30.11.2018
UEFA Europa League

Eintracht international: Galoppieren statt marschieren

„Wir wollen durch die Gruppe marschieren“, heißt es Ende Mai bei der Präsentation Adi Hütters. Die Auslosung der UEFA Europa League hätte zum Bumerang werden können. Wurde es aber nicht.

Weil Mannschaft und Verein die Situation an-, die Fans mit- und ausnahmslos jeden Gegner ernstnahmen. Der Donnerstagabend bildete in dieser Hinsicht keine Ausnahme, obwohl die sportliche Brisanz dank tadelloser Vorarbeit aus den ersten vier Partien nicht auf allerhöchstem Niveau war. Und weil die Gäste von Olympique Marseille ihrerseits bereits ausgeschieden waren, ähnelte die Szenerie vor dem fünften Spieltag der vor einer Diskothek: Eine Location, der ein exzellenter Ruf vorauseilt, Vorhaben, die sich zwischen Nach-den-Sternen-greifen und Unversehrt-aus-dem-Aufeinandertreffen-hervorgehen bewegten und angesichts beidseitiger Rotationsmaßnahmen einige unerwartete Gesichter. Zur Einordnung der nächsten magischen Nacht sei daher angemerkt, dass der Vorjahresfinalist sicherlich den Fokus auf seine wichtige Ligapartie am Sonntag gelegt hatte. Auf diese Weise zu unterliegen stand jedoch gewiss nicht im Reiseprotokoll.

Gemeinsame Spitze

Die Ernsthaftigkeit der Hafenstädter hätte eigentlich gerade in der Aufstellung deutlich werden können, die sich auf dem Feld als eine Anordnung mit drei Innenverteidigern entpuppte – für die Franzosen alles andere als Usus und mit etwas Interpretationsspielraum Zeichen für den gestiegenen Respekt, den sich die Hessen in den vergangenen Monaten erarbeitet haben. Und schon in den ersten Sekunden untermauerten! Wie schon am vergangenen Samstag in Augsburg klingelte es in der ersten Minute im gegnerischen Kasten, Vorbereiter war mit Mijat Gacinovic bezeichnenderweise einer von gleich fünf frischen Spielern in „Adi’s Eleven“, die nach dem elften ungeschlagenen Spiel in Serie eine ganz neue Bedeutung erhält. Zumal nach dem fulminanten 4:0 in der imaginären Europatabelle der Top-Ten-Ligen die Eintracht im Betrachtungszeitraum der vergangenen zehn Partien mit 28 Punkten von der Spitze grüßt. Wenngleich der faktische nicht mehr zu nehmende Sieg in der Gruppe H sicher größere Wertigkeit besitzt.

Nach dem 1:0 wiederholten sich gewissermaßen so manche bekannte Europapokalmechanismen. Hatte gegen Apollon Limassol ein Fauxpas des gegnerischen Torhüters die Führung begünstigt, zwangen die wie wild anstürmenden Adlerträger Marseille vor und nach der Pause jeweils zu einem Eigentor. Unter bemerkenswerter Unterstützung des einmal mehr zwölften Manns auf den Rängen.

Denn sie wissen längst, was sie tun

Ohnehin tat es dem Eintracht-Muster kaum einen Abbruch, dass die etablierte Besetzung der Vorwochen zur Hälfte verändert war. Jetro Willems tauchte wider Erwarten auf der Sechserposition auf, eine Rolle, auf der er nach eigener Aussage „noch nie in einem Pflichtspiel agiert“ habe. Der deutliche von Luka Jovic besiegelte Endstand – der Youngster führt mit fünf Treffern nun auch die Torschützenliste in der UEFA Europa League an – kann freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Phasen der gnadenlosen Umklammerung auch Momente der Unachtsamkeit und Ungenauigkeit einschlichen, welche OM aber nicht bestrafen konnte, wozu auch Kevin Trapp einen beträchtlichen Anteil hatte und damit auch international erstmals nach seiner Rückkehr seinen Kasten sauber hielt. Beim zweiten Zu-null-Spiel in der Europa League, dem 2:0 gegen Limassol, hatte Frederik Rönnow das Tor gehütet.

Cheftrainer Hütter würde diese Reihe an Personalien endlos fortführen können: „Ich bin mit allen Spielern sehr zufrieden, alle haben eine gute Leistung gezeigt. Wir haben nicht alles richtig gemacht, aber dennoch sehr euphorisch nach vorne agiert.“ Und letzten Endes durch die Gruppe galoppiert, um es mit der ausnahmsweise getrennten Büffelherde zu nehmen. Denn sie wissen längst, was sie tun.