Jürgen Grabowski, Bernd Hölzenbein und Bernd Nickel – Grabi, Holz und Dr. Hammer. Jedes Kind kennt die drei Eintracht-Legenden. Einer von ihnen feierte am 15. März seinen 70. Geburtstag: Bernd Nickel. Nur elf Spieler in der Bundesliga-Geschichte haben mehr Spiele für einen Verein bestritten (426). Noch bemerkenswerter ist aber ein absolutes Alleinstellungsmerkmal: Nickel hat aus allen vier Ecken des Waldstadions einen Eckball direkt verwandelt.
„Wir haben uns immer gut verstanden, jeder wusste genau, wie der andere tickt, wir haben blind miteinander kombiniert“, blickt Nickel auf die glorreichen Zeiten mit Grabowski und Hölzenbein zurück. Er hat „nur“ ein Länderspiel absolviert, dafür aber 41 Spiele für die Amateurnationalmannschaft. Grabi und Holz sind Weltmeister geworden, Nickel stand immer ein wenig in ihrem Schatten. Aber nur in der breiten Öffentlichkeit, nicht bei den Insidern. Denn Nickel war ein ebenso guter Fußballer wie seine beiden Freunde. Von 1968 bis 1983 hat er für die Eintracht 490 Spiele bestritten, 426 in der Bundesliga (138 Tore – Bestwert für einen Mittelfeldspieler), 36 im DFB-Pokal (elf Tore), zwölf im UEFA-Pokal (ein Tor), acht im Europacup der Pokalsieger (ein Tor), sechs im UI-Cup (ein Tor) und zwei im Ligapokal.
Magisches Dreieck mit Holz und Grabi
Über Bernd Nickel sind viel Geschichten erzählt und geschrieben worden, viele Bonmots bekannt. Die erste Frage lautet immer, wie er zu seinem Spitznamen „Dr. Hammer“ gekommen ist. Die Erklärung: „Als ich 1967 zu den Profis von Eintracht stieß, stand Hans Tilkowski im Tor. Ihm fiel auf, dass ich mit einem strammen Linksschuss ausgestattet war und er gab mir diesen Spitznamen. Als ich mit einem ziemlichen Hammer in der Bundesliga einen Treffer erzielte, machten die Zeitungen den Namen in ganz Deutschland bekannt.“ Nickel hatte einen harten Schuss wie kaum ein anderer. Er hat das auch zelebriert. Das ging schon mit dem Ball los. Für ihn musste es in den großen Eintracht-Zeiten immer ein Derbystar sein. Blütenweiß waren die Bälle damals, schwerer und härter. „Der Derbystar ist am besten geflogen“, hat Nickel gesagt, Heute wird übrigens auch in der ganzen Bundesliga wieder mit dieser Marke gespielt. Nickel hat geübt, geübt und geübt. Zu Hause in Eisemroth hat er immer auf ein riesiges Scheunentor geballert. „Und dabei habe ich mir immer besondere Aufgaben gestellt“, hat er mal in einem bemerkenswerten Interview mit dem Magazin „11 Freunde“ erzählt. „Ich suchte Punkte oder Kästen an der Wand, die ich treffen wollte. Und dann wurde so lange geübt, bis ich es im Schlaf beherrschte.“ Vor jedem Spiel hat er aufs Tor geschossen. Warmlaufen wie heute? Gymnastik? Auflockerungen? Dehnen? Nein, Nickel hat sich Bälle geschnappt und erstmal draufgehauen. Von Zerrungen ist bis heute nichts bekannt.
Eine der schönsten Geschichten um Bernd Nickel sind jene mit den Eckbällen. „Im Waldstadion habe ich aus allen vier Ecken direkt getroffen“, erzählt er eine erstaunliche Geschichte. Er weiß noch genau, von wo er gegen wen getroffen hat. „Wenn Sie von der Haupttribüne aufs Spielfeld schauen, traf ich gegen die Bayern und Sepp Maier von rechts oben. Gegen den 1. FC Kaiserlautern und Ronnie Hellström von rechts unten. Gegen Fortuna Düsseldorf verwandelte ich einen Eckball direkt von links oben. Das war allerdings etwas glücklich, weil Charly Körbel zum Kopfball ansetzte, den Ball nicht richtig traf und er ins Tor trudelte. Und von unten links traf ich gegen Hermann Rülander bei unserem 9:2-Sieg über Werder Bremen im Jahr 1981.“ Das Geheimnis: Nickel hat immer voll draufgehauen, nicht locker geflankt, nicht mit dem Innenrist, sondern mit dem Vollspann.
Ein Tor verhindert Wechsel zum FC Bayern
Sein schönstes Tor war auch sein wichtigstes. Am 29. Mai 1971 hat er per Seitfallzieher das 1:0 beim 2:0-Sieg beim Derby in Offenbach erzielt. Dieser Treffer wurde zum „Tor des Monats“ gewählt. Die Eintracht blieb damals in der Liga, der OFC stieg ab. „Wenn ich das Tor nicht erzielt hätte, wären nicht die Kickers, sondern die Eintracht abgestiegen“, verrät er, „und ich wäre zum FC Bayern gewechselt, da war schon alles ausgehandelt.“ Dabei ist er ein „Frankfurter“ und ein „Hesse“. In Herborn hat er nach seiner Karriere ein Sportgeschäft geführt, in Frankfurt war er ab 1972 der erste Inhaber des legendären „Eintracht-Shops“ in der Bethmann-Straße, den er dann bald an seinen Freund Willi Schuster übergeben hat. Der „Eintracht-Shop“ hat im Januar 2018 für immer geschlossen.
Bernd Nickel ist bei der Eintracht geblieben. Bis heute. Bei jedem Spiel sitzt er auf der Tribüne, wenn es die angegriffene Gesundheit erlaubt. Das Herz spielt nicht immer mit, er hat neue Kniegelenke und in diesen Tagen steht eine Rückenoperation an. „Wenn alles gut geht, bin ich bald wieder im Stadion“, sagt er. Gute Besserung und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Dr. Hammer!
Vier verwandelte Eckbälle im Uhrzeigersinn
Bernd Nickel hat aus allen vier Ecken im Waldstadion einen Eckball verwandelt – und das noch im Uhrzeigersinn! Von der Haupttribüne aus gesehen hat er wie folgt getroffen:
Rechts oben: am 22. November 1975 gegen Sepp Maier (Bayern München) zum 6:0-Endstand (61.).
Rechts unten: am 19. April 1980 gegen Ronnie Hellström (Kaiserslautern) zum 1:0 (6./Endstand 3:5).
Links unten: am 14. November 1981 gegen Hermann Rülander (Bremen) zum 1:1 (20./Endstand 9:2).
Links oben: am 15. Mai 1982 gegen Oliver Bücher (Düsseldorf) zum 4:0-Endstand (77.).