08.07.2022
Team

„Dürfen uns nicht ausruhen“

Oliver Glasner rekapituliert die ersten zwei Trainingswochen, schildert seine Eindrücke und erklärt die Hintergründe zum Strohhut auf Mallorca.

Oliver, am Wochenende geht es ins Trainingslager nach Windischgarsten. Wichtigste Frage: Kommt der Strohhut aus Mallorca mit?
Ich weiß gar nicht, wo der herumliegt. Genau einen Tag lang hat er mir gedient, dann ist er verschwunden. Wir sind mit dem Taxi zum Bierkönig gefahren und ich glaube auf den ersten zehn Metern gab es zehn Fotowünsche, da habe ich gesagt, ich brauche einen Hut, sonst komme ich gar nicht mehr von den Fotos weg. Er hat mir ein bisschen Anonymität gegeben.

Jetzt sind die Feierlichkeiten vorbei. Fährt man dennoch immer wieder aufgrund des Geleisteten mit einem guten Gefühl zur Arbeit?
Ich fahre immer mit einem guten Gefühl zur Arbeit. Natürlich tauchen immer wieder Erinnerungen auf, über die wir uns austauschen. Aber der Fokus liegt schon wieder auf der neuen Saison und der Vorbereitung. Ich bin im gesamten vergangenen Jahr mit viel Freude zur Arbeit gefahren. Wir haben eine super Stimmung sowohl im Verein als auch im Betreuerteam und in der Mannschaft. Auch in den Phasen, in denen es mal nicht so gut lief. Das ist eine Basis, um dann gemeinsam erfolgreich zu sein.

Vom ersten Trainingstag an voll bei der Sache: Chefcoach Oliver Glasner.

Wird man immer wieder auf den Europapokalsieg angesprochen?
Bei der Arbeit wird man nicht mehr so oft darauf angesprochen. Für uns sind die täglichen Aufgaben das Vorrangige. Bei jedem Medientermin werde ich jedoch darauf angesprochen. Ich glaube, dass es für uns wichtig ist, jetzt diesen Switch zu schaffen. Wir dürfen uns freuen und auf das Geleistete stolz sein. Aber darauf dürfen wir uns nicht ausruhen, sondern jetzt heißt es wieder Frische zu bekommen, Abläufe zu festigen und uns wieder zu steigern. Und Spieler zu integrieren, das ist Aufgabe genug. Da bedarf es von jedem Einzelnen die volle Aufmerksamkeit und Energie. Wenn wir zu den Testspielen fahren, werden wir gefeiert und fühlen uns wohl. Auf dem Platz ist es das genaue Gegenteil. Alle Gegner wollen gegen den Europapokalsieger gewinnen. Die Gegner sind noch motivierter. Das bedeutet für uns im Umkehrschluss, nochmal eins draufzupacken.

Zwei Wochen Vorbereitung auf die neue Saison sind rum. Wie zufrieden bist du?
Sehr zufrieden. Es sind nun in der zweiten Woche die Nationalspieler zurückgekommen, mit Kevin Trapp und Filip Kostic am Donnerstag die Letzten. Die Spieler sind fit. Ab und zu zwickt es auch mal, aber das ist in der Vorbereitung ganz normal. Wir haben viele neue Spieler schon frühzeitig im Kader gehabt und jede Trainingseinheit hilft. Jetzt gilt es in den nächsten Wochen, uns als Gruppe kennenzulernen und die neuen Spieler ins System zu integrieren, sodass alle ein Gefühl füreinander bekommen. Da ist die Trainingsarbeit ganz wichtig.

Louis van Gaal hat mal gesagt: „Ich brauche nicht die elf besten Spieler, sondern ich brauche die beste Elf.“

Cheftrainer Oliver Glasner

Haben die Neuen schon die Ansätze gezeigt, weshalb man sie geholt hat?
Natürlich hat man das gesehen. Aber das eine ist das Individuum und mir geht es vor allem um die Mannschaft. Wir wollen von jedem Spieler die Stärken in unser System integrieren, um dann Profit daraus zu schlagen. Die Spieler, die wir geholt haben, haben schon gezeigt, wieso wir sie geholt haben. Aber Louis van Gaal hat mal gesagt: „Ich brauche nicht die elf besten Spieler, sondern ich brauche die beste Elf.“ Und genau das ist nun unsere Aufgabe im Trainerteam, die Besten zu finden.

War es zu erwarten, dass von den Stammkräften noch alle da sind?
Wir haben noch eine lange Transferzeit. Daher traue ich mich heute noch nicht zu sagen, dass das so bleiben wird. Aber was mir als Trainer richtig gut gefällt ist, dass die Spieler, die schon halb weggeschrieben wurden, mit totalem Engagement bei der Sache sind. Evan Ndicka, der seit dem ersten Tag hier ist, ist im Training und in den Testspielen bereits in einer sehr guten Verfassung. Es ist mir wichtig, dass jeder das Beste gibt, solange er hier ist. Da bin ich bisher sehr zufrieden.

