28.05.2023
Bundesliga

Erst ein Gong, dann klingelt es doppelt

Eine Statistik spricht zur Halbzeit gegen die Eintracht, doch ein Push zur rechten Zeit bereitet den Lucky Punch vor. Das Bundesligafinale gegen Freiburg in der Nachbetrachtung.

Es war nicht verwunderlich, dass sich die Akkus der Mannschaft in der zweiten Halbzeit im roten Bereich bewegten. Für die Eintracht war das Bundesligaduell mit dem SC Freiburg das 48. Pflichtspiel der Saison, da „geht man auf dem Zahnfleisch“, wie es Djibril Sow später sagte. Sommerliche Temperaturen im Deutsche Bank Park, knapper Rückstand gegen einen Gegner, der noch im Fernduell um den Einzug in die UEFA Champions League kämpft, und Crunchtime am 34. Spieltag – es brauchte Energie, und der so sehr benötigte Schub kam. Der Gong, die Einblendung des Zwischenstands aus Wolfsburg und das damit verbundene Wissen, dass für die SGE im engen Rennen um die internationalen Plätze alles angerichtet scheint.

„Das Stadion war da, der Glaube zurück. Ich habe mich an das Sprichwort ‚Glaube versetzt Berge‘ erinnert gefühlt“, beschrieb Cheftrainer Oliver Glasner im Nachgang. Und der Berg wurde versetzt. „Es war wieder eine Energieleistung zum Schluss. Wir haben das Ergebnis aus Wolfsburg mitbekommen, das hat schon noch einmal einen Push gegeben. Wir haben noch einmal alles reingehauen, wir haben das Gesicht der Mannschaft und des Klubs gezeigt“, so Sow am Eintracht-TV-Mikrofon.

Wir haben noch einmal alles reingehauen, wir haben das Gesicht der Mannschaft und des Klubs gezeigt.

Djibril Sow

Randal Kolo Muani leitete mit dem Ausgleich die verrückte Schlussphase ein und durfte sich am Ende zum Topscorer der Bundesliga krönen lassen – etwas, das seit Beginn der detaillierten Datenerfassung 2004/05 noch keinem Frankfurter gelungen ist. „Er ist ein fantastischer Stürmer, das haben wir von der ersten Woche an gesehen. Und er ist ein großartiger Junge – trotz allem, was bei ihm passiert ist, bleibt er so bescheiden und ehrgeizig“, so Glasner, der nach dem Ausgleich spürte, dass diesmal der Lucky Punch gelingen würde. Und so war es, Éric Junior Dina Ebimbe löste mit seinem Tor in der Nachspielzeit das Ticket für Europa.

Geschichte des Spiels: Nach Rückständen

Und damit glückte den Adlerträgern etwas, worauf sie knapp sieben Monate warten mussten: ein Sieg nach 0:1-Rückstand. Am 5. November 2022 drehte die Eintracht in Augsburg den Spieß noch um. Noch länger her ist es, dass die SGE ein Spiel nach Rückstand zur Pause noch gewinnt, zuletzt gelang dies am 13. März vergangenen Jahres gegen Bochum. „Wir brauchten einfach das erste Tor. Als der Ball im Tor lag, wussten wir alle, dass wir auch das zweite machen“, sagte Paxten Aaronson nach dem Heimerfolg gegen Freiburg und beschrieb das Match als „echte Achterbahnfahrt“.

Frankfurter Freude nach dem Siegtreffer gegen Freiburg.

Zahl des Spiels: 16

Rückblickend sind die Hessen, die im Übrigen in der Bundesliga in jedem der letzten 13 Heimspiele mindestens ein Tor erzielten und im Jahr 2023 im Deutsche Bank Park in Bundesliga und Pokal ungeschlagen bleiben, die Stehaufmännchen der Saison 2022/23. 16 Punkte holten sie nach Rückstand, mehr sind es bei keinem anderen Team. „Wir haben bis zum Ende Mentalität gezeigt“, so Makoto Hasebe.

Das schreiben die Medien

  • Frankfurter Rundschau: „Eric Dina Ebimbe schoss die Eintracht in der Nachspielzeit nach Europa, obwohl er eigentlich hinten bleiben sollte. Brauchte dazu nur ein paar Minuten Spielzeit. So stechen Joker.“

  • Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Welch eine Dramaturgie, welch eine Schlusspointe. Wie wäre das wohl, wenn jeder Spieltag der 34. Spieltag wäre. Tore, Dramen, Wendungen – all das an einem Samstagnachmittag. (…) Zurück in Europa. Die Teilnahme an der Conference League ist der Eintracht nicht mehr zu nehmen. Doch die Mannschaft des scheidenden Trainers Oliver Glasner will mehr.“

  • Sportschau: „Dass ein Tor eine Wende in einem Spiel bringen kann, ist nichts Neues. Schon hundertmal passiert, schon hundertmal gesehen. Dass ein Tor in der Fremde ein ganzes Spiel drehen kann, ist dann doch eher selten. Passiert ist das aber am Samstag beim Saisonfinale im Frankfurter Waldstadion, bei dieser denkwürdigen Partie zwischen der Eintracht und dem SC Freiburg, die am Ende doch noch 2:1 (0:1) für die Hessen ausging. Ein Sieg, der die Frankfurter auf dem letzten Meter, auf der letzten Rille doch noch in den Europapokal hievte.“

Das sagt das Netz

  • „Die Jungs kosten mich Nerven! Seit Jahren altere ich am letzten Spieltag um Jahre. Glückwunsch Jungs!“ (@athletespw)

  • „Wenn man mit qualmenden Motor, 3 platten Reifen, die Airbags schon draußen das Auto mit letzter Kraft über die Zielliene schiebt. Ich liebe alles“ (@Ickthumb)

  • „Geil gemacht, Adler. Mega Hinrunde. Rückrunde naja, so ist Sport. Wir Fans sind super stolz und danken für eine tolle Saison, die ja noch nicht ganz vorbei ist. Viel Erfolg in Berlin!“ (Artur Jagiello)

  • „Es war eine super Saison mit einem versöhnlichen Abschluss in der Liga. Und vielleicht kommt ja am nächsten Samstag die absolute Krönung hinzu 🦅🦅“ (Alex Kerth)

Ausblick: Berlin, Berlin, …

… wir fahren nach Berlin! Für ein Spiel ist noch Sprit im Tank, das 49. Pflichtspiel der Runde ist zudem ein ganz Besonderes: das 80. DFB-Pokalfinale wartet auf die Adlerfamilie. Nach zwei freien Tagen folgen für das Team noch drei Trainingseinheiten auf den Plätzen im Deutsche Bank Park, am Freitagvormittag geht es dann in die Hauptstadt. „Mit dem Pokal können wir das alles noch krönen. Wir wollen unbedingt den Pokal holen, das ist ganz klar. Wir wissen aber auch um die Stärke Leipzigs. Also hoffen wir, dass uns viele zahlreich unterstützen und wir die Energie von den Rängen auf den Platz bekommen. Es wird ein besonderes Erlebnis“, sagte Sow, der mit seinen Mannschaftskollegen nach dem Schlusspfiff minutenlang die Atmosphäre und Energie von den Rängen aufsaugte. Die Mission für Berlin stand an der Nordwestkurve geschrieben; „Krallt euch den Pokal“!