19.12.2021
Bundesliga

Ein Tor mit Symbolcharakter

Wieso die Ablage von Borré auf Lindström von höherer Bedeutung ist und warum Seppl Rode der „Comebacker“ des Spiels ist.

Einordnung: Aufwärtstrend unverkennbar

Noch vor wenigen Wochen hatte Oliver Glasner davon gesprochen, dass bis Weihnachten keine großen spielerischen Fortschritte abzusehen seien und er diese im Januar und Februar erwarte, wenn der Spielplan mehr Trainingszeit als zuletzt zulasse. Das Resultat der vergangenen Wochen kann sich jedoch sehen lassen: sechs der vergangenen sieben Bundesligaspiele gewonnen, den Gruppensieg in der UEFA Europa League klargemacht – und die Mannschaft hat sich auch fußballerisch verbessert.

Gegen Mainz drückte sich dies in einer überlegenen ersten Halbzeit aus, in der die Adlerträger 65 Prozent Ballbesitz verzeichneten und den Gegner, immerhin ebenso mit breiter Brust angereist, nicht zur Entfaltung kommen ließen. Nach der Pause lief mehr über den Kampf, der Sieg war letztlich verdient und die Punkte 25 bis 27 der Lohn. Übrigens: Zum fünften Mal in den vergangenen sechs Spielzeiten beendet die Eintracht die Hinserie mit 26 oder mehr Punkten.  

Geschichte des Spiels: Ein Tor als Symbol

Die 35. Minute gegen Mainz. Rafael Borré läuft mit Ball auf das Tor zu, sieht nur noch Robin Zentner vor sich. Ervin Skela am Mikrofon von EintrachtFM sagt nach der Szene: „80 Prozent der Stürmer hätten ihn selber gemacht.“ Doch nicht Rafael Borré, der Kilometer in der Höhe eines Mittelfeldspielers abspult. Der Kolumbianer legt quer auf den besser postierten Jesper Lindström, der keine Mühe mehr hat, sein viertes Tor in den vergangenen sechs Bundesligaspielen zu erzielen.

Kleine Geste, große Symbolik: Der nimmermüde Rafael Borré rackert und ackert für seine Mitspieler – und legt zudem völlig selbstlos zum besser postierten Nebenmann ab, wenn er frei vor dem Tor steht. Beide Daumen hoch!

Das Tor ist ein Symbol für die mannschaftliche Geschlossenheit der Eintracht. Oliver Glasner sagte dazu in der Pressekonferenz: „Alle Spieler waren immer da für die Mannschaft und für Eintracht Frankfurt. Das ist der wahre Schlüssel.“ Er lobte damit ausdrücklich auch die Spieler im Eintracht-Kader, die notgedrungen auch mal auf der Bank oder der Tribüne Platz nehmen mussten. Die Frankfurter Rundschau fasst es wie folgt zusammen: "Die herausragende Mentalität, der bemerkenswerte Teamspirit und der eiserne Wille – das sind die Faustpfänder."

Comeback des Spiels: Sebastian Rode

Erstmals in der Bundesliga unter Oliver Glasner Kapitän und in der Startelf: Sebastian Rode.

Kristijan Jakic konnte verletzungsbedingt nicht, also rückte Sebastian Rode erstmals seit dem ersten Pflichtspiel der Saison in Mannheim in die Startelf. Eine Parallele übrigens zur Partie in Bochum, als Rode in seinem erst zweiten Spiel nach seiner Verletzung bereits zur Halbzeit eingewechselt wurde, weil eben Jakic in der Kabine bleiben musste. Seine Rückkehr in die erste Elf bedeutete, dass er erstmals seit seiner offiziellen Ernennung zum Kapitän auch als solcher seine Mannschaft aufs Feld führte. Mit seinem Pass in die Schnittstelle zu Rafael Borré, der dann zu Torschütze Jesper Lindström ablegte, sorgte er vor der Pause für den spielerischen Glanzmoment. Den Ball hatte übrigens Makoto Hasebe erobert, der am Samstag sein 200. Bundesligaspiel für Eintracht Frankfurt absolvierte.

Das schreiben die Medien: „Advents-Wahnsinn“

Angesichts von neun Punkten innerhalb von sechs Tagen spricht die BILD-Zeitung von „Advents-Wahnsinn“ bei der Eintracht. hessenschau.de hat eine „konzentrierte Eintracht“ gesehen, während die FAZ den Sieg der Adlerträger – wie alle anderen Medien auch – als „verdient“ bezeichnete – hierfür aber hauptsächlich die Leistung der Gäste als Hauptgrund nannte, denn den „hohen Erwartungen“ sei das Geschehen „insbesondere in der ersten Halbzeit nicht gerecht“ geworden. Insgesamt auf die vergangenen Wochen gesehen schrieb die Frankfurter Rundschau schon vor dem Spiel über eine "erstaunlichen, ja fast wundersamen Entwicklung" von dem "höchst schmeichelhaften 1:1 gegen Leipzig" bis hin zur aktuellen Form der Adlerträger. 

Ausblick: Glasner lässt sich nicht locken

Er sei ein gebranntes Kind, erzählte Oliver Glasner auf der Pressekonferenz. Auf Rang vier sei er mal als aktiver Spieler in die Winterpause gegangen, jeder habe nur von Europa gesprochen. „Und dann sind wir abgestiegen“, sagte der Österreicher. Daher freue er sich über die 27 Punkte, aber noch mehr, „wenn ich die Jungs spielen sehe und sehe, wie wir uns weiterentwickeln. Ich habe mich daher direkt nach dem Spiel bei meinen Spielern bedankt, dass sie immer mitgezogen haben und immer offen waren für unseren Input. Ich weiß, dass man Siege braucht, damit Spieler weiter zuhören. Ich habe vieles gesehen, was wir besser machen können. Aber heute überwiegt mein Lob. Die Spieler dürfen jetzt zehn Tage Fußball Fußball sein lassen, das haben sie sich verdient.“