07.03.2024
Historie

#Eintracht125: Die Fans

Tolle Choreographien, kreative Ideen und riesige Reisegruppen: Ob im Stadtwald oder auswärts – schon immer folgen die Fans ihrem Team. Hierzulande und auf der ganzen Welt.

Schon in den Anfangstagen des Fußballs war es manchmal wild auf den Sportplätzen. 1911 sah sich der Vorstand des Vereins genötigt, mäßigend einzuwirken: „Wir richten nochmals an unsere Mitglieder die dringende Bitte, auf Wettspielen die größte Ruhe zu bewahren, insbesondere sind Entscheidungen des Schiedsrichters – sollten diese auch nach dem Urteil unserer Mitglieder nicht berechtigt sein – nicht zu kritisieren. Zuwiderhandlungen werden wir unerbittlich mit Platzverbot bestrafen.“ Die Strenge war notwendig, denn im gleichen Jahr wurde Amicitia Bockenheim wegen Ausschreitungen seiner Fans für zwei Jahre vom Spielbetrieb ausgeschlossen.

Fußballfans in den ganz frühen Tagen der Eintracht: Die Vereinsjugend direkt hinter dem Tor.

In den 1920er Jahren waren es vor allem die Derbys gegen den FSV, die für manchen Fan mit einem blauen Auge endeten. Auswärts fuhr man auch schon, 1932 reisten 5.000 Eintracht-Fans zum Endspiel um die Deutsche Meisterschaft nach Nürnberg. Ebenfalls 5.000 Unterstützer machten sich 1959 auf den beschwerlichen Weg nach Berlin, um den Titelgewinn gegen den OFC zu feiern – und darüber hinaus den Einzug in den Europapokal. Dieser bescherte tolle Auswärtsreisen nach Wien, Bern und nach Glasgow. Beim sensationellen 6:1-Halbfinalsieg gegen die Rangers schossen die Fans 1960 so viele Silvesterraketen ab, dass der Stadionsprecher von „kleinen Waldbränden“ sprach. Die Zeitungen hingegen zeigten sich beeindruckt vom Feuer(-Kunst)werk und lobten es in den höchsten Tönen.

Die Reisegruppen werden größer

Mit Bundesligagründung wurden die Reisegruppen größer. Fans organisierten Busse, Sonderzüge machten sich auf den Weg und in den 1970er Jahren begann die Zeit der offiziellen Fanclubs. Immer mehr Fans schlossen sich in eigenen Gemeinschaften zusammen. Die Eintracht unterstützte das anfangs zögerlich, später mit mehr Euphorie. Ulrich Matheja, Autor des Eintracht-Standardwerks „Schlappekicker und Himmelstürmer“, und Rainer Falkenhain, heute Vorstandsberater, waren Pioniere der Fanarbeit bei Eintracht Frankfurt.

In den 1980er Jahren verfügte die SGE schon über 100 Fanclubs. Die Anhänger trafen sich im Block G; und einen richtigen Fan erkannte man an seiner Kutte. Erste Fanclubs schlossen sich zu einer Interessengemeinschaft zusammen. Nach der Katastrophe von Heysel 1985 planten die Sicherheitsbehörden, im Stadion neue Zäune und Überwachungspodeste zu installieren. Die Fans wurden selbstbewusster und wehrten sich gegen ihrer Meinung nach übertriebene Sicherheitsvorkehrungen.

„United Colors of Bembeltown – Eintracht-Fans offen für alle Farben“

In den 1980er Jahren gründeten sich auch in Frankfurt zwei Hooligan-Gruppierungen, die „Adlerfront“ und „Presswerk Rüsselsheim“. Um mit den Fans in Kontakt zu kommen, wurden erste Fanprojekte geschaffen. Diese förderten positives Engagement. So entstand mit „Fan geht vor“ eine eigene Fanzeitung, auch Radio FanOmania wurde in den 1990er Jahren gegründet. Nach den fremdenfeindlichen Anschlägen Anfang der 1990er Jahre positionierten sich die Fans erstmals auch politisch: „United Colors of Bembeltown – Eintracht-Fans offen für alle Farben“ wurde 1992 ins Leben gerufen, die Aktion wird bis heute immer wieder neu belebt.

Klare Botschaft der Eintracht-Fans gegen Rassismus.

Der Abstieg 1996 bedeutete auch für die Fanszene eine Zäsur. Letztlich gelang es aber, zusammenzurücken und viel Power in den Verein und ins Stadion zu bringen. 1997 gründeten sich die Ultras als Zusammenschluss verschiedener Fangruppen. Die Ultras begannen, im Stadion mit Choreografien, großen Schwenkfahnen und organisierter Anfeuerung für Gänsehautatmosphäre zu sorgen. Andere Fans beschäftigten sich mit technischen Neuerungen, schufen eine Eintracht-Mailingliste, die Fans miteinander verknüpfte. Einige begannen, Exponate zur Geschichte der Eintracht zu sammeln, um die Historie zu bewahren. Andere sensibilisierten die Gremien des Vereins, eine Abteilung innerhalb der SGE nur für Anhänger zu gründen. So kam um die Jahrtausendwende bei der Eintracht viel in Bewegung, was sich bis heute weiterentwickelt hat.

Die erste Homepage wurde von Fans geschaffen, das Museum ist ein Ergebnis der Arbeit engagierter Fans. Dass der Verein heute über 140.000 Mitglieder zählt, ist maßgeblich der gegründeten Fan- und Förderabteilung zu verdanken. Die reisefreudigen und sangeslustigen Fans halten teils seit Jahrzehnten zusammen. So wundert es nicht, dass Martin, einer der Vorsänger in der Nordwestkurve, den Job schon seit Mitte der 1990er Jahre ausübt.

Apropos reisefreudig: Die große Lust und Bereitschaft, ihrer Mannschaft notfalls bis an den letzten Zipfel dieses Erdenrunds zu folgen, hat Tradition – nicht nur hierzulande, sondern auch über viele Grenzen hinweg. Einer, wenn nicht der Höhepunkt war zweifelsohne die hessische Völkerwanderung nach Barcelona. Im April 2022 traf die Eintracht im Viertelfinale der Europa League auf den FC Barcelona, und insgesamt rund 40.000 Fans begleiteten das Team nach Spanien und machten aus dem Match im Camp Nou ein Heimspiel. Rund 30.000 hatten auch eine Karte ergattert. Die Reaktionen waren überwältigend. Eine einzigartige Einheit. Die Mannschaft und Fans von Eintracht Frankfurt, eindrucksvoll bewiesen nicht nur im Camp Nou.