22.06.2024
International

„Ein bisschen wie ein Heimspiel“

Barnetta, Güntensperger, Huggel, Schwegler, Seferovic und Sow blicken auf #SUIGER in Frankfurt und sprechen über die „sehr besondere EM“ im Nachbarland.

Die UEFA EURO in Deutschland ist zwei Spieltage jung. Am Sonntagabend messen sich im Frankfurter Stadtwald die Schweiz und Deutschland. Der EM-Gastgeber ist mit sechs Zählern wunschgemäß ins Turnier gestartet und steht vorzeitig im Achtelfinale.

Auch die Schweiz scheint mit vier Punkten so gut wie durch. Die DFB-Elf wäre mit einem Punkt sicher Gruppensieger.

Sechs ehemalige Eintracht-Schweizer schätzen die Chancen der Nati wie der DFB-Elf ein, erinnern sich an eigene Turniererlebnisse und ziehen Vergleiche zu 2006.

Tranquillo Barnetta, Urs Güntensperger, Benjamin Huggel, Pirmin Schwegler, Haris Seferovic und Djibril Sow über ...

... die EM-Teilnahme im Nachbarland

Barnetta: Die ganze Schweiz freut sich, dass die EM so nah ist und dass die Unterstützung für die Mannschaft in den Stadien riesengroß ist. Wir durften das bei der WM 2006 schon erleben. Das waren wirklich fast Heimspiele, weil so viele Schweizer Fans da waren. Deshalb war es für uns auch ein Glück, dass die EM so nah ist.

Tranquillo Barnetta bejubelt 2006 sein WM-Tor zum 2:0 gegen Togo.

Güntensperger: Der vergleichsweise kurze Anreiseweg für die Schweizer ist sicher ein Vorteil und von großer Bedeutung. Köln, Stuttgart, Frankfurt – alles innerhalb von vier bis fünf Stunden aus Zürich erreichbar. Der Flughafen ist nicht weit weg vom Stadion. Man merkt schon, dass die Euphorie größer ist, weil die EM in der Nähe ist.

Huggel: Es fühlt sich schon ein bisschen wie ein Heimspiel an, vor allem wenn man im Nachbarland so ein tolles Turnier bestreiten darf. Hoffen wir mal, dass auch in Frankfurt sehr viele Schweizer im Stadion sein werden.

Schwegler: Die kurzen Anreisewege sind natürlich ein riesiger Vorteil. Die Schweizer sind insgesamt ein reiselustiges Volk und auf Turnieren egal wo auf der Welt immer gut vertreten. Ähnlich wie bei der WM 2006 ist eine Vielzahl an Schweizern in den Stadien und sorgen für eine großartige Stimmung.

Seferovic: Die Bedeutung ist enorm, weil Deutschland ein sehr fußballbegeistertes Land ist und aufgrund der räumlichen Nähe viele Fans anreisen können. Einen Heimvorteil sehe ich zwar nicht, aber ich erwarte trotzdem viele Schweizer im Stadion. Es werden genügend Fans dabei sein, die dem Team Kraft geben.

Sow: Für uns ist es eine sehr besondere EM, da sie direkt im Nachbarland stattfindet. In den ersten Spielen hat man den unglaublichen Support gleich gespürt.

... die sportliche Ausgangslage

Barnetta: Am Sonntag wird es sicherlich ein spannendes Spiel. Ich freue mich drauf. Beide Mannschaften sind gut ins Turnier gestartet. Deutschland ist schon durch und die Schweiz so gut wie. Deshalb hoffe ich auf ein offenes und spannendes Spiel, in dem beide Offensivreihen sehr viel Dampf machen werden und sich ein tolles Spiel entwickelt.

Güntensperger: Ich habe die deutschen Auftritte verfolgt und muss sagen: Für uns muss einiges zusammenpassen, um die DFB-Elf zu bezwingen. Ich hoffe wenigstens auf einen Punkt. Je nach Spielverlauf kann man argumentieren, einfach nicht zu hoch verlieren zu wollen. Andererseits: Ein frühes Tor und alles ist möglich. Qualitativ ist Deutschland klar im Vorteil. Auf einen Sieg für Deutschland zu tippen, lässt mein Herz aber nicht zu. Der Schweiz drücke ich die Daumen – und sollte sie ausscheiden, natürlich Deutschland. Mit einem 2:2 wäre ich zufrieden. Dann hätten wir vier Tore gesehen.

