Verläuft der Werdegang von Robin Koch in Frankfurt vergleichbar zu seiner Entwicklung in Trier, das Eintracht-Glück wäre zum zweiten Mal perfekt. Ehe der heute 26-Jährige über Kaiserslautern, Freiburg und Leeds im Herzen von Europa aufschlug, ging der gebürtige Pfälzer einen Weg, der ihn von den allermeisten seiner Generation unterscheidet.
Ein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen hat Koch nie, sich stattdessen über die C-Jugend des SV Eintracht Trier bis zur zweiten und schließlich ersten Mannschaft in der Regionalliga hochgearbeitet. 2015 folgte die Rückkehr zum 1. FC Kaiserslautern, für die Roten Teufel hatte Koch in ganz jungen Jahren bei den Bambini dem Leder hinterhergejagt. Über die U23 empfahl sich Frankfurts Neuzugang 2016 mit 20 Jahren für den ersten Profivertrag. Verändert haben sich bis dahin nicht nur Statur und Standing, sondern auch das Positionsprofil.
Vom „tödlichen Pass“ zum Abwehrass
Kochs ausgeprägtes technisches Geschick stand schon an der Mosel außer Frage, der Papa attestierte dem Sohnemann nicht weniger als die Gabe des „tödlichen Passes“, ein unterm Adlerdach gern gehörtes Attribut. Entsprechend war der Teenager vor allem im zentralen Mittelfeld, seiner damals selbsternannten Lieblingsrolle, gefragt.
Wenn andere Feierabend hatten, bin ich mit dem Zug eine Stunde zum Training gependelt. Und musste dort Extraeinheiten absolvieren, weil der Rest des Teams schon morgens trainiert hatte.
Robin Koch
Doch Reinhold Breu, seinerzeit Jugendkoordinator, erkannte 2011 auch Nachholbedarf im Zweikampfverhalten, steckte Koch zur persönlichen Förderung in die Abwehr. Eine Fortbildung wider Willen, die der damalige Realschüler aber so ernst nahm wie seine Ausbildung, wodurch er als Abwehrmann, vornehmlich auf den defensiven Außenbahnen, nicht nur den Übergang in die Regionalliga packte, sondern auch parallel die Lehre zum Industriekaufmann abschloss.
„Wenn andere Feierabend hatten, bin ich mit dem Zug eine Stunde zum Training gependelt. Und musste dort Extraeinheiten absolvieren, weil der Rest des Teams schon morgens trainiert hatte“, erinnerte sich Koch einst im Gespräch mit dem SPIEGEL.
Ein Defensivallrounder
Vielseitigkeit bewies Koch beim FCK vornehmlich auf dem Platz. Im Unterbau ebenfalls mehr auf den Seiten benötigt, war er in der Zweiten Bundesliga in den meisten seiner 27 Einsätze im Zentrum gefragt.
Eine Spielzeit genügte, um das deutsche Oberhaus auf sich aufmerksam zu machen. Den Zuschlag erhielt der SC Freiburg. Christian Streich nahm die Allrounder-Fähigkeiten Kochs mit Kusshand, bot ihn in den ersten zwei Jahren wesentlich häufiger auf der Sechs als in der Verteidigung auf, auch um Kochs Stärken im Umschaltspiel sowie Ruhe im Spielaufbau zur Geltung zu bringen.
2019 dann der Wechsel zum unumstrittenen Abwehrchef: Wettbewerbsübergreifend stehen 13 Partien im defensiven Mittelfeld 21 Begegnungen in der Innenverteidigung gegenüber.
Die Leistungen blieben auch den Verantwortlichen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) nicht verborgen. 2018 berief ihn Stefan Kuntz erstmals für die U21, mit der er an der Seite seines Breisgauer Teamkollegen und Ex-Adlerträgers Luca Waldschmidt bei der Europameisterschaft 2019 Silber holte.
Im Herbst desselben Jahres erfolgte der Anruf des damaligen Bundestrainers Joachim Löw, der ihn im Test gegen Argentinien just in die Zentrale der Dreierkette beorderte – zwischen die Frankfurter Eigengewächse Emre Can und Niklas Süle.
„Robin Koch hinten in der Abwehr war sehr stabil, war selbstbewusst, hatte eine gute Ausstrahlung. Er kam am Tag vorher zur Mannschaft und hat keine Anzeichen von Nervosität gezeigt“, lobte Löw hinterher.
Die Adler lagen in Dortmund zur Pause 2:0 in Front, nach 90 Minuten hieß es 2:2. Den Anschluss nach der Pause markierte übrigens Lucas Alario, fortan Vereinskollege Kochs am Main ...
Leader bei Leeds
International ging es auch in den vergangenen drei Jahren zu, nachdem Koch dem Ruf auf die Insel gefolgt war und sich 2020 dem Premier-League-Aufsteiger Leeds United Football Club angeschlossen hatte. Unter Marcelo Bielsa, dem argentinischen Trainerguru mit Hang zur kollektiven Attacke, avancierte Koch von Beginn an zur Defensivsäule und verzeichnete eine Passquote von im Schnitt 86 Prozent, ehe ihn nacheinander eine Knie- und Schambeinverletzung außer Gefecht setzten.
Fitness-Center in Krefeld
Vollends wiedergenesen, kämpfte sich der Fitnessfreund, der gemeinsam mit einem Personaltrainer ein Fitness-Center in Krefeld betreibt, zurück in die englische Eliteklasse und absolvierte 2022/23 36 von 38 Ligaspielen, davon 33 über die volle Distanz; in 19 Auftritten entschied der 1,91-Meter-Hüne mindestens vier Luftduelle für sich, in der Spitze bis zu sechs.
Gegenteilig lief es insgesamt für The Whites, die nach drei Jahren den Gang in die Championship antreten mussten. Robin Koch bleibt mit dem Transfer nach Frankfurt erstklassig, tauscht wappentechnisch den Pfau gegen den Adler. Dass er Eintracht kann, hat er schon bewiesen. Und seiner ganz speziellen Rezeptur seitdem noch mehr Würze verliehen.