16.04.2019
UEFA Europa League

Die Eintracht und SL Benfica

Am Donnerstag steigt der zweite Teil eines Traditionsduells par excellence, in dem bis zuletzt meist die Eintracht die Nase vorn hatte – wenn auch auf freundschaftlicher Basis.

Mit 36 Meisterschaften ist SL Benfica Rekordmeister Portugals. Zweimal hat die Mannschaft den Europapokal der Landesmeister gewonnen. Entzaubert wurde die Bella-Guttmann-Truppe um den Superstar Eusebio im Oktober 1961 von keinem Geringeren als der Eintracht! Bis heute zeugt von diesem großen Erfolg ein gewaltiger Pokal, der im Eintracht-Museum zu bestaunen ist. Überhaupt ist die Statistik der Eintracht gegen Benfica sehenswert. Die einzige Niederlage bis zum Aufeinandertreffen vergangene Woche kam unter erschwerten Bedingungen zustande…

Zum ersten Mal trafen SL Benfica und die SGE am 4. Oktober 1961 aufeinander. Vor 35.000 Zuschauern, darunter gut 2.000 deutschen Fans, im Estadio da Luz führte Benfica früh mit 2:0. Dieter Lindner kurz vor der Pause sowie Schämer und Stein drehten die Partie gegen den amtierenden Sieger des Landesmeister-Pokals. Die Eintracht-Spieler nahmen einen tollen Henkel-Pott in Empfang und die portugiesische Sportzeitung „Seculo“ schwärmte: „Benfica hat verdient verloren und wurde von einer Mannschaft besiegt, wie man sie lange nicht mehr in Portugal gesehen hat. Besonders in der Schnelligkeit und durch die Schlagkraft des Angriffs war die deutsche Elf weit überlegen.“ „Der neue Sport“ ließ sich zu einer gewagten These hinreißen, die wir Stand 2019 so nicht mehr unterschreiben würden: „Den Glanz um die Eintracht nach ihrem Triumph vom Estadio da Luz strahlt so hell wie in den Tagen von Bern, Wien und Glasgow vor zwei Jahren. Am Ende der Partie, als die Eintracht-Spieler in der Mitte des Feldes Aufstellung nahmen und man ihnen einen Pokal für ihren Sieg überreichte, war dieser für sie die schönste Siegestrophäe seit dem Berliner Endspiel. Der Europapokal, der beim Gegner im Schrein steht, hätte für sie keinen größeren Wert haben können.“

2:0 gegen den amtierenden Landesmeister-Titelträger

Ein Jahr nach dem großen Triumph von Lissabon kam SL Benfica zum „Rückspiel“ ins Waldstadion. Am 2. Oktober 1962 wollten 71.000 Fans die Startruppe um Eusebio, die im Frühjahr den Landesmeistertitel verteidigt hatte, live und in Farbe sehen. Kuriosum: Bei der Eintracht gab es viele angeschlagene Spieler, sodass „die Kickers gebeten wurden, in dieser Not einzuspringen. Und die sportliche Kameradschaft des Offenbacher Vorstands und der Offenbacher Spieler sprang in die Bresche, um den Frankfurter Kameraden zu helfen. Die Zuschauer verstanden und würdigten diese sportliche Kameradschaft“ (O-Ton „Vereins-Nachrichten Eintracht“, November 1962). So kickten mit Schultheis, Kraus und Gast drei Spieler der Kickers in der Eintracht-Mannschaft, Hermann Nuber wurde später eingewechselt. Ludwig Landerer neutralisierte Eusebio, die Eintracht zauberte einmal mehr und erspielte sich Chancen um Chancen.  Siegfried Gast brachte die Kombination in Führung, den Endstand besorgte Wolfgang Solz. Und die Presse jubelte über das 2:0 beim Fußballfest, das die Fans in Scharen ins Stadion gelockt hatte.

Eusebio hat frei

Das dritte Aufeinandertreffen mit SL Benfica fand am 7. Oktober 1965 statt und war ein Freundschaftsspiel in Lissabon. Trainer bei der Eintracht war übrigens Elek Schwartz, der SL Benfica noch im Frühjahr 1965 ins Europapokalfinale geführt hatte – und im Sommer zur Eintracht gewechselt war. Auch in Lissabon überzeugte die Eintracht vor 30.000 Zuschauern wieder und war dem Sieg näher als die Gastgeber. Jürgen Grabowski traf nur den Pfosten, Stinka die Latte und Grabi, Sztani, Blusch und Höfer hatten weitere hochkarätige Chancen. Das Spiel endete 0:0 – und es war das erste Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften, an dem Eusebio nicht beteiligt war. Er hatte am Vortag geheiratet und nahm sich kurzfristig einen Tag frei.

In den 1970er Jahren organisierte eine Frankfurter Brauerei Spitzenspiele, in denen Städtekombinationen gegen internationale Topgegner antraten. So kam es einmal mehr zu einer „Kombinationsmannschaft Eintracht/Kickers Offenbach“, diesmal von langer Hand geplant. In der Startelf standen sechs Eintrachtler und fünf Kickers-Spieler. Der Eintrachtler Horst Heese brachte uns in Führung, doch in der 29. Minute sorgte Humberto für den Ausgleich. Zehn Minuten vor Abpfiff erzielte Eusebio, der diesmal im Vorfeld nicht geheiratet hatte und spielen konnte, die Führung. Fünf Minuten vor Anpfiff traf Jordao zum 3:1 für die Gäste. Damit hatte SL Benfica erstmals in Frankfurt gewonnen. Doch halt: Wegen des Umbaus des Waldstadions für die bevorstehende WM 1974 war das Spiel auf den Bieberer Berg nach Offenbach verlegt worden, lediglich 15.000 Zuschauer waren vor Ort und Eusebio war laut zeitgenössischen Zeitungsberichten ob der außergewöhnlichen Rahmenbedingungen irritiert. Gegen SL Benfica war die Eintracht in Lissabon und auch in Frankfurt bis vergangene Woche ungeschlagen.