Deutschland ist für mich zusammen mit den Spaniern Favorit auf den Titel.

Benjamin Huggel

Huggel: Ich hoffe natürlich, dass die Schweiz den Gruppensieg holt, muss aber auch zugeben, dass Deutschland der Favorit ist und wahrscheinlich die Gruppe gewinnen wird. Denn die Schweiz müsste gewinnen, das wird schwer genug. Deutschland ist für mich zusammen mit den Spaniern Favorit auf den Titel.

Schwegler: Die Schweizer werden durchaus auf Sieg spielen. Für Deutschland hat es aber auch eine hohe Bedeutung. Beide Mannschaften werden sicherlich auf den Gruppensieg gehen, von daher erwarte ich ein intensives und tolles Spiel. Ich freu mich drauf.

Seferovic: Ich erwarte, dass Deutschland Erster wird und die Schweiz auf Platz zwei landet. Einen alleinigen Titelfavoriten sehe ich nicht, das ist schwer. Deutschland, England oder Frankreich rechne ich die größten Chancen zu.

Sow: Schweiz gegen Deutschland waren in den vergangenen Jahren immer offene und intensive Duelle. Deswegen gehe ich auch diesmal von einem engen Spiel aus. Trotzdem denke ich, dass Deutschland die größeren Chancen auf den Gruppensieg hat und definitiv auch einer der Favoriten auf den Titel ist neben Frankreich, England und Spanien. Mein Tipp wäre ein 2:2 und beide qualifizieren sich.

... persönliche Turnierhighlights

Barnetta: Das WM-Spiel 2006 mit der Schweiz gegen Togo in Dortmund war eines der schönsten Erlebnisse meiner Karriere. Da war nicht nur das halbe, sondern das ganze Stadion voll mit Schweizer Fans. Kurz vor Schluss durfte ich auf die legendäre Südtribüne ein Tor erzielen, wo mehr als 20.000 Schweizer dahinterstanden. Ein spezielles und unvergessliches Erlebnis.

Güntensperger: Ich werde mich immer wieder dafür bedanken, wie sehr die Eintracht-Fans damals hinter uns gestanden haben – auch in schwierigen Zeiten. Die Unterstützung war und ist keine Frage der Ligazugehörigkeit. Das kannte ich aus der Schweiz nicht, wo ich denke, die Leute gehen zum Jubeln in den Keller (lacht). Bei uns braucht es etwas mehr, um aus uns rauszukommen. Vielleicht ja ein EM-Titel.

Erstes Gruppenspiel bei der WM 2010: Die Eidgenossen mit Benjamin Huggel stellen dem späteren Weltmeister Spanien um Xabi Alonso ein Bein.

Huggel: Ich durfte bei drei großen Turnieren dabei sein: 2004 in Portugal, bei der Heim-EM 2008 und 2010 Südafrika. Das erste WM-Spiel gegen Spanien war einmalig, als wir den späteren Weltmeister – was wir zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht wissen konnten – 1:0 geschlagen haben. Danach haben die Spanier alles gewonnen. Die Schweiz dagegen konnte davor noch nie gegen Spanien gewinnen. Deshalb war dieser Tag gewissermaßen historisch für uns. Heute freue ich mich, in anderer Funktion dabei zu sein [Experte für den Schweizer TV-Sender SRF; Anm. d. Red.].

Schwegler: Die WM 2010 in Südafrika durfte ich als Kadermitglied der Schweizer Nationalmannschaft selbst erleben. Das waren unvergessliche Momente! Die WM 2006 in Deutschland habe ich als Zuschauer in vollen Zügen genossen und stachelte mich für die eigenen Karriereziele enorm an.

Doppelpacker gegen Frankreich 2021: Haris Seferovic.

Seferovic: Ich weiß noch, als wir Frankreich geschlagen haben [5:4 n. E. im EM-Achtelfinale 2021; Anm. d. Red.]. Diese Gefühle kann man nicht beschreiben. Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen, wie ich die zwei Tore mache und die Ekstase darum herum. Solche Turniermomente sind speziell.

Sow: Meine erste EM war auch speziell während der COVID-Zeit. Was mich trotz alledem am meisten beeindruckt hat, war die Wirkung, ein ganzes Land mitreißen zu können, wenn man erfolgreich und leidenschaftlich spielt. Das macht in meinen Augen solch ein Turnier aus.