29.07.2025
International

„Eintracht ist eines der wichtigsten Zugpferde“

Vorstandssprecher Axel Hellmann schildert seine Eindrücke aus dem Trainingslager und spricht über die Zusammenarbeit mit dem LouCity FC und die Internationalisierung der Bundesliga.

Auf einer Pressekonferenz im Rahmen der ADIDAS U.S. TOUR spricht Vorstandssprecher Axel Hellmann unter anderem über …

… das Trainingslager: Ich bin nicht unmittelbar verantwortlich, was die sportlichen Belange angeht, kann also verstärkt hinschauen, zuhören und beobachten. Was mich wirklich beeindruckt, ist die Geschlossenheit der Gruppe und das Miteinander. Ich führe viele Gespräche. Nicht nur mit Markus Krösche, mit ihm bin ich sowieso regelmäßig im Austausch, sondern auch mit Dino Toppmöller, dem Trainerteam und dem Staff. Man lernt sich besser kennen. Natürlich interessiert mich sehr, wie die Rädchen ineinandergreifen. Vom Team um das Team habe ich einen super Eindruck. Es ist nicht mein erstes Trainingslager; diese unfassbare Zusammengehörigkeit hinsichtlich guter Umgangsformen, gutem Spirit und großer Leistungsbereitschaft sticht ins Auge. Selbst am Sonntag, eigentlich ein freier Tag, haben alle noch eine Krafteinheit eingeschoben. Wir stehen vor einer Champions-League-Saison, alle haben die Ambitionen, zu spielen und an Bord sein zu wollen. Das ist für den Klub etwas Großes und wirft seine Schatten voraus. Es wird hart trainiert, in Louisville werden unterm Strich neun Trainingseinheiten und zwei Testspiele stehen – das ist schon knackig. Insgesamt bin ich sehr happy. Und ein abergläubischer Aspekt: Das Trainingslager im vergangenen Jahr hat den Grundstein für eine super Saison gelegt – dieser Spirit macht hier die Runde.

… die Temperaturen in Louisville: Wir haben um die 35 Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit, das ist schon anstrengend. Unter diesen Bedingungen an die Grenzen und darüber hinaus zu gehen, fördert aber auch den Zusammenhalt und Spirit. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Trainingsarbeit unter den Temperaturen leidet, ganz im Gegenteil. In Deutschland ist es aktuell eher herbstlich; das ein oder andere Trainingslager in Österreich – was wir so mitbekommen – war auch sehr regnerisch.

… Louisville: Die Facilities sind auf absolutem Topniveau. Louisville steht auf der FIFA Priority Liste, um während der FIFA Weltmeisterschaft im kommenden Jahr ein Nationalteam zu hosten. Die Stadt ist keine US-amerikanische Weltmetropole, auch wenn hier mit UPS der weltgrößte Logistik-Hub angesiedelt ist. Aber sie bemühen sich unfassbar um perfekte Abläufe, alle Wünsche und Notwendigkeiten wurden und werden erfüllt. Sie wissen es sehr zu schätzen, dass wir hier sind.

Was wir sehen, ist der hier aufgehende Fußballmarkt, das ist eine einmalige Geschichte.

Axel Hellmann über Fußball in Louisville

… den Austausch mit Klubverantwortlichen vor Ort: Die Verantwortlichen des Louisville City FC sehen den Apparat, den wir haben, die Qualität der Spieler sowie sportliche und organisatorische Abläufe. Das ist alles eine Spur größer als in der USL, in der sie spielen [Zweite Liga; Anm. d. Red.]. Was sie zudem fasziniert, ist die Tatsache, dass wir junge Spieler auf internationales Topniveau entwickelt haben, so dass sie letztlich zu diesen Kursen zu anderen Vereinen gewechselt sind. Der Transfermarkt in der USL ist noch nicht so entwickelt wie in Europa. Für eine Sportwelt wie die US-amerikanische, die sehr genau auf ökonomische Themen schaut, ist das hochinteressant. Der US-Sportmarkt, groß und gewachsen, ist stärker durch Entertainment geprägt; Dinge, die hier passieren, werden früher oder später auch immer zu uns nach Europa kommen. Seien es Technologien oder Vertriebs- und Vermarktungsmodelle. Bezüglich Zuschauerzahlen und den damit einhergehenden Herausforderungen sind wir Klubs wie Louisville indes einen Schritt voraus. Wir haben bei Heimspielen annähernd 60.000 Zuschauer, hier ist es in etwa Vierfünftel kleiner. Das ist ein Riesenunterschied, und dahinter stehen Prozesse, von denen man lernen kann. Der LouCity FC ist bereit, in diese Themen zu investieren. Was wir sehen, ist der hier aufgehende Fußballmarkt, das ist eine einmalige Geschichte.

… Ausbildung junger Athleten: Im US-amerikanischen Ausbildungssystem ist der Sport in einem sehr frühen Stadium über die High Schools und Universitäten beziehungsweise Colleges in einem System verankert. Hier liegt in Deutschland ein Systembruch, die jungen Spieler haben lange Schule und müssen in einer separaten Welt abends um 17/18 Uhr viermal die Woche trainieren. Wir können in der Athletenausbildung und Aussteuerung der körperlichen Leistungsfähigkeit in jungen Jahren viel lernen. In Louisville und Umgebung, eine Region mit großem Fußballbezug, ist damit einhergehend ein großer Pool an Talenten vorhanden. Eine Frage, die wir uns mit Blick auf die Stärkung der Verbindung in die USA und speziell nach Louisville gestellt haben, war es, wie man hochtalentierte Sportler nach Europa bringen kann.

