26.07.2023
Historie

„Du musst zurück zur Eintracht!“

Karl-Heinz Körbel berichtet, wie der seit Mittwoch 70-jährige Felix Magath als Eintracht-Trainer „maßgeblichen Anteil“ daran hatte, dass der Bundesligarekordspieler nach Frankfurt heimfand.

Kaum jemand war als Spieler und Trainer kumuliert so erfolgreich wie Felix Magath. Europameister, Sieger im Landesmeisterpokal mit dem Goldenen Tor, sechs Mal Deutscher Meister, zwei Mal DFB-Pokalsieger, Trainer des Jahres – seine Vita ist gespickt mit Titeln und Pokalen – und das nicht allein wegen seiner rund zweieinhalbjährigen Amtsperiode beim FC Bayern München. Mit der Eintracht holte Magath zwischen Weihnachten 1999 und Januar 2001 als Cheftrainer zwar keinen Titel, sorgte aber nach einer furiosen Aufholjagd in der Rückrunde für den kaum noch für möglich gehaltenen Klassenerhalt 1999/2000.

Die Eintracht rettete sich am letzten Spieltag durch ein 2:1 gegen den SSV Ulm, in der Rückrundentabelle belegten die Adlerträger Rang drei. Jan Aage Fjörtoft, in dieser Zeit Spieler bei der Eintracht, fasste es einst in zwei unabhängig voneinander ausgesprochenen Statements so zusammen: „Magaths Training ist wie ein Zahnarzttermin. Man fürchtet sich vorher, aber danach fühlt man sich besser“ und „Ich weiß nicht, ob Felix Magath die Titanic gerettet hätte. Aber die Überlebenden wären topfit gewesen“.

Ich habe sofort Du gesagt.

Jan Aage Fjörtoft

Besonders an die erste Mannschaftssitzung unter Magath im Trainingslager kann sich Fjörtoft noch gut erinnern. „Er hat in seinem Tee gerührt und Torte gegessen, wie immer. Dann hat er erst Uwe Bindewald und dann Thomas Zampach gefragt, was sie hier eigentlich machen. Dann war ich dran. Ich sagte: ‚Ich bin eigentlich Stürmer. Aber weil ich zu wenig Tore geschossen habe, ist der alte Trainer jetzt weg und du bist da.‘ Ich habe sofort Du gesagt“, schmunzelt Fjörtoft heute und denkt an Magaths strengen Führungsstil, harte Einheiten und einen gemeinsamen Lehrmeister: Österreichs Trainerikone Ernst Happel, der Magath beim HSV coachte und auch Einfluss auf Fjörtoft („ein großartiger Trainer“) hatte, der zu Happels Zeit als Nationaltrainer Österreichs bei Rapid Wien spielte.

Magath bezeichnete jene Formsteigerung der Adlerträger bis zum Gewinn der Titel nach der Jahrtausendwende mit den Bayern und auch dem VfL Wolfsburg 2009 als „größte Leistung meiner Trainerkarriere“.

Fast noch größer scheint der Verdienst für die Eintracht bei der Personalie Karl-Heinz Körbel zu sein. Aus heutiger Sicht unvorstellbar: Körbel, der 1972 für die Eintracht in der Bundesliga debütierte, über 700 Pflichtspiele für den Verein absolvierte und im Anschluss Trainer in verschiedenen Bereichen war, war einst gedanklich und auch physisch weit weg von Frankfurt. Er lebte in Timmendorf, seine Cheftrainerjobs in Lübeck und Zwickau lagen hinter ihm, die 100-Jahr-Feier der Eintracht fand ohne ihn statt. Da passierte in einem Restaurant in Niendorf Wegweisendes. Mittendrin war: Felix Magath. Karl-Heinz Körbel berichtet:

„Felix und ich hatten beide keinen Job und haben uns öfter in der Fischkiste in Niendorf getroffen. Die Eintracht war zu dieser Zeit kein Thema für mich. Er sagte aber: ‚Du musst zurück zur Eintracht, das ist dein Verein!‘ Dann ist Felix bei der Eintracht Trainer geworden. Er rief mich an und meinte: ‚Jetzt ist es so weit, du musst zurückkommen.‘ Also überlegten wir, was ich überhaupt machen könnte. Felix meinte, ich könnte im Scouting arbeiten. Dort war nur Olaf Janßen tätig. Das Einzige, was sie hatten, war das kicker-Sonderheft.“

Felix Magath hatte aber maßgeblichen Anteil daran, dass ich wieder zur Eintracht kam.

Karl-Heinz Körbel

Körbel weiter: „Ich bin zu Uli Hoeneß nach München geflogen und habe ihm erzählt, dass ich ein Angebot von der Eintracht habe und ihn um Rat gebeten. Uli sagte ganz klar: Du musst das machen, du bist für die Eintracht das, was Beckenbauer für uns bei den Bayern ist. Er hat mir Wolfgang Dremmler vorgestellt, damals schon langjähriger Chefscout bei den Bayern. ‚Du erklärst Karl-Heinz, wie das funktioniert‘, sagte er zu Wolfgang. Ich fing als Scout an, holte unter anderem Ralf Weber ins Team und beobachtete Spieler – unter anderem Markus Krösche.“ Sachen gibt’s.

Felix Magath (r.) gab den Anstoß, Uli Hoeneß verglich Karl-Heinz Körbel sodann mit Franz Beckenbauer (l.).

„Wir holten dann unter anderem Cheftrainer Willi Reimann, mit dem wir wieder in die Bundesliga zurückkehrten. Das war meine Rückkehr zur Eintracht. Mit Felix habe ich gar nicht mehr richtig zusammengearbeitet, weil er dann schon wieder entlassen worden war. Er hatte aber maßgeblichen Anteil daran, dass ich wieder zur Eintracht kam.“ Danke Felix!

Wie Körbel, unter anderem als Leiter der Traditionsmannschaft und der Fußballschule, die er selbst gründete, nicht mehr wegzudenken ist, zählt auch Magath seit Jahrzehnten zum festen Inventar der deutschen Fußballszene, war zuletzt unter anderem Leiter von FLYERALARM Global Soccer und rettete Hertha BSC in der Schlussphase der Saison 2021/22 vor dem Abstieg – durch eine gewonnene Relegation gegen seinen Herzensverein Hamburger SV.

An diesem Mittwoch rundet Felix Magath zum siebten Mal. Die Eintracht-Familie wünscht alles Gude zum 70sten Geburtstag!