Jan, in der letzten Ausgabe haben wir uns über Integration unterhalten. Dazu gehört auch der Teamgeist, der bei unserer Mannschaft in dieser Saison von allen stets besonders hervorgehoben wird. Daher die Frage: Wie schweißt man ein Team am besten zusammen?
Jan-Aage Fjörtoft: "Unter Reinhold Fanz sind wir damals im Trainingslager Ski gefahren. Am letzten Abend waren wir alle gemeinsam auf einer Hütte. Dort sollten wir ursprünglich keinen Alkohol trinken, bevor der Trainer es sich doch anders überlegt hat. Am Ende waren alle mehr oder weniger angetrunken und wir sind mit Schlitten wieder vom Berg runtergefahren. Es war stockfinster und man konnte nichts sehen, also hat sich mein Landsmann Tore Pedersen einen Spaß erlaubt und den Trainer samt Schlitten in ein Gebüsch geschubst."
Das gab sicher Ärger.
Jan-Aage Fjörtoft: "Erstmal musste sich der Trainer wieder aus dem Dickicht befreien und kam dann voller Schnee und mit hochrotem Kopf in den Bus und wollte wissen, wer das war. Wir haben natürlich nichts gesagt und Pedersen hat es auch nicht zugegeben oder sich freiwillig gemeldet. Das war bis dahin seine beste Aktion bei der Eintracht und gut für die Stimmung im Team (lacht)."
Klingt nach einem wilden Abend, den es heute so wohl nicht mehr geben würde.
Jan-Aage Fjörtoft: "Aber kein Vergleich zu den Weihnachtsfeiern in England, auf den Parties dort sind auch schon mal Leute verschwunden. Ich habe bei einem Verein gespielt, bei dem wir einen Spieler in der Mannschaft hatten, der Probleme mit Alkohol hatte. Vor so einer Feier meinte er "Okay, aber nur ein Getränk!". Das war an einem Montag, er ist erst am Donnerstag wieder aufgetaucht. Als ich nach England kam, war es noch normal, dass die Spieler getrunken haben. Ich selbst habe fast überhaupt keinen Alkohol getrunken während meiner Karriere. Meine Mitspieler mussten immer 17 Bier und eine Cola bestellen, wenn ich dabei war. Aber solche Abende sind wichtig. Auch die Spieler, die nichts getrunken haben, waren immer dabei. Solche Abende waren Gold wert für die Kameradschaft. Trotzdem habe ich es geschafft, während meiner Zeit in England nicht ein einziges Bier zu trinken. Das war fast schon eine Sensation: Ein Wikinger, der kein Bier trinkt!"
Was hältst du von Weisheiten wie "11 Freunde müsst ihr sein"? Eine sehr romantische Vorstellung von Fußball, oder?
Jan-Aage Fjörtoft: "Ich denke nicht, dass das so sein muss. Wenn du mit einem Sturmpartner spielst, dann muss er sicher nicht dein bester Freund sein. Aber man muss sich auf dem Platz verstehen, im Interesse der Mannschaft. Jeder muss für jeden kämpfen und Verantwortung für seinen Nebenmann übernehmen, sich aber auch auf ihn verlassen können. Du brauchst immer die Hilfe deiner Mitspieler, gerade wenn du als Stürmer glänzen willst. Man muss verstehen, dass man als Mannschaft gemeinsam Verantwortung übernimmt. Dabei ist es kein Nachteil, aber letztlich unerheblich, ob der Andere dein bester Kumpel ist oder nicht."
Ganz anderes Thema: Die Fans der Eintracht haben kürzlich friedlich gegen die umstrittenen Montagsspiele demonstriert und damit für viel Aufsehen gesorgt. Auch in Dortmund blieb das Stadion eine Woche später fast halb leer.
Jan-Aage Fjörtoft: "Man muss einerseits sehen, dass die Fernsehsender viel Geld in den Fußball pumpen, womit man neue Stars kaufen und Spielergehälter bezahlen kann. Andererseits ist es für die Sender auch nicht schön, wenn die Ränge leer sind und die Stimmung schlecht ist. Alles hängt irgendwie miteinander zusammen und das macht das Thema so schwierig und so komplex."
Für die Fans bedeuten solche Termine im schlimmsten Fall zwei Tage Urlaub, um ein Spiel besuchen zu können. Birgt das Gefahren für die Fußballkultur?
Jan-Aage Fjörtoft: "Vor allem für die neue Generation kann das zum Risiko werden. Erwachsene können vielleicht mal früher von der Arbeit weg, aber die Kinder kann man nicht einfach früher aus der Schule nehmen oder sie bis spätabends fernsehen lassen. Die Fans haben da ein gutes Zeichen gesetzt, denn in Deutschland gehören die Klubs immer noch zum allergrößten Teil ihren Mitgliedern. Also ist es absolut in Ordnung, dass diese auch ihre Meinung sagen. Man muss aufpassen, was man mit dem Fußball macht, und darf den Kontakt zu den Menschen nicht verlieren."
Zumal die gute Stimmung als großes Faustpfand der Bundesliga gilt.
Jan-Aage Fjörtoft: "Die Stimmung in Deutschland ist sensationell, das weiß man auch im Ausland. Es ist immer schön, dort im Stadion zu sein. Die tolle Kulisse ist eines der Markenzeichen der Bundesliga. Wobei es meiner Meinung nach ein Klischee ist, dass die Atmosphäre in England inzwischen überall schlecht wäre. Sicherlich hat man hier und da das Gefühl, dass der eine oder andere Tourist zu viel im Stadion ist bei manchen Vereinen. Aber ich war kürzlich beim League-Cup-Finale in Wembley, da war die Stimmung wirklich gut. Das gilt zum Beispiel auch für Anfield: Da sind auch immer viele Touristen und es ist vielleicht nicht mehr ganz so wie früher, aber trotzdem immer noch etwas Besonderes."