22.02.2023
Europapokal

Halbzeitergebnisse

Nach den ersten 90 Minuten gegen Napoli stehen nicht nur zwei Gegentore, sondern auch zwei Déjà-vus – und eine Szene mit mehr als einer Sichtweise.

An der Mammutaufgabe, gegen die SSC Napoli ins Viertelfinale der UEFA Champions League einzuziehen, bestand schon nach der Auslosung kein Zweifel. Nach dem Achtelfinalhinspiel am Dienstagabend bekamen die Sportler und 47.500 Zuschauer im ausverkauften Deutsche Bank Park eine Praxisprobe davon, weshalb der Spitzenreiter der Serie A gemessen an den vergangenen 15 Spielen als formstärkstes Team der europäischen Top-Fünf-Ligen gilt.

Dass die Herausforderung in drei Wochen durch das 0:2 nicht kleiner geworden ist, gehört genauso zur Tatsache wie der Kampfgeist der Hessen. „Auswärtssieg, Auswärtssieg“, skandierten die Anhänger nach dem Schlusspfiff im Stadtwald und Oliver Glasner gab vor, mit „allem, was wir haben, dieses Resultat zu drehen“. Doch für den Moment „müssen wir anerkennen, dass Neapel besser war“. Folgerichtig die „Gratulation an Neapel“. Mit dem Zusatz: „Zur 2:0-Halbzeitführung.“

Geschichte des Spiels: Vier Perspektiven, vier Sichtweisen

Dass die Hausherren über eine halbe Stunde dieser ersten 90 Minuten in Unterzahl bestreiten mussten, war gegen diese Azurblauen, die Matthias Sammer bei Prime Video als „eine fein geölte Maschine, die keine Fehler macht“ beschrieb, beileibe kein Vorteil.

Wir müssen es akzeptieren und werden Kolo aufbauen.

Cheftrainer Oliver Glasner

Für die Rote Karte, als Randal Kolo Muani André-Franck Zambo Anguissa während eines eigenen Dribblings auf den Knöchel stieg, ließ sich im Nachgang kein vollkommener Konsens finden, was die Kniffligkeit der Entscheidung nochmals verdeutlicht. Vier ausgewählte Einordnungen.

  1. „Randal macht es sicherlich nicht absichtlich. Entsprechend wirkt die Rote Karte hart, laut Regelwerk ist es aber zu vertreten“, meinte etwa Sportvorstand Markus Krösche.
  2. Kevin Trapp, der die Szene „in Zeitlupe und in vier verschiedenen Winkeln gesehen“ hatte, sagte: „Er tritt ihm auf den Fuß. Aber ich finde es sehr, sehr hart, weil beide zum Ball gehen wollen. Das kommt im Sport schon mal vor.“
  3. Und Chefcoach Glasner erinnerte sich an eine vergleichbare Szene aus der Bundesliga: „In Stuttgart hatten wir eine ähnliche Situation vom Gegner an uns. Der Schiri hatte mir erklärt, wenn er zuerst den Ball spielt, ist es Gelb. Aber wir müssen es akzeptieren und werden Kolo aufbauen.“
  4. Für Artur Dias war die Entscheidung jedenfalls alternativlos. Es war nebenbei der zweite Platzverweis durch den Unparteiischen nach Rot gegen Evan Ndicka im vergangenen April im Camp Nou.

Zahl des Spiels: 4 aus 7

Ein genauso kleines Déjà-vu wie der gehaltene Strafstoß von Kevin Trapp beim Stand von 0:0. Selbiges Kunststück war dem Nationalkeeper bekanntermaßen nicht zum ersten Mal gelungen. Allein in der Königsklasse verwandelte der Gegner drei von sieben Elfmetern, also nicht mal die Hälfte. Erinnerungen wach wurden aber vielmehr an ein anderes Achtelfinale; das aus der UEFA Europa League 2018/19. Seinerzeit gegen den FC Internazionale Milano mit dem heutigen Napoli-Coach Luciano Spalletti an der Seitenlinie...

Das schreiben die Medien

  • Bild: „Die Italiener sind fast das ganze Spiel eine Klasse besser als die Eintracht, spielen sensationellen Hochgeschwindigkeits-Fußball wie aus einem Guss. Frankfurt hält 15 Minuten mit, dann geht das Napoli-Feuerwerk los.“
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Der Eintracht ist es zuletzt stets gelungen, zu besonderen Anlässen ihrem Fußballspiel ein Niveau zu verleihen, das höchste Ansprüche erfüllt und den Weg zum Erfolg ebnet. Gegen den SSC Neapel fanden die Frankfurter dagegen ihren Meister.“
  • Frankfurter Rundschau: „Der SSC Neapel war eine Nummer zu groß, reifer, abgezockter, einfach besser. Das muss jeder Frankfurter neidlos anerkennen. Die Italiener beeindruckten durch Coolness, Cleverness, Tempo - und ganz viel Klasse.“

Das sagt das Netz

  • „Man mag über vieles diskutieren können, aber in den letzten 2-3 Jahre war keine Gastmannschaft in Frankfurt so stark, so dominant und so aus einem Guss wie die SSC Napoli. Keine einzig. In 90 Min kein einziger Fehler im Spiel. Ich verneige mich.“ (@sounds2move)
  • „Auch wenn das jetzt noch 200 Schiri-Experten anders sehen: Für mich war das bei Kolo Munani kein Rot. Weil er klar den Ball spielen wollte + es  - teilweise - auch tat.  Wenn jetzt die Dynamik der Aktion beklagt wird, können Stürmer ihren Job einstellen.“ (@cschellhorn)
  • „Offensichtlich wollte er selbst,da der Ball nicht mehr vorbeizulegen war,ein Foul ziehen(Ball spielen+Kontakt nehmen).Nach Kontakt hebt er direkt ab-somit keine übertriebene Härte,eher ungewolltes kurzes Stempeln.Übertreibung Anguissas beim Treffer (Rollen+Arme hoch)+Nähe SR->Rot“ (@graefe_manuel)

Ausblick: Drei Mal Bundesliga bis zum Rückspiel

Das Rückspiel in San Siro gestalteten die Adler mit 1:0 erfolgreich. Ein Ergebnis, das am Fuße des Vesuvs nicht genügen würde. Doch nicht nur Glasner ist überzeugt: „Mit einem Treffer können wir schnell das Momentum auf unsere Seite drehen. Wir werden nicht als Touristen ins Stadio Diego Armando Maradona kommen.“

Bis dahin ruft zunächst in Leipzig und Wolfsburg sowie gegen Stuttgart drei Mal die Ligapflicht, wie auch Krösche betont: „Jetzt geht es in der Bundesliga weiter. Danach werden wir versuchen, das Ding im Rückspiel zu drehen.“ Champions-League-Niveau winkt ohnehin früh genug. Am Samstag, 15.30 Uhr, sind die Frankfurter Fußballer in Leipzig gefordert. Der Gastgeber erkämpfte sich am Mittwoch an selber Stelle gegen Manchester City nach einer Leistungssteigerung in Halbzeit zwei ein 1:1.