02.06.2016
Eintracht

Heribert Bruchhagen - meine 11 Momente

Seit dem 1. Dezember 2003 ist Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen bei der Eintracht. Wir haben ihn nach den elf prägnantesten, positiven wie negativen, Momenten gefragt, die er im Laufe seiner Ära bei der Eintracht erlebt hat.

Heribert Bruchhagens Erinnerungen, an…

seinen Antritt bei der Eintracht. 

Es war eine schwierige Zeit. Eine denkbar schlechte Ausgangsposition für den Verein und für mich, denn ich habe schnell begriffen, dass Willi Reimann keine wettbewerbsfähige Mannschaft hatte. Wir haben zwar in der Rückrunde noch 22 Punkte geholt, weil wir unter anderem Amanatidis für  sehr kleines Geld geholt haben. Aber am Ende mussten wir in die 2.Liga. Ein Einstandsjahr, das ich mir schöner vorgestellt hätte.

… seinen ersten Aufstieg mit der Eintracht.

2004 habe ich Friedhelm Funkel geholt, der mit einer neuen Spielergeneration eine erfolgreiche Ära eingeläutet hat: Ochs und Russ, später kamen auch noch der junge Alex Meier und Benny Köhler dazu. Wir haben es geschafft, einen Kader mit fast ausschließlich deutschsprachigen Spielern zu formen und dann direkt wieder die Rückkehr in die Bundesliga zu schaffen. Mit Friedhelm Funkel verbindet mich eine Sportfreundschaft, wie mit  den anderen Trainern auch. Ich musste ihn in seinen fünf erfolgreichen Jahren oft gegen die öffentliche Meinung verteidigen. Dabei hat er 2006 zusammen mit der Mannschaft den Höhepunkt geschafft, das DFB Pokalfinale gegen die Bayern.

… das Pokalfinale. 

Wir waren im Pokalfinale 2006 gegen die übermächtigen Bayern zwar der große Außenseiter, aber wir hatten sie am Rande einer Niederlage. Es gab in der Schlussphase zwei Szenen, die ich nie vergessen werde: Benny Köhler war durch und wurde von Lucio gefoult, doch Schiedsrichter Fandel besaß nicht den Mut, den Bayern-Verteidiger vom Platz zu stellen. Und in der letzten Minute drehte Oliver Kahn einen Schuss von Amanatidis aus 10 Metern über die Latte. Da hab ich gedacht: So ist es halt, Fußballer-Schicksal! Aber es war tolles Erlebnis, diese Atmosphäre eines Pokal-Endspiels.

… den Abstieg mit der Eintracht. 

Dieser Abstieg kam für mich völlig unerwartet. Es war wie verhext, dass sich die drei Leistungsträger Chris, Amanatidis und Meier verletzt hatten und im entscheidenden Moment nicht zur Verfügung standen. Zwei Punkte fehlten uns zur Rettung, und was haben wir da nicht alles liegen gelassen. Ich denke nur an den berühmten Fehlschuss von Gekas gegen die Bayern. Auch Christoph Daum, der Skibbe abgelöst hat, konnte den Abstieg am Ende nicht verhindern. Es war die erste von zwei Trainerentlassungen in meiner Amtszeit in Frankfurt, beide sind mir sehr schwer gefallen. Aber als Trainer von Eintracht Frankfurt muss man damit leben, dass man kritisiert wird. Das macht das Leben sicherlich nicht einfacher.

… den zweiten Aufstieg mit der Eintracht. 

Wir haben in Aachen den Aufstieg perfekt gemacht, ich war erleichtert und glücklich zugleich. Der direkte Wiederaufstieg war aus wirtschaftlicher Sicht ja fast schon lebensnotwendig. Ein guter Umsatz heißt in Frankfurt nicht, dass man zwangsläufig einen attraktiven Etat  für den Spielerkader hat, dafür sind die finanziellen Zwänge einfach zu groß. Mit dem Sieg in Aachen hatten wir wieder die Eintrittskarte für die 1.Liga zurück, dass wir aber dann so durchstarten und Platz 6 erreichen würden, da hätte ich nicht annähernd daran geglaubt.

… die Europa League mit der Eintracht. 

Die Reise nach Bordeaux ist unvergesslich und unschlagbar. Zunächst einmal hast du in dieser Stadt sowieso schon ein tolles Ambiente. Aber dann sitzt du in der Sonne am Wasser und rechts und links laufen tausende von Eintracht-Fans an dir vorbei. Eine beeindruckende Kulisse auch im Stadion, dazu noch ein Sieg, das war phänomenal und hat uns alle beflügelt. Schade, dass wir am Ende mit zwei Remis gegen einen Champions League Teilnehmer ausgeschieden sind. Wir haben gegen den FC Porto im Rückspiel bis kurz vor Ende noch geführt.

… seinen emotionalsten Moment mit der Eintracht. 

In meiner Zeit bei der Eintracht gab es diesen Moment, in dem mich meine Gefühle richtig überwältigt haben und ich bin gemeinsam mit der Mannschaft in die Fankurve gelaufen, um mit den Fans zu jubeln. Es war der 28.September 2006, als wir in Kopenhagen gegen Bröndby 2:2 spielten und nach dem 4:0 Hinspiel-Sieg die nächste Runde erreicht hatten. Bröndby war damals eine Mannschaft, die regelmäßig in der Champions League spielte, wir als Außenseiter hatten sie damals bereits in der ersten Runde im UEFA Cup herausgekegelt. Das war das einzige Mal, dass ich mit der Mannschaft in der Kurve war.

… sein schönstes Spiel mit der Eintracht. 

Das war das 6:0 der Eintracht gegen Schalke in der 2.Runde des DFB Pokals. Wir waren damals eher eine No-Name-Truppe und spielten am 25.Oktober 2005 gegen Stars wie Bordon, Lincoln, Kuranyi und Sand. An diesem Abend passte alles, ein traumhaft schönes Spiel mit einem in dieser Höhe nie erwarteten Sieg. Wir haben in dieser Saison dann noch das Finale erreicht, es war ein tolles Jahr. 

… seinen kniffligsten Moment mit der Eintracht.

Die schwierigste Aufgabe in all den Jahren bestand darin, meine Einschätzungen mit den Erwartungen um mich herum in Einklang zu bringen. Da die Balance zu finden war in meiner Zeit Eintracht nie einfach gewesen.

… seinen schönster Moment mit der Eintracht. 

Sicherlich einer der schönsten Augenblicke war für mich, als Alex Meier die Torjägerkanone überreicht bekam. Ich habe seine Karriere hier bei der Eintracht ja intensiv und lange verfolgen können. Ich habe selten einen Profi kennen gelernt, der fußballerisches Können und Bescheidenheit so vereint wie Alex Meier. Er ist nicht nur wegen seiner Tore eine große Bereicherung für die Eintracht.

… seinen Abschied.

Wenn ich jetzt gehe, dann sind für mich 28 Jahre Bundesliga beendet, einen großen Teil dieses Weges bin ich mit der Eintracht gegangen. In Erinnerung wird bleiben: Ein fast immer gefülltes Stadion und die Fans. Sie sind treu in schweren Zeiten, aber sie können einen in guten Zeiten  auch fast erdrücken mit ihrer Erwartungshaltung. Das alles hat mich geprägt und ich hoffe und glaube auch daran, dass wirtschaftliche Vernunft und Kontinuität fester Bestandteil dieses Vereines bleiben wird.