Aufstehen, anziehen, essen – Eintracht gucken. Was nach dem Tagesablauf einer notorischen Schlafmütze aussieht, ist für in den USA lebende Eintracht-Fans längst zur Gewohnheit geworden. Oder wie es Julia, die seit 20 Jahren in den Staaten lebt, ausdrückt: „Mittlerweile wäre es komisch, ein Fußballspiel abends anzusehen.“ Dieser Tage verbringt sie mit Freund Michael die meiste Zeit auf dem Gelände der IMG Academy, wo die Profis bis Dienstag den ersten Teil des Trainingslagers abhalten.Was ebenso Chris dazu veranlasst hat, extra aus Denver anzurücken. Der gebürtige Heidelberger ist seit 20 Jahren Vereinsmitglied, hat 2003 die US-Staatsbürgerschaft angenommen, die deutsche gar abgelegt – die Verbundenheit zu seinem Herzensverein aber nie verloren, wovon nicht zuletzt der ins Leben gerufene EFC Rocky Mountains zeugt. „Die meisten Spiele sehe ich mir auf der Arbeit an und konnte dadurch automatisch schon viele Kollegen für die Eintracht begeistern“, versteht es Chris, Beruf und Berufung geschickt zu verbinden. Fox und ESPN machen’s möglich, auch von
EintrachtFM zeigt er sich angetan.
Zunehmende Heimatliebe und Berichterstattung
Im Fernsehen spreche zwar „der Kommentator manchmal Spanisch, aber das nehmen wir natürlich gerne in Kauf“, erzählen Christof und Michael, die es vielmehr zu schätzen wissen, dass „in den vergangenen Jahren immer mehr Eintracht zu sehen“ sei. Die gebürtigen Bergen-Enkheimer stellen die These auf, dass die Heimatliebe durch die räumliche Distanz sogar zugenommen habe.Zu den Exiladlern unter den Zaungästen zählt auch Ash, der den SGEagles aus Sacramento nach Florida hinterhergereist ist. Der gebürtige Wiesbadener ist seit dem 5:1 über Wattenscheid 1994 vom berüchtigten Eintracht-Virus infiziert. „Zwischen 2001 und 2004 habe ich kein einziges Spiel verpasst“, berichtet.“ Dann ging es zum Studium nach New York, seit 2009 lebt Ash in Kalifornien, wo der Zeitunterschied mit neun Stunden nochmal beträchtlicher ist, als in Florida. Bundesliga um 6.30 Uhr versteht sich daher als genauso selbstverständlich wie die Fotosammlung mit den Fußballstars. Nur Martin Hinteregger fehle ihm noch, verrät Ash am Montag. Ein Schnappschuss mit dem Österreicher wäre das perfekte Geschenk, denn Ash hat Geburtstag.
Schlüsselerlebnis Hofbräuhaus
Ein Faible für Bilder besitzen ihrerseits Sebastian und André, die das Trainingslager im Sunshine State dazu nutzen, Eintracht und Erholung in Einklang zu bringen – so widersprüchlich das auch klingen mag. „An den ersten Tagen machen wir Bilder mit den Spielern, drucken diese dann aus und lassen sie daraufhin signieren“, erläutern die Mitglieder des EFC Thüringen ihre Urlaubsmission. Die beiden verfolgen nach eigener Aussage seit 25 Jahre nahezu jedes Spiel und waren auch schon bei Trainingslagern in Österreich und der Schweiz dabei.Logisch, dass sie sich auch das Fantreff am Mittwoch im Hofbräuhaus in Saint Petersburg nicht nehmen lassen. Welche Wirkung das hessische Fan- und Gastronomiegut entfalten kann, wird an Paul ersichtlich, der weder Tourist noch Exiladler, sondern waschechter US-Amerikaner ist. Seinen Nachnamen buchstabiert er ohne Umlaut: Foerster. Drei seiner Großeltern stammen aus Deutschland, seine Freundin aus Niedersachsen. Seine Leidenschaft für die Adlerträger entwickelte Paul aber im Kreise der Eintracht-Familie, als ihn Marc Francis, Leiter der Fanbetreuung, für den besagten
Fantreff im Hofbräuhaus begeistern konnte. „Gemeinschaftsgefühl, Enthusiasmus, Stimmung, Vielfalt“, kommt Paul aus dem Schwärmen gar nicht heraus. Ein Schlüsselerlebnis? „So to say!“ Am Mittwoch beim Testspiel gegen die Hertha möchte er sich mit Freunden hinter den Bänken versammeln, Banner platzieren, Gesänge anstimmen. Eintracht Frankfurt international.