Wir machen alle Trainingseinheiten öffentlich, also kann man bei uns auch immer zusehen.

Cheftrainer Oliver Glasner

Die Transferzeit geht bis zum 31. August, also über den Saisonstart hinaus. Bedeutet das, immer in der Schwebe zu sein?
Ich mache mir keine Gedanken darüber, weil es jedem Trainer so geht. Es ist Teil unseres Jobs und ich mache mir nicht jeden Tag Gedanken, ob jeder noch da ist, sondern ich bereite ich mit allen Spielern vor, als gingen wir mit ihnen in die Meisterschaft. Sollte ein Spieler gehen, hat er uns aber in der Phase geholfen und für ihn ist es auch gut, weil er dann top vorbereitet zu einem neuen Klub geht.

In welcher Grundordnung willst du spielen?
Prinzipiell finde ich, dass die Grundordnung überbewertet wird. Ich kann ganz viele Spielszenen zeigen, in denen wir plötzlich nur noch eine Viererkette sind. Zum Beispiel, wenn Filip Kostic sehr hoch spielt, haben wir eine Viererkette. Manchmal, wenn ein Sechser hoch geht, formt sich aus der 3-4-3-Grundordnung ein 3-5-2. Wir haben Situationen, wo sich ein Sechser rausfallen lässt und die beiden hochgehen und wir wieder eine Viererkette haben. Ich denke, dass das völlig zweitrangig ist, sondern dass es wichtig ist, welche Verhaltensweisen wir haben, wie wir im und gegen den Ballbesitz agieren wollen, was wir machen, wenn wir den Ball gewinnen oder verlieren. Dann ist es völlig unwichtig, welche Grundordnung wir haben.

Im nächsten Testspiel geht es gegen den LASK. Ein Verein, den du vor ein paar Jahren von der Zweiten Liga in die nationale Spitze geführt hast. Ist es ein besonderes Spiel für dich in Linz?
Es waren vier super erfolgreiche und schöne Jahre dort. So, wie es immer ist in so einer langen Zeit, hatten wir auch Tiefen, zum Beispiel ein ganz bitteres Pokalaus. Aber wir sind in der Zweiten Liga gestartet und haben uns innerhalb von vier Jahren den Vizemeistertitel geholt. Viele Spieler, die über die ganze Zeit dort waren, sind immer noch da und mit denen habe ich noch Kontakt. Deswegen ist es schon ein besonderes Spiel. Aber es ist ein Testspiel, in dem wir gewisse Sachen ausprobieren wollen.

Cheftrainer Oliver Glasner im Gespräch mit Neuzugang Mario Götze.

Sehen wir am Samstag das Debüt von Mario Götze?
Ich dachte, dass es schon in Aschaffenburg soweit ist. Er trainiert seit Mitte der Woche voll mit und wenn nichts mehr dazwischenkommen sollte, dann gibt es das Debüt in Linz.

Trainingslager in Österreich sind sehr beliebt und die Fans wollen da gerne mit hinfahren. Kannst du den Fans sagen, was in Oberösterreich besonders schön ist?
In Windischgarsten, wo wir sein werden, hast du Berge und Seen. Du hast eigentlich alles, was du brauchst. Du bekommst gutes Essen, gute Unterkünfte. Wir machen alle Trainingseinheiten öffentlich, also kann man bei uns auch immer zusehen. Nett sollen wir Österreicher auch sein, deshalb spricht nichts dagegen, dass uns viele Fans begleiten.

Was passt in Windischgarsten für den Trainer und die Mannschaft?
Nummer eins ist der Zustand des Platzes. Nummer zwei sind die Testspielgegner, die wir vor Ort vorfinden. Nummer drei ist die Nähe des Platzes zum Hotel. Da haben wir in Österreich top Hotels, die nicht allzu weit weg sind und die Eintracht kennt bereits die Unterkunft, weil sie bereits häufiger dort war. Das Gesamtpaket hat es gemacht.

Wo legst du Schwerpunkte?
Unsere Schwerpunkte sind eigentlich immer gleich. Wir üben, wie wir vorne angreifen wollen und wie wir hinten organisiert sind. Positionierung, Konter, Angriff, alles. Auch das physische Training, weil wir sehr intensiv trainieren. Mit dieser Intensität holen wir uns die konditionellen Voraussetzungen.

Muss man irgendetwas gegen Lagerkoller tun?
Am Samstag haben wir unser Spiel, deshalb trainieren wir am Sonntag nur einmal und werden am Nachmittag raften gehen, wenn das Wetter halbwegs mitspielt. Danach haben wir 14 Tage keinen freien Tag, bis auf Mittwochnachmittag. Ansonsten haben wir jeden Tag von der Früh bis spätabends alles durchstrukturiert.