20.10.2021
Historie

„Es war einfach fantastisch“

Ioannis Amanatidis erklärt, warum Olympiacos schwer einzuschätzen ist, erinnert sich an als Spieler in Frankfurt erlebte Europapokalnächte und verrät, wem er am Donnerstag die Daumen drückt.

Ioannis, gehen wir recht in der Annahme, dass sich dieser Tage die Presseanfragen bei dir häufen?
Es ist tatsächlich ein bisschen was los. Auch aus meiner Heimat Griechenland haben sich einige gemeldet. Allerdings nicht erst jetzt, sondern schon vorher, direkt nach der Auslosung.

Was konntest du den griechischen Medien über die Eintracht berichten?
Wenig, was nicht ohnehin bekannt ist: Dass die Eintracht ihren Topstürmer verloren hat und neue Offensivspieler integrieren muss. Hinzu kommt, dass ein Trainerwechsel immer größere Veränderungen mit sich bringt als wenn man den Abgang einzelner Spieler kompensieren muss. Dass alle Beteiligten Qualität mitbringen, steht außer Frage. Oliver Glasner hat mit Wolfsburg eine super Saison hinter sich, Frankfurt genauso. Die Mannschaft hat nicht nur ein gutes Kollektiv, sondern auch individuelle Klasse: Kostic, Kamada oder Hinteregger, der nach Standards sehr gefährlich ist. Bis sich alles eingespielt hat, benötigt es naturgemäß Zeit.

Kannst du dahingehend ein Beispiel aus der eigenen Spielerkarriere nennen?
(Überlegt) Nicht direkt. Denn als ich 2005 nach Frankfurt gewechselt bin, war Friedhelm Funkel schon ein Jahr dort. Ohnehin ist das von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Ich konnte mich überall schnell akklimatisieren und hatte keine Anlaufschwierigkeiten. Das ist Typsache.

Ich erwarte zwar kein Spektakel, aber einen offenen Schlagabtausch.

Ioannis Amanatidis

Wo wir gerade zurückblicken: Was verbindest du mit deiner Zeit in Frankfurt, insbesondere mit Blick auf den Europapokal?
In diesem Zusammenhang muss man sehen, dass es damals die erste internationale Saison seit sehr langer Zeit war. Es war einfach fantastisch: Für uns, für die Fans, für die ganze Stadt. Grandios! Alleine, wenn ich mich daran erinnere, als wir Bröndby in der Qualifikation aus dem Stadion gefegt haben. Das sind Highlights, die hängenbleiben. Es war eine sehr schöne, zugleich aber auch bittere Erfahrung, weil wir das Weiterkommen eigentlich verdient gehabt hätten. Wir waren Palermo im ersten Vorrundenspiel weit überlegen und hätten nur gewinnen müssen – dann hätte es auch ohne einen Sieg in Istanbul gereicht. Insgesamt war es aber ein tolles Gefühl, den Fans und der Stadt nach so langer Zeit etwas internationalen Fußball zurückgegeben zu haben.

Du wirst am Donnerstag selbst als Experte für EintrachtFM im Stadion sein. Mit welchen Gefühlen blickst du der Partie entgegen?
Ich habe den Eindruck, dass sich die Eintracht aktuell wohler fühlt, wenn sie aus einer kompakten Deckung heraus Konter setzen kann. Das hat gegen die Bayern wunderbar funktioniert. Gegen Berlin lief es wiederum komplett gegenteilig, auch weil sich die Mannschaft schwer im Spielaufbau getan hat. Für Donnerstag erwarte ich ausgewogenere Spielanteile, wenn nicht sogar, dass Olympiacos das Spiel machen wird. Sicher ist das aber nicht. Gegen Fenerbahce haben sie auswärts bravourös gekontert und auf diese Weise deutlich 3:0 gewonnen.

Tritt Piräus in der Europa League also anders auf als in der Liga?
Grundsätzlich handelt es sich bei ihnen um eine ballverliebte Mannschaft, die aktiv mitspielt. Das könnte Frankfurt entgegenkommen. Trotzdem agieren sie in der Liga offensiver, was aber auch nicht immer von Erfolg gekrönt war. Zwei Mal gingen Spiele trotz eines Torschussverhältnisses von gefühlt 20:0 torlos aus, wodurch sie vier Punkte verloren haben. Ich gehe erstmal nicht davon aus, dass sie hinten drinstehen werden, allein weil sie dafür fußballerisch zu gut sind. Ich erwarte zwar kein Spektakel, aber einen offenen Schlagabtausch. Viel wird von der Tagesform abhängen, Nuancen entscheiden.

Ich glaube, dass es nicht nur für die Eintracht-Spieler ein Highlight ist, hier aufzulaufen, sondern immer wieder auch für die Gäste.

Ioannis Amanatidis

Könnte eine solche Nuance auch das Heimrecht vor bis zu 35.000 zugelassenen Zuschauern sein?
Was die Stimmung im Frankfurter Stadion angeht, gibt es keine zwei Meinungen. Hier ist immer was los. Ich glaube, dass es nicht nur für die Eintracht-Spieler ein Highlight ist, hier aufzulaufen, sondern immer wieder auch für die Gäste.

Zuletzt warst du als Co-Trainer in Saloniki tätig, nun bist du wieder häufiger in Frankfurt anzutreffen. Oder?
Absolut, meine Tätigkeit dort liegt ja auch schon sechs Monate zurück. Ich bin wieder öfters in der Gegend und schaue mir Spiele an. So wie am Samstag am Riederwald die U19 gegen den FC Bayern. Am liebsten würde ich als nächstes eine A-Jugend oder zweite Mannschaft in Deutschland trainieren. Dafür ist es wichtig, mir regelmäßig einen Eindruck von den verschiedenen Ligen und Mannschaften zu machen, um auf alles vorbereitet zu sein.

Abschließend: Was traust du der Eintracht in diesem Jahr in der Europa League zu?
Die Eintracht hat das Zeug, sich für die nächste Runde zu qualifizieren. Punktemäßig ist sie gegenüber Antwerpen und Istanbul nach zwei Spieltagen im Vorteil. Die Qualität ist allemal vorhanden. Deshalb hoffe ich auch als ehemaliger Adlerträger mit griechischen Wurzeln, dass Frankfurt gewinnt. Damit würden beide Seiten Platz eins und zwei behalten. Wer am Ende auf welchem landet, spielt erstmal keine Rolle. Denn zu was die Eintracht in der K.-o.-Phase in der Lage ist, hat sie in der Vergangenheit bewiesen.