fertigstellung des Hausbaus habe ich das Traineeprogramm bei Werder gestartet und mich an der Universität St. Gallen mit dem Studiengang CAS Sportmanagement weitergebildet. Das beinhaltete zum Beispiel Leadership, Sponsoren-Akquirierung und Internationalisierung. Die Eintracht war auch vertreten. Einmal hat Timm Jäger [Geschäftsführer EintrachtTech Gmbh; Anm. d. Red.] einen Vortrag zum Thema Digitalisierung gehalten. Und Seppl Rode war mein Kommilitone. Es gab vier Präsenzwochen, deshalb hat es mich umso mehr gefreut, einen früheren Mitstreiter wiederzusehen.

Einst Kollegen, heute Trainees: Felix Wiedwald und Bastian Oczipka.

Welcher Bereich als Trainee reizt dich bisher am meisten?
Aktuell bin ich im Spieler-Scouting der Lizenzspielerabteilung involviert. Das ist wirklich spannend und könnte eine Überlegung für die Zukunft sein. Aber es ist noch zu früh zu sagen, wo die Reise hingeht.

Seppl hattest du angesprochen, hast du noch zu anderen Eintrachtlern Kontakt?
Mit Bastian Oczipka bin ich im Austausch, er hat bei euch ja auch als Trainee angefangen. Ansonsten vor allem Maureen Rodrigues und Christoph Preuß; auch Rainer Falkenhain begegne ich noch ab und an.

Wir hatten uns nicht nur auf dem Platz gut verstanden, sondern auch häufig miteinander Karten gespielt.

Felix Wiedwald über das Eintracht-Torwartteam

Aus dem heutigen Torwartteam hast du noch mit Kevin Trapp und unter Jan Zimmermann trainiert. Was zeichnet Zimbos Arbeit aus?
Zunächst war es damals keine gewöhnliche Situation, weil Jan bis dahin eigentlich selbst Torwart war, als er Ende Januar 2021 die Nachfolge von Moppes Petz angetreten hat. Wir hatten uns nicht nur auf dem Platz gut verstanden, sondern auch häufig miteinander Karten gespielt. Sich dann in neuer Rolle ein Stück weit abkapseln zu müssen, war für Zimbo sicher nicht einfach. Gleichzeitig hatte er den großen Vorteil, dass er sofort wusste, was wir brauchen. Er hat uns auf überragende Art und Weise bis an unsere Leistungsgrenze gebracht. Ich habe zwar nur ein halbes Jahr unter ihm trainiert, aber sein Faible für die moderne Torwartschule war schon damals sehr ausgeprägt.

Zur Person

Felix Wiedwald, geboren im niedersächsischen Thedinghausen, stieß mit neun Jahren zum SV Werder Bremen, bei dem er 2010 seinen ersten Profivertrag unterschrieb. Über den MSV Duisburg landete der Torwart 2013 bei Eintracht Frankfurt und feierte unter Armin Veh im Februar 2014 auswärts gegen den FC Bayern München sein Bundesligadebüt. 2015 kehrte Wiedwald zu seinem Ausbildungsverein in Bremen zurück. Nach einem Intermezzo beim Leeds United FC heuerte der heute 34-Jährige 2018 zum zweiten Mal im Herzen von Europa an. Nach weiteren Stationen beim FC Emmen und SV Sandhausen beendete Wiedwald im Herbst 2022 seine aktive Karriere, in der er 19 Mal den Adler und 65 Mal die Raute auf der Brust getragen hat.

Am 8. Januar nimmst du zum zweiten Mal mit den Werder Legenden am Matthäi Cup teil. Auf was freust du dich besonders?
Das erste Jahr lief relativ erfolgreich, ich wurde als bester Torwart ausgezeichnet und werde versuchen, meinen Titel zu verteidigen (lacht). Grundsätzlich haben wir wieder eine gute Truppe am Start und nicht zuletzt freue ich mich darauf, alte Kollegen wiederzusehen. Ich habe mitbekommen, Offenbach ist dabei, dazu wieder die Eintracht-Altstars. Das Rahmenprogramm war schon letztes Mal super. Ich bin überzeugt, es wird wieder für alle ein schönes Erlebnis.

Ein letzter Blick auf Samstag: Wie geht’s aus?
Schwer zu sagen, gerade nach einer Länderspielpause, wenn viele Nationalspieler unterwegs waren. Die Eintracht muss sich auf einen unangenehmen Gegner einstellen. Mit der Werder-Brille gesprochen möchten wir unsere Auswärtsbilanz weiter ausbauen und in Frankfurt punkten. Das Bewusstsein um die Frankfurter Heimstärke ist natürlich vorhanden, die Atmosphäre im Stadtwald war schon immer unglaublich. Vor anderthalb Jahren war ich das letzte Mal dort im Gästeblock. Auf jeden Fall hat die Konstellation alles zu bieten: zwei große Traditionsvereine, Flutlicht, lautstarke Anhänger auf beiden Seiten und zwei Teams, die tabellarisch gut dastehen – die Bühne ist bereitet.