21.01.2021
Bundesliga

Die gute neue Zeit

Nach dem 2:2 in Freiburg beendet die Eintracht die Hinrunde mit 27 Punkten, so vielen wie vor zwei Jahren. Ein Vergleich ist daher naheliegend.

Wie gewonnen, so zerronnen. Kaum durfte Makoto Hasebe als erster Spieler nach dem Abschied von David Abraham die Adlerträger als Kapitän aufs Feld führen, sieht der dienstälteste Eintrachtler schon dem nächsten Verlust entgegen: Nach der Rückkehr von Klaas-Jan Huntelaar zum FC Schalke 04 dürfte der 37-Jährige seinen in dieser Spielzeit bisher innehabenden Status als ältester Akteur der Bundesliga in wenigen Tagen los sein, der Niederländer ist fünf Monate älter. Der uneitle Sportsmann wird dies genauso verkraften können wie er und seine Teamkollegen die Punkteteilung im Breisgau. „So wie Freiburg aktuell drauf ist, können wir mit dem Ergebnis zufrieden sein“, war Martin Hinteregger mit dem 2:2 absolut im Reinen, auch wenn den Abwehrchef, der nach der Auswechslung Hasebes die Binde übernahm, die Entstehung der Gegentreffer ebenso wenig schmeckten wie Adi Hütter: „Gegentore passieren. Wir waren nicht immer optimal positioniert, müssen aber auch mal dem Gegner ein Kompliment machen“, blieb der österreichische Fußballlehrer vergleichsweise gelassen wie Landsmann Hinteregger: „Dass mal einer durchrutscht, wie vor dem 1:1, kann passieren. Nichtsdestotrotz hätten wir uns da besser verhalten können. Aber insgesamt war es eine stabile Leistung“, führte Hinti aus und fort: „27 Punkte nach der Hinrunde sind Frankfurt noch nicht oft gelungen.“

Mehr Torgefahr, mehr Variabilität: Luka Jovic eröffnet Adi Hütter noch mehr Möglichkeiten.

Genau genommen waren es in der Bundesliga seit Einführung der Dreipunkteregel nur in zwei Spielzeiten mehr: 2012/13 standen nach der ersten Saisonhälfte 30 Zähler zu Buche, 2016/17 waren es 29. Weshalb Cheftrainer Hütter, der sich selbst auf die Fahnen schreibt, in der zweiten Halbserie seine Teams nochmals zu verbessern, zuversichtlich in die Zukunft blickte: „Die Systemumstellung hat uns gutgetan, mit Luka Jovic sind wir noch variabler und gefährlicher. Deswegen gehe ich davon aus, dass wir eine gute Rückrunde spielen werden. Und natürlich möchten wir wie viele andere Vereine auch um die internationalen Plätze mitspielen.“ Wie eng es nämlich derzeit tabellarisch zugeht, verdeutlichen alle bisherigen kumulierten Bundesligaresultate: 53 Auswärts- stehen exakt so viele Heimsiege gegenüber, mehr Erfolge in der Fremde hatte es letztmals 2015/16 gegeben (54).

In diesem Zusammenhang nicht weniger bemerkenswert sind die neun Unentschieden der Eintracht, so viele wie kein anderes Team und so häufig wie noch nie zu diesem Zeitpunkt in der Vereinsgeschichte. Dem gegenüber stehen sechs Siege und zwei Niederlagen. Noch seltener verloren die Hessen übrigens erst ein Mal in einer Hinrunde: 1992/93, als es nur eine Pleite setzte. Auch wenn Hütter einräumt, dass er „anstelle der vielen Unentschieden für den einen oder anderen Sieg mehr auch mehr Niederlagen in Kauf genommen“ hätte, „weil dadurch am Ende mehr Punkte stehen würden.“

Auf der anderen Seite „müssen wir aber auch mal dem Gegner ein Kompliment machen“, verwies der 50-Jährige speziell auf den nicht weniger formstarken SC Freiburg, hätte aber auch viele andere Kontrahenten nennen können. Denn dass das Abschneiden nicht immer unmittelbar an die eigene Ausbeute geknüpft sein muss, beweisen Vergleiche zu den Vorjahren: 2019/20 stand die TSG Hoffenheim mit 27 Punkten auf Rang sieben, in besagter Spielzeit 2018/19 rangierte die SGE mit der gleichen Anzahl sogar an sechster Stelle. 2017/18 wiederum stand wie jetzt Rang acht zu Buche – mit einem Punkt weniger. Und 2015/16 standen Leverkusen und Schalke mit ebenfalls 27 Punkten sogar auf fünf und sechs. Davon, dass derlei Spielereilen ohnehin wenig prognostischen Mehrwert bieten, kann just die Eintracht ein Klagelied singen: 2010/11 genügten selbst 26 Zähler und Rang sieben nicht, um in der zweiten Saisonhälfte dem Abstieg zu entgehen.

Ihnen gehören gleichermaßen Gegenwart wie Zukunft: Evan Ndicka und Tuta.

Derlei Szenarien sind freilich so weit aus den Köpfen der Adler entfernt wie der seit Montag in Argentinien weilende Abraham von Frankfurt. Nicht vorstellbar, wo ein Einbruch auch herrühren sollte. „Uns zeichnet seit mehreren Wochen aus, dass wir über 90 Minuten konstant guten Fußball spielen. Deshalb kamen wir auch wieder verdient auf 2:2 zurück“, verweist Hinteregger auf die eher zu- als abnehmende Stabilität, gepaart mit der von allen Seiten gepriesenen und unübersehbaren fußballerischen Weiterentwicklung, die auch andernorts Anerkennung erfährt. „Eintracht Frankfurt ist fußballerisch im Moment mit das Beste in der Liga“, lobte SC-Coach Christian Streich nach dem intensiven Schlagabtausch im Schwarzwald-Stadion, der nicht zuletzt auch Lucas Silva Melo als nächste Feuertaufe diente. 100 Prozent Zweikampfquote folgte ein dickes Lob der Verantwortlichen. „In Freiburg so zu bestehen, ist super. Wenn sich Tuta so weiterentwickelt, ist er ein top Ersatz für David“, befand Sportdirektor Bruno Hübner. Auch Hütter war vollauf zufrieden, wie insgesamt mit seiner Hintermannschaft: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir mit Tuta und Evan Ndicka zwei sehr junge Spieler in der Verteidigung haben. Riesen Kompliment an beide.“

Der Brasilianer selbst mochte nicht allein seine eigene Darbietung herausstellen: „Die Dreierkette funktioniert gut, wir üben in jedem Training an der Abstimmung. Martin und Evan sind sehr erfahrene Spieler. Ich fühle mich geehrt, mit ihnen spielen zu dürfen.“ Gleichzeitig betont der 21-Jährige: „Wir müssen weiter hart an uns arbeiten.“ Viele Gelegenheiten bleiben bis zum Rückrundenstart am Samstag in Bielefeld nicht. Am Mittag kehren die Adler aus Baden zurück, um sich sogleich zum Auslaufen zu begeben. Das erste Mannschafts- wird am Freitag zugleich das Abschlusstraining sein, ehe das nächste Auswärtsspiel beim wiedererstarkten Aufsteiger ansteht. So blickt Hübner voraus: „Auf der Alm wird es am Samstag nicht einfach.“ Dennoch hatte die Eintracht schon schwierigere Phasen.