… die Entwicklung und Unterschiede zum vergangenen Jahr: Es gibt sehr sichtbare Fortschritte. Während des Spiels gegen Aston Villa habe ich unfassbar viele Eintracht-Trikots gesehen, das hat mich durchaus etwas überrascht. Am Montagabend hatten wir einen Fantreff mit der Mannschaft, zu dem doppelt so viele Teilnehmer wie im vergangenen Jahr gekommen sind. Teilweise haben die Leute, darunter auch einige Frankfurter und Hessen, die es mittlerweile in die USA verschlagen hat, sieben bis neun Stunden Anfahrt auf sich genommen. Manche Locals haben mir erzählt, dass Louisville City natürlich ihr Lieblingsklub sei und sie auch auf die in den USA allgegenwärtige Premier League schauen – aber der deutsche Klub, zu dem sie eine emotionale Beziehung aufgebaut haben, sei die Eintracht. Das lässt sich auch an den Zuschauerzahlen bei unseren Spielen ablesen: über 11.000 gegen Aston Villa, am Dienstagabend werden ebenfalls 10.000 erwartet. Die Eintracht zieht. Wir wollen Stück für Stück Verbindungen aufbauen, wir reisen nicht aus Gründen der Opportunität in irgendwelche Länder. Das zahlt sich früher oder später aus.

Die gesamte Pressekonferenz zum Nachhören

… die Eintracht in den USA: Wichtig ist zu betonen, dass der US-amerikanische Markt nicht auf Eintracht Frankfurt wartet – auch nicht auf den FC Bayern oder Borussia Dortmund. Der Sportmarkt hier ist derart dynamisch, dass es nicht darum gehen kann, einen Markt zu erobern. Die Bundesliga allgemein hat es schon schwer, in den USA wahrgenommen zu werden, und wer wären wir zu sagen, dass wir als Eintracht Frankfurt nun den US-Markt klarmachen. Worum es geht: Dort, wo wir langfristig Vorteile aus einer Zusammenarbeit ziehen können – das Thema Talentpool hatte ich angesprochen – gilt es, Verbindungen und Kooperationen zu stärken. Aus diesem Grund sind die Tage in Philadelphia, Frankfurts Partnerstadt, sehr wichtig. Oberbürgermeister Mike Josef hatte sich sehr gewünscht, dass wir anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Partnerschaft dorthin reisen. Dort werden wir erheblich mehr Businessrunden abhalten und uns mit Unternehmensvertretern sowie Vertretern aus der Politik treffen. Eine weitere Delegation aus Deutschland, darunter mein Vorstandskollege Philipp Reschke und zwei Mitglieder des Aufsichtsrates sowie Vertreter der Stadt Frankfurt und der Wirtschaftsförderung, wird anreisen. Ein ökonomischer Apparat, der die Vermarktungsmöglichkeiten intensiveren wird.

Unter anderem spricht Axel Hellmann im Teamhotel in Downtown Louisville über die Internationalisierung der Eintracht sowie der Bundesliga.

… die Bundesliga in den USA: Borussia Dortmund und der FC Bayern waren zuletzt im Rahmen der FIFA Klub WM in den USA und haben auch durch Veranstaltungen abseits des Platzes Fußspuren hinterlassen. Allgemein gilt: Die Bundesliga muss mehr reisen! Auch wenn es sich in den Kalendern schwer abbilden lässt, weil wir natürlich auch gegenüber unserer Region Verpflichtung haben. Letzterem werden wir mit der Kampagne „Eintracht in der Region“ mehr als gerecht. Es muss einen Beitrag zur Wertschöpfung der Bundesliga im Ausland geben. Wenn wir das nicht tun, geht die Verteilung der Erlöse immer stärker zu denen, die das machen. Die Premier League hat einen in meinen Augen kaum aufholbaren Vorsprung, es gibt aber keinen Grund, weshalb man den Rückstand zu spanischen la Liga nicht verkleinern könnten. Volle Stadien, tolle Atmosphäre, tolle Bilder – die Partner müssen auch sehen, wie gut die Bundesliga ist. Wir müssen eine stärkere Präsenz entfalten und eine Schippe drauflegen, es muss öfter international gereist werden. Die Eintracht hat hinter den großen Vier [FC Bayern, Dortmund, Leverkusen, Leipzig; Anm. d. Red.], die durch ihre Budgets noch einmal mehr bewegen können, ihren sicheren Platz in der internationalen Wahrnehmung. Von der DFL Deutsche Fußball Liga bekommen wir das Signal, dass wir eines der wichtigsten Zugpferde hinsichtlich der Internationalisierung sind. Wir arbeiten auf dieser Tour sehr eng mit der DFL und weiteren Partnern zusammen.

Es muss einen Beitrag zur Wertschöpfung der Bundesliga im Ausland geben.

Axel Hellmann

… Pirmin Schwegler (seit Januar 2025 Leiter Profifußball): Pirmin ist ein sehr erfahrener Profi, der bereits viel erlebt hat. Wir haben eine sehr junge Mannschaft, mit der wir große Ziele erreicht haben, in dieser Saison aber auch eine gute Rolle spielen wollen. Pirmin ist eine Führungsfigur, er hat Ausstrahlung und Autorität. Er ist aber kein schriller Lautersprecher, er geht Themen mit seiner Erfahrung im persönlichen Kontakt an. Im ersten halben Jahr hat er sich viel angeschaut und ist in seine Rolle reingewachsen. Ich nehme wahr, dass er Themen Stück für Stück mehr in die Hand nimmt und eine größere Verantwortung trägt. Die Eintracht war nicht mehr die Eintracht, die er kannte – der Verein hat sich in den vergangenen zehn Jahren massiv verändert. Da musste er einiges aufholen. Seine Rolle ist inzwischen viel stärker geworden und wird noch stärker werden.