10.12.2023
Bundesliga

Einer dieser Tage

Marmoush wie Hölzenbein, Knauff läuft allen davon, die Fünf als vielfacher Nenner und warum das 5:1 ein Jahrtausendergebnis ist. #SGEFCB kompakt.

„Selbst große Trainer, große Spieler sagen: Fußball ist manchmal nicht zur erklären! Wir waren auf verschiedene Szenarien vorbereitet. Aber sowas hätte keiner gedacht. Dass die Mannschaft so aus einem Guss spielt nach den letzten Wochen – fantastisch!“ Wenn selbst eine lebende Reporterlegende wie Fritz von Thurn und Taxis nach einem sportlichen Wettkampf, der aus Eintracht-Sicht einem Kunstwerk glich, nach Erklärungen sucht, muss Außergewöhnliches passiert sein. Nach dem 5:1-Sieg der SGE gegen den FC Bayern resümierte der 73-Jährige in „Drüber gebabbelt – die Spieltagsanalyse aus dem Deutsche Bank Park“: „Hohe Laufbereitschaft. Technisch super gespielt. Jeder ist jeden Meter gegangen. Das war flüssig von Beginn an. Die Bayern waren baff!“

Tatsächlich ließe sich jetzt ein Rezept zusammenschustern, wie und warum den deutschen Rekordmeister die erste Bundesliganiederlage der Saison und die geteilt höchste Pleite in diesem Jahrtausend ereilte: Kompaktheit, Konterstärke, Kaltschnäuzigkeit.

Alles schön und gut und in der Theorie sicher keine Erkenntnis, die die sportlich Verantwortlichen im Stadtwald exklusiv hätten. Entscheidend in jedem Fall war für alle Grundlegendes, gerade nach den vergangenen beiden Niederlagen in Augsburg und Saarbrücken, wie Dino Toppmöller ausführte: „Wir hatten unser 24. Spiel. In 22 davon sind wir ans Limit gegangen. Wir haben im Vorfeld nichts besonders anders gemacht, waren einfach gut vorbereitet. Dankeschön an dieser Stelle ans Analyseteam. Und die Jungs haben es am Ende mit Leben gefüllt!“

Zehn Kilometer mehr gelaufen

Stichwort Einsatzbereitschaft: 121 zu 111 gelaufene Kilometer standen am Ende des Fußballfests im Deutsche Bank Park auf dem Tacho der Hessen und Bayern, also zehn mehr. Pro Feldspieler im Schnitt einer!

Was FCB-Coach Thomas Tuchel angesichts einer errechneten Torwahrscheinlichkeit von 1,32 zu 2,08 noch mehr Rätsel bereitete: „Wenn man sieht, dass wir die Expected-Goals gewonnen haben, ist das nicht so einfach zu akzeptieren und zu analysieren. Dafür brauchen wir alle ein bisschen, weil es natürlich ein krasses Ergebnis ist.“ Stichwort Effizienz.

Aushilfssechser und Goalgetter: Hugo Larsson.

Woran es auch immer lag, dass die Adler drei Tage nach dem Pokalaus gegen den Drittligisten Saarbrücken den Brancheprimus vor vollendete Tatsachen stellten: Ob Spielanlage, Spielfläche oder Spieltag (das erste heimische Bundesligaspiel um 15.30 Uhr 2023/24) – eines der unergründlichen Rätsel der Fußballgeschichte.

Fakt ist allemal, dass das Bewusstsein, „leiden zu müssen“, wie Toppmöller im Vorfeld schilderte, die Bereitschaft erweckte, möglichst wenig Leid ertragen zu müssen. Eine Portion Extramotivation ist da sicher vorprogrammiert: Omar Marmoush berichtete, „zehn Kumpels aus der Heimat zu Besuch“ gehabt zu haben, die normal „nur Spiele von Bayern, Dortmund und so...“ schauen würden. Hugo Larsson beispielsweise reüssierte vor den Augen seines ehemaligen U19-Coachs aus Malmö, hielt in Abwesenheit des verletzten Ellyes Skhiri mit Mario Götze das Zentrum zusammen und stellte zwischenzeitlich auf 3:0.

Probier’s mal mit Geschwindigkeit

Wenige Beispiele, die das schnelle Spiel – im Vergleich zu den vergangenen Wochen auch die Schnelllebigkeit – veranschaulichen:

  • Ansgar Knauff feuerte nach knapp 30 Sekunden den ersten Warnschuss ans Außennetz und ist mit 35,1 Kilometern pro Stunde der bisher schnellste Spieler des 14. Spieltags in der Bundesliga.
  • Omar Marmoush holte sich für seine unermüdliche Defensivarbeit nicht nur die fünfte Gelbe Karte ab und ist nächste Woche in Leverkusen gesperrt, sondern traf auch zum fünften Mal in der Bundesliga für Frankfurt in der Anfangsviertelstunde. Der letzte Eintrachtler, dem das gelang, war Bernd Hölzenbein 1976/77.
  • Das zwischenzeitliche 3:0 nach 36 Minuten war die früheste Drei-Tore-Führung eines Bundesligisten gegen die Bayern seit Werder Bremen, das im Mai 2004 3:1 in München gewann.

Kleiner Schlenker zur Torflut: Als Bayern das letzte Mal fünf Gegentreffer kassierte, stand Dino Toppmöller anstelle des erkrankten Julian Nagelsmann an der Seitenlinie, der FCB unterlag im Oktober 2021 im DFB-Pokal bei Borussia Mönchengladbach 0:5.

Ausblick: Nicht abheben

Eben die Elf vom Niederrhein gastiert zum Jahresabschluss vor Weihnachten im Herzen von Europa. Zuvor sind die Hessen am Donnerstag beim Aberdeen FC und am Sonntag darauf bei Bayer 04 Leverkusen gefordert. Entsprechend wichtig ist Dino Toppmöller: „Den Sieg richtig einordnen und nicht abheben. Wir haben drei weitere schwere Spiele vor der Brust. Die Jungs dürfen das genießen, haben zwei Tage frei. Dann bereiten wir uns auf die nächsten Aufgaben vor.“ Für vielleicht den nächsten dieser Tage.