Ist das eine Macke, wenn man die Sprache einfach nicht (richtig) lernen will? Oder ist es Eigenvermarktung in Perfektion? Dragoslav Stepanovic jedenfalls zelebriert das Kauderwelsch. Seit 1976 lebt der in Serbien geborene ehemalige Nationalspieler und Trainer in Deutschland. Seit vier Jahrzehnten ist er ein Stück Eintracht Frankfurt. Aber mit der deutschen Sprache kann er immer noch nicht so umgehen, wie er es mit dem Ball konnte. Doch übel nimmt ihm das niemand. Stepi ist eben Stepi. Er spricht Serbohessisch, das gab's vorher nicht. Eine ganz eigene Sprache. Aber es versteht ihn jeder. Die Spieler der von ihm trainierten Mannschaften haben ihn verstanden. Mit Stepanovic als Trainer war die Eintracht der Deutschen Meisterschaft 1992 so nahe gekommen wie seither nie mehr. Und noch heute verstehen ihn alle, die ihn lieben und verehren. Stepanovic ist in Frankfurt Kult. Und wenn von "Stepi" die Rede ist, weiß jeder, wer gemeint ist. Am heutigen Donnerstag wird er 70 Jahre alt.
Der legendäre Satz in Rostock
In der Saison 1991/92 hat er die Eintracht fast zur Deutschen Meisterschaft geführt. Was für den Klub ein traumatisches Erlebnis wurde, jene 1:2-Niederlage in Rostock am 16. Mai 1992, war für ihn der Startschuss zu einer neuen Popularität. "Lebbe geht weider", hat er nach dem Spiel gesagt. "Nehmt's nicht so schwer, ist ja nur Fußball", sollte das wohl übersetzt heißen. Damit hat er ein Lebensgefühl ausgedrückt.
Stepanovic war keiner, der aufgegeben hat, er hat nie seinen Optimismus verloren, er hat sich nie unterkriegen lassen. "Lebbe geht weider" war nicht sein einziger zur Berühmtheit gelangter Spruch. Ich erinnere mich auch an jenen: "Den schmeiß ich rein". Übersetzt: Diesen Spieler wechsele ich ein, überraschend. Unter anderem hat das mal einen gewissen Jay-Jay Okocha betroffen, Spieler der Frankfurter Amateurmannschaft. Nachdem Stepi ihn "reingeschmissen" hatte, war er fortan ein viel gefeierter Profi. So war Stepi, spontan, herzlich, aber fachlich auf der Höhe.
Training im Festzelt
Während andere Trainer zu seiner Zeit noch im Ballontrainingsanzug auf der Bank gesessen hatten, stand Stepi schon lässig im Anzug an der Seitenlinie. Stepi und der feine Zwirn, das hat zusammengehört. Am liebsten hatte er noch ein Zigarillo zwischen den Lippen. Da hat es gedampft. Nicht wie bei seinem ehemaligen Trainer Gyula Lorant, der ja die Zigarre bevorzugt hatte, aber eben ein bisschen mit dem Zigarillo. "Die Spiele sind die Festtage", hat er mal gesagt. Dass die Eintracht mit ihm die größte Chance auf den Titel damals verpasst hat, nahm ihm keiner übel.
Stepanovic auf seine Sprache, den Anzug, das Zigarillo oder die Sprüche zu reduzieren, wäre nun wirklich zu einfach. Er war ein innovativer Trainer. Er hat den Stars der Zeit, Manni Binz und Uwe Bein, Andy Möller und Tony Yeboah, freien Lauf gelassen, er hat sie in kein taktisches Konzept gepresst, er hat Fußball spielen lassen, im Sinne des Wortes. Und er hatte Ideen. Im Winter hat die Eintracht in einem Zelt trainiert. Als Stepi dies angekündigt hat, gab es erstmal nur Kopfschütteln. Es war damals 1991/92, ein Winter mit viel Kälte, mit hart gefrorenen Böden. Von einer Rasenheizung konnte die Eintracht am mehr alt- als ehrwürdigen Riederwald nur träumen. Auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Römer, in der Bude von Eintracht-Fan Eddy Hausmann, ist Stepi dann die rettende Idee gekommen. "Du könntest uns doch ein Zelt aufstellen", hat er gesagt. Gesagt getan.
Hausmann, der König der Festzelte, stellte am Riederwald ein Zelt auf, fast so groß wie ein Fußballplatz. Ein Wärmegebläse taute zunächst den Boden auf, sorgte dann für angenehme Temperaturen. Es konnte auf weichem Boden trainiert werden. Zwar nicht bei besten Bedingungen, denn hohe Flanken und weite Bälle waren durch die eingeschränkte Höhe des Zeltes ausgeschlossen. Aber immerhin. Sogar ein Freundschaftsspiel wurde im Zelt ausgetragen. Eigentlich sollte die Eintracht in Aschaffenburg spielen, doch der Platz am Schönbusch war vereist. Also hat man die Viktoria ins warme Zelt eingeladen. 20 Zuschauer durften damals zuschauen. Die Wochen danach hatten gezeigt: Alles richtig gemacht, Herr Stepanovic. Die Eintracht war gut vorbereitet, marschierte durch die Liga. Bis zum letzten Spiel ...