Die Fragen, wo diese Erfolgsserie noch münden solle, kommen immer wieder. Klar, nach dem sechsten Pflichtspielsieg in Serie werden sie eher lauter als leiser. Doch aus der Reserve locken lassen sich die Adlerträger nicht. „Wir sind gut beraten, von Spiel zu Spiel zu schauen“, sagte beispielsweise Robin Koch nach dem 2:1 beim FC Midtjylland am Donnerstagabend. Cheftrainer Dino Toppmöller wollte bei nur zwei Niederlagen aus 18 Pflichtspielen natürlich nicht „eine gewisse Nachhaltigkeit“ wegdiskutieren, sagte aber auch: „Große Mannschaften zeichnet aus, dass sie nie zufrieden sind“.
Platz zwei in der Bundesliga, Rang drei in der Ligaphase der UEFA Europa League punktgleich mit dem Spitzenreiter, im DFB-Pokal noch drin. Die Zahlen lesen sich gut, zweifelsohne. Doch damit zufrieden geben will sich niemand. Zumal man weiß, wie viel für jeden Sieg gearbeitet werden muss und wie knapp diese Erfolge zuletzt ausfielen.
Sechs von sieben mit einem Tor Unterschied
Sechs der sieben vergangenen Siege wurden mit einem Tor Unterschied errungen, Ausreißer war einzig das 7:2 gegen den VfL Bochum. Die Eintracht gewinnt im zweiten Halbjahr 2024 Spiele, die sie bei ähnlichem Spielverlauf vielleicht im Vorjahr noch verloren hätte – oder zumindest nicht als Sieger vom Platz gegangen wäre. Eine Entwicklung, eine Konstanz, die weitergeführt werden sollte, will man auch weiterhin so erfolgreich sein. Sagte am Donnerstagabend in der Herninger MCH Arena, der Heimat des FC Midtjylland, Sportvorstand Markus Krösche, der gleichzeitig mahnte: „Wir müssen immer an die Leistungsgrenze gehen, um etwas zu holen.“
Das geht bei diesem Mammutprogramm – fast ausschließlich Englische Wochen außerhalb der Länderspielpausen, während der zudem die meisten Kaderspieler weitere Minuten anhäufen – auch nur, wenn mit den Kräften hausgehalten wird.
Gegen Midtjylland erhielten Geburtstagskind Farès Chaibi und Niels Nkounkou erstmals nach langer Zeit wieder die Chance von Beginn an. „Dafür hatten wir mit Mario [Götze, Anm. d. Red.] abgemacht, dass wir ihn zwecks Belastungssteuerung in Dänemark nicht einsetzen“, begründete Toppmöller.
Einstellung, Mentalität, Glück, Fans
Die richtige Einstellung und Mentalität, ein bisschen Glück, Fans – und ein Stürmer, der zurzeit trifft wie sonst die Besten in Europa. Das sind offenbar neben individueller und kollektiver Qualität Zutaten für eine Mannschaft, die füreinander einsteht, kämpft, sich in jeden Ball schmeißt und, wie Robin Koch sagt, auch „die schwierigen Spiele zieht“. An richtiger Einstellung und Mentalität mangelte es in Dänemark erneut nicht, das bisschen Glück ließe sich am Donnerstagabend sicherlich auf den zugesprochenen Handelfmeter beziehen. Einziger Kritikpunkt von Toppmöller: „Wir müssen das nächste Mal aus unseren Chancen mehr Tore machen.“
Dazu kommen die Fans, die bei den Spielern immer wieder Eindruck hinterlassen und dadurch anspornen. In Midtjylland erinnerte sich Robin Koch an die Szene in Istanbul, als die Mannschaft gerade den Mittagsschlaf beendet hatte. „Wir waren auf dem Balkon und haben sie gesehen und gehört. Sie haben Lieder angestimmt. Das pusht uns extrem“, sagte Koch, der auch in Dänemark auf Dauerunterstützung der rund 700 mitgereisten Anhänger zählen konnte.
50. Europa-League-Spiel
Kein Wunder, dass internationale Partien weiterhin ein Steckenpferd der Hessen bleiben. Das 2:1 in Mitteljütland war die 18. ungeschlagene Partien in Serie in der UEFA Europa League, damit haben die Adlerträger den Rekord des Chelsea FC eingestellt. „Wir fühlen uns in diesem Wettbewerb sehr wohl, nicht erst seit unserem Sieg 2022“, bemerkte Markus Krösche.
Es war übrigens das 50. Spiel der Adlerträger in der UEFA Europa League. Hier ein paar Zahlen:
- Zum fünften Mal seit Einführung der Europa League spielt die Eintracht in diesem Wettbewerb.
- Nur sieben Niederlagen, davon zwei gegen Basel in Coronazeiten.
- Dazu kommen acht Qualifikationsspiele – sieben Siege und nur eine Niederlage, in Straßburg.
Kevin Trapp durfte ebenso jubilieren, die Partie in Dänemark war sein 75. Einsatz in einem UEFA-Wettbewerb; 40 davon für die Eintracht in der Europa League. Damit liegt er auf Rang zwei aus dem aktuellen Kader hinter Mario Götze, mit nun 45 Einsätzen folgt hinter Mo Dahoud Rasmus Kristensen. Der Däne, ausgebildet und Profi geworden beim FC Midtjylland, durfte nach einmonatiger Verletzungspause ein emotionales Comeback feiern, wurde beim Warmmachen und bei seiner Einwechslung mit stehenden Ovationen gefeiert.
Ausblick: National Heidenheim, international Lyon
50, 75, 45 – auf allen Seiten sollen noch viele Partien hinzukommen. Die nächste Gelegenheit: Am 12. Dezember ist die Eintracht bei Olympique Lyonnais zu Gast und kann das Weiterkommen im letzten internationalen Spiel des Jahres eintüten. Zufrieden sein wird damit aber noch niemand, die Top Acht sind das Ziel.
Achter war in der vergangenen Bundesligasaison der 1. FC Heidenheim, der am Sonntag Gastgeber der Eintracht ist. Auch da wird das Motto wieder sein aus Sicht der Adlerträger: Nicht zufrieden, wieder gierig auf drei Punkte sein. Und wenn’s knapp sein sollte, getreu dem Motto von Robin Koch auch dieses Spiel „ziehen“.