23.01.2025
Eintracht

Die Musik spielt jetzt in Manchester

Das Kapitel Omar Marmoush ist offiziell geschlossen, Rekorde und Respektsbekundungen hallen nach. Eine letzte Hommage.

Ein letzter Applaus in Richtung Nordwestkurve. Ein Moment, der alles sagt: Zu Tränen gerührt lässt sich Omar Marmoush nach dem 2:0-Heimerfolg gegen Borussia Dortmund feiern – obwohl er gar nicht spielte. Es ist der Abschied eines Spielers, der die Eintracht in den vergangenen mehr als eineinhalb Jahren gelebt hat. Ein Abschied, den er „verdient“ hat, wie Sportvorstand Markus Krösche sagt: „Omar ist ein Teil von uns, er hat viel für uns geleistet in den vergangenen eineinhalb Jahren. Er hat großen Anteil an unserem Erfolg. Jeder in der Mannschaft gönnt ihm den nächsten Schritt.“ Der Ägypter reagierte auf den Gänsehautmoment vor der Kurve via X mit den Worten: „Forever in my heart.“ Es ist das Ende einer gemeinsamen Reise, die Eintrachtlern in Erinnerung bleiben wird.

Markus Krösche sollte Recht behalten. Am 15. Mai 2023 gab Eintracht Frankfurt die Verpflichtung von Omar Marmoush bekannt. Der Sportvorstand frohlockte, mit dem Ägypter habe die Eintracht einen Spieler verpflichtet, „der unserer Offensive durch seine Fähigkeiten noch mehr Flexibilität verleihen wird. Omar hat seine Qualitäten in der Bundesliga bereits unter Beweis gestellt und gleichzeitig noch ein großes Entwicklungspotential.“

Welcome to Mainhattan

Die Einschätzung teilte Marmoush selbst. „Mein Tempo ist eine meiner Stärken, aber ich muss noch an vielen Dingen arbeiten. Ich brauche eine bessere Chancenverwertung“, ging Marmoush bei seiner Vorstellungspressekonferenz mit sich selbst ins Gericht. „Hier fehlt mir noch der letzte Punch. Ich habe hier alles, was ich brauche, um zu performen und mich weiterzuentwickeln.“ Frankfurt brachte für seine Entwicklungen die perfekten Konditionen für den Ägypter mit.

Auch sollte sich die Prophezeiung von Niko Kovac, der Marmoush zuvor in Wolfsburg trainierte, bewahrheiten. Er sagte zu ihm: „Du wirst dich in Frankfurt wohlfühlen.“ Nach seinen ersten Tagen in Frankfurt hatte Marmoush bereits das Gefühl, gut aufgenommen worden zu sein. „Ich habe das Gefühl, als wäre ich schon viel länger hier“, gestand er auf besagter Pressekonferenz. Doch „von Wolfsburg nach Frankfurt ist es schon noch eine Umstellung. Für mich fühlt sich Frankfurt noch an wie New York City“, lachte Marmoush. Mainhatten statt Manhattan.

Topscorer der Bundesligahinrunde

In seiner ersten Spielzeit als Adlerträger gelangen Omar Marmoush zwölf Treffer und sechs Assists – unvergessen bleiben sein emotionales Last-Minute-Tor beim 1:1 in Mainz sowie sein Doppelpack beim 3:3 gegen Borussia Dortmund. Doch vor allem in dieser Saison hat sich der 25-jährige Offensivspieler zum Überflieger entwickelt. „Das ist nicht normal“, staunte etwa Bayern-Coach Vincent Kompany, ehemaliger Kapitän der Skyblues, nachdem Marmoush dem FCB das 3:3 eingeschenkt hatte. Wieder Last Minute, wieder Doppelpack.

Trotz Unentschieden gefühlt Matchwinner: Omar Marmoush nach dem Treffer zum 3:3 gegen Bayern München.

In der zurückliegenden Hinrunde sammelte Marmoush insgesamt 24 Scorerpunkte – Bundesligabestwert. Sechs Mal trug er sich sowohl als Torschütze als auch als Vorlagengeber in den Spielbericht ein. In Europas Top-Fünf-Ligen ist nur Landsmann Mohamed Salah besser, der acht solcher Spiele verzeichnete. In der Bundesliga schaffte es seit Datenerfassung in der Saison 2004/05 lediglich Jadon Sancho, diese Marke zu erreichen.

Die Scorerpunkte verteilen sich auf neun Vorlagen (Ligabestwert) und 15 Hinrundentreffer. Letztere markieren einen neuen Rekord für die Eintracht. Der bisherige Bestwert von Theofanis Gekas, der in der Saison 2010/11 14 Tore in der Hinrunde erzielte: Geschichte.

Marmoush, das Schreckgespenst

Gegen elf verschiedene Bundesligisten netzte Marmoush in der laufenden Saison – doppelt gegen Ex-Klub VfL Wolfsburg, Holstein Kiel, den FC Bayern München und den FC Heidenheim. Damit erzielte er 37,5 Prozent der Frankfurter Hinrundentreffer. Summiert mit den neun Assists, die Marmoush verbuchte, war er an 60 Prozent aller Treffer in der Hinrunde beteiligt. Auch im DFB-Pokal avancierter er zum Matchwinner, als er in der zweiten Runde gegen Borussia Mönchengladbach nach langer Unterzahl den 2:1-Endstand markierte und es nicht nur wegen des goldenen Tores, sondern auch des Jubels mit Halloween-Maske auf die Titelseiten schaffte.

Schreckgespenst Omar Marmoush.

„Ich glaube, dass Omar immer ein Schreckgespenst sein kann – für jeden Gegner. Da braucht er sich keine Maske anzuziehen“, flachste Cheftrainer Dino Toppmöller hinterher. Schrecken verbreitete Marmoush insbesondere in der jüngeren Vergangenheit nach ruhenden Bällen.

Standardexpertise made in Frankfurt

Vor allem verwandelte er als erster Bundesligaspieler seit Bochums Christian Fuchs je einen Freistoß in drei aufeinanderfolgenden Spielen – keinem Frankfurter gelang dieses Kunststück zuvor. In der laufenden Saison markieren die drei direkt verwandelten Standards einen Bestwert. Insgesamt erzielte die Eintracht in dieser Saison zehn Tore nach ruhendem Ball – neun Mal davon führte ihn Marmoush aus. Erneut Topwert der Bundesliga.

Sportliche Fußstapfen, in die fortan andere treten möchten und müssen. Der kollektiv überzeugende Auftritt gegen Dortmund ließ erahnen, was ohne die ehemalige Nummer sieben möglich sein kann. Deshalb bleibt fürs Erste noch die Frage zu klären, wer denn neuer Kabinen-DJ wird. Auch in dieser Funktion traf Marmoush häufig den richtigen Ton. Die Musik spielt jetzt in Manchester.