19.05.2019
DFB-Pokal

Es war einmal

Vor einem Jahr krönte sich die Eintracht zum DFB-Pokalsieger. Und amtiert als solcher bis zum heutigen Tag. Von einem Märchen, das keines ist.

Dieses Lied war ungewollt die perfekte Steilvorlage. Als die Stadionregie des FC Bayern am Samstagnachmittag wie im Vorlauf der Heimspiele üblich "We're not gonna take it" laufen ließ, wussten die über 7.500 nach München gereisten Eintracht-Fans, was zu tun war. "Deutscher Pokalsieger" hallte es wie aus der Pistole geschossen noch und nöcher durch das weite Rund der Allianz Arena, auch die situative Erhöhung der Musik-Lautstärke konnte die Inbrunst der hessischen Traumfänger nicht übertönen. Die Botschaft war eindeutig: Ja, wir sind noch für über eine Woche amtierender DFB-Pokalsieger!

Entwicklungsexplosion

Zugegeben, das Kräftemessen zum Saisonfinale war rückblickend rein gar nicht mit dem Wunder von Berlin 2018 zu vergleichen. Manch einer würde von einem Märchen sprechen. Während die Gebrüder Kovac am 19. Mai vorigen Jahres zusammen mit Armin Reutershahn den Masterplan ausheckten, die bayerische Übermacht um den scheidenden Über-Trainer Jupp Heynckes mit einer Vierer- statt Fünferabwehrkette zu überraschen, zog ein mittelstürmender Spielmacher namens "Prince" die Fäden, heckte mit Speerspitze Ante Rebic ein individuelles Überfallkommando aus, das sie öffentlichkeitswirksam "Bruder - schlag' den Ball lang" tauften. Zudem wirbelte und werkelte vor einem Jahr ein, aus Bayern-Sicht, "böser Wolf" die rechte Seite rauf und runter. Allein, die 90-minütige Märchenstunde war, ist und wird immer Realität bleiben. Wie es sich für eine buchstäblich unglaubliche Geschichte gehört, fand der Plot sogar den Weg in die deutschen Kinos und ist seit dieser Woche im Handel erhältlich. Aber die Eintracht-Verantwortlichen verstanden es darüber hinaus, anstatt in Erinnerungen zu schwelgen, die Sensation als einmalige Chance zur Initialzündung zu verstehen, die Entwicklung des innovativen Traditionsvereins auf Basis jener Erlebnisse zu beschleunigen. Nicht ohne die Helden, die 30 Jahre zuvor den letzten Pokaltitel errungen hatten, zu vernachlässigen, wie anhand der Einbeziehung zahlreicher nationaler und internationaler Markenbotschafter deutlich wird.

Die Mitgliederzahlen schossen seitdem mehr denn je durch die Decke, im Herbst 2018 gehörten schon 60.000 Menschen der Eintracht-Familie an, aktuell weit über 70.000. Vor allem aber wurde mit dem Triumph der Traum von Europa wahr, der nach der Bundesligarunde fast ausgeträumt schien. Doch Glaube, Wille, Geschick und auch etwas Glück begünstigten den für gesamt Deutschland unvergesslichen Ausnahmezustand. Die Massen am Folgetag am Römer standen dem magnetischen Zuschauereffekt in dieser UEFA Europa-League-Saison in nichts nach. Zumal die Bundesliga mit den Euro-Flightern bis kurz vor Schluss immerhin einen Vertreter im internationalen Titelrennen wusste und dankbar für wichtige Zähler in der UEFA Fünf-Jahres-Wertung ist.

Auch wenn es dann in London tragisch wirklich hieß: "We're not gonna take it" - der historische Folgeeffekt bleibt unbestritten. Fortsetzung folgt...