Es war kein Finale, aber ein „Endspiel“ im Wortsinne. Die Eintracht hat an diesem Tag keinen Pokal gewonnen und keinen Aufstieg gefeiert, sie ist schlichtweg in der Bundesliga geblieben. Wenn jemand heute die etwas älteren Fans nach dem „größten“ Spiel fragt, wird dieses immer wieder genannt. Weil es verrückt war, kurios, Fußballwahnsinn komprimiert in gut zwanzig Minuten. Das „Wunder von 1999“ ist jedem Frankfurter Fußballfreund in Erinnerung. Die sportlichen Leistungen der damaligen Mannschaft mit ihrem inzwischen verstorbenen Trainer Jörg Berger und dem norwegischen Stürmer Jan Aage Fjörtoft, sind in die Geschichte eingegangen wie fünf Pokalsiege und ein Europapokalsieg.
Die Eintracht war vier Spieltage vor dem Ende der Saison im Grunde abgestiegen. Dann hatte die Aufholjagd mit einem 2:1 in Bremen begonnen. Borussia Dortmund hatte die Eintracht 2:0 geschlagen, dann am 33. Spieltag auf Schalke nach einem 0:2-Rückstand 3:2 gewonnen. Mit 34 Punkten hatten die Frankfurter vor dem letzten Spiel am jenem 29. Mai 1999 gegen Kaiserslautern als Sechzehnter dennoch die schlechteste Ausgangsposition gegenüber Hansa Rostock (35), dem SC Freiburg (36), dem VfB Stuttgart (36) und dem 1.FC Nürnberg (37).
Legendäre Radio-Konferenz
Als zur Halbzeit gepfiffen wurde, sah es nicht viel besser aus, es stand 0:0. Zwanzig Minuten später 1:1. Der Hoffnungsfunke glomm nur noch ganz, ganz wenig. Dann startete ein „Finale furioso“, das es so in der Liga noch nicht gegeben hatte und seitdem auch nicht mehr gegeben hat. Thomas Sobotzik, Marco Gebhard, Bernd Schneider und eben Fjörtoft in der 89. Minute erzielten vier Treffer zum 5:1. Das reichte, um mit Nürnberg punkt- und torgleich zu ziehen und durch die mehr geschossenen Treffer in der Klasse zu bleiben. Die damalige Radio-Konferenz mit den Reportern Günter Koch (Nürnberg-Freiburg), Manfred Breuckmann (Bochum-Rostock) und Dirk Schmitt (Eintracht-Kaiserslautern) war preisgekrönt. Günther Koch („Hallo hier ist Nürnberg, ich melde mich vom Abgrund“) und hr-Reporter Dirk Schmitt („Herrje, welche Leistung“) sind mit ihren Ausrufen berühmt geworden.
Wie dramatisch die Situation war, hat Fjörtoft immer wieder beschrieben. „Wir führten 4:1 und von der Bank schrien sie, dass wir noch ein Tor brauchen“, erzählte der Norweger, „da habe ich halt noch eins geschossen.“ Mit einem Übersteiger, aufreizend lässig. Seitdem werden und wurden Fjörtoft und Trainer Berger in Frankfurt wie Helden verehrt. „Jörg Berger hätte auch die Titanic gerettet“, sagte Fjörtoft, der danach auf der Tribüne mit der ehemaligen Oberbürgermeisterin Petra Roth ein Tänzchen wagte. Ein Satz, der sich eingeprägt hat wie das Tor und unvergessen bleibt wie die Mutter aller Abstiegskrimis, die heute vor 20 Jahren das Licht der Welt erblickt hat.
Die Helden vom 29. Mai 1999
- Oka Nikolov
- Ralf Weber (58. Marco Gebhardt)
- Jan-Aage Fjörtoft
- Thomas Sobotzik
- Thomas Zampach (69. Ansgar Brinkmann)
- Bernd Schneider
- Alexander Schur
- Olaf Janßen (86. Christoph Westerthaler)
- Alexander Kutschera
- Uwe Bindewald
- Chen Yang
Tore: 1:0 Yang (47.), 1:1 Schjönberg (68., Handelfmeter), 2:1 Sobotzik (70.), 3:1 Gebhardt (80.), 4:1 Schneider (82.), 5:1 Fjörtoft (89.)