„Unsere Leistung in der ersten Halbzeit war alles andere als zufriedenstellend“, räumte Kevin Trapp nach dem ungefährdeten Auswärtssieg unumwunden ein. Auch wenn die Eintracht wettbewerbsübergreifend als einziger Bundesligist neben Werder Bremen 2019 noch ungeschlagen ist, lechzten die Adler sichtbar nach dem ersten Dreier in der Liga seit dem Auftakterfolg gegen den SC Freiburg. „Es war wichtig, mal wieder drei Punkte eingefahren zu haben, wenngleich die zurückliegende Ausbeute angesichts unserer Gegner auf jeden Fall akzeptabel ist“, wog Martin Hinteregger die Ausbeute entsprechend ab. Immerhin waren 2018 noch die Aufeinandertreffen mit Bremen, Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund verloren gegangen. Einen neuen Vereinsrekord in Form des fünften Unentschiedens in Folge wollten die Hessen dennoch vermeiden. Der sechste Ligasieg hintereinander gegen Hannover war schon eher ein Rekord im Sinne der Frankfurter, die damit nicht nur auf Platz vier der imaginären Auswärtstabelle kletterten, sondern auch wieder Rang sechs im Gesamttableau zurückeroberten.
Waren die jüngsten Begegnungen mit den Roten zumeist mit maximal einem Treffer Unterschied ausgegangen, gestaltete sich bereits das 4:1 im Stadtwald eher eindeutig. Es war der Startschuss eines Laufes mit 19 von 21 möglichen Punkten. Dass dieses Szenario weder als Schablone nutzen noch als Zielvorgabe dienen kann, zeigt allein der Vergleich zur Situation Ende September. Was damals als Befreiungsschlag galt, war am Sonntag „ein Pflichtsieg, wenn wir oben dranbleiben wollen“, wie der an der Leine weitgehend beschäftigungslose Trapp befand. Auch hinsichtlich des Personals finden sich derzeit mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten: Aus dem damaligen Dreiermittelfeld mit Lucas Torró, Jonathan de Guzman und Allan Souza spielte am Sonntag keiner. Dafür reaktivierte Cheftrainer Hütter zum zweiten Mal binnen vier Tagen Makoto Hasebe als defensiven Mittelfeldspieler, neben dem seit Winter Sebastian Rode abräumt und antreibt und vorne vertraut der Cheftrainer in schöner Regelmäßigkeit auf drei nominelle Stürmer. Der vor einer Woche gegen Mönchengladbach lange geschonte Luka Jovic war nun einer der auffälligsten Akteure, verzeichnete mit sechs die meisten Torschüsse, war an allen drei Treffern direkt beteiligt und köpfte mit dem 2:0 sein 15. Saisontor.
Zweikampfmonster an beiden Enden
In puncto Torverhinderung verrichteten die Adler einen gleichermaßen zuverlässigen Job, was umso bemerkenswerter ist, als gleich zwei Winterneuzugänge in der Innenverteidigung aufliefen. Allen voran Martin Hinteregger, der seine Blitzintegration nicht nur bestätigte, sondern sich als zentraler Fixpunkt in Windeseile zum Abwehrchef aufschwang. So verzeichnete der Österreicher mit 68 die meisten Ballkontakte und dirigierte gemeinsam mit Strukturgeber Hasebe (62) das Eintracht-Ensemble. Die 41 angekommenen Pässe des Linksfüßers überbot wiederum nur der Japaner (44). Rechts daneben feierte Almamy Toure ein unaufgeregtes Debüt und entschied sogleich die meisten Zweikämpfe für sich. 19 gewonnene Duelle verbuchte sonst nur Sébastien Haller, der sich zwar nicht in die Torschützenliste eintrug, aber als gewissermaßen erster Verteidiger seiner Hintermannschaft den größtmöglichen Dienst erwies.
Dass die gegenseitige Unterstützung weit über die 90 Minuten herausreicht, betonten nach dem Spiel Hinteregger und Toure aus einem Munde, als sie die große Hilfe ihrer Kollegen als ausschlaggebend für die rasche Eingliederung ins Gesamtgefüge hervorhoben. Dass neben dem Platz genauso wenig wie auf dem grünen Rechteck zufällig geschieht, hat Coach Hütter seinen Mannen nach der schwerfälligen ersten Halbzeit offenbar erfolgreich verklickert: „Die Mannschaft hat nach der Pause eine gute Reaktion gezeigt.“ Gleichwohl weiß der Fußballlehrer nur zu gut, dass es „nicht selbstverständlich“ sei, „bei einer Mannschaft, die gegen den Abstieg spielt, so deutlich zu gewinnen.“ Wodurch die Eintracht erstmals seit 29 Jahren nach sechs Rückrundenspielen ungeschlagen ist. 1989/90 gelangen drei Siege und drei Remis, überhaupt zwischen dem 13. und 24. Spieltag zwölf unbesiegte Spiele. Am Ende stand Platz drei. Derlei Gefilde sind drei Jahrzehnte später sicher mehr Fantasie als Realität. So oder so: Es geht nicht von allein.