09.04.2019
Interview

Jupp Heynckes im exklusiven Interview

Jupp Heynckes, der sowohl Benfica als auch die Eintracht trainiert hat, spricht über die Entwicklungen in Frankfurt und Lissabon, seinen ehemaligen Spieler Danny Da Costa und das Duell am Donnerstag.

Es gibt drei Trainer, die bei der Eintracht und SL Benfica in dieser Funktion wirkten. In den 1960er-Jahren war dies Elek Schwartz, der 1965 aus Lissabon an den Main wechselte. Rund zwei Jahrzehnte später wirkte Pál Csernai bei beiden Vereinen. Mit Benfica gewann er den Pokal, während er bei der Eintracht nicht mal ein halbes Jahr als Nachfolger von Karl-Heinz Feldkamp blieb. Später coachte Jupp Heynckes bei beiden Vereinen, wobei er mit der Eintracht im Viertelfinale des UEFA-Cups spielte - wie die Adlerträger in diesen Tagen auch, am Donnerstag steigt das Europa League-Hinspiel in Lissabon (Anstoß 21 Uhr MESZ). Im Interview spricht Heynckes über die Entwicklungen In Frankfurt und Lissabon, seinen ehemaligen Schützling Danny Da Costa und wer für ihn Favorit in den Europa League-Duellen ist.

Jupp Heynckes, wie verfolgen Sie heute noch den portugiesischen Fußball und speziell Benfica?
Heynckes: Ich war über ein Jahr Trainer dort und verfolge den Klub noch. Benfica hat eine riesige Tradition, ist mit dem FC Porto der international erfolgreichste Verein Portugals und hat dort einen Stellenwert wie Juventus in Italien oder die Bayern in Deutschland. Die Liga ist von der Leistungsdichte nicht auf dem Niveau wie die spanische, englische oder deutsche. Benfica spielt immer einen attraktiven, technisch anspruchsvollen Fußball. Viele unbekannte südamerikanische Spieler werden im jungen Alter verpflichtet und entwickeln sich dann, um später gewinnbringend verkauft zu werden.

Wie haben Sie als Trainer dort die Fans, die Stadt und den Verein erlebt?
Heynckes: Das Stadion ist wunderschön, es herrscht immer eine tolle Atmosphäre. Die Fans stehen wie eine eins hinter Benfica. Ich weiß, wie anspruchsvoll sie sind und welche hohen Ansprüche der Klub an sich selbst hat. Ganz nebenbei ist Lissabon eine traumhaft schöne Stadt am Meer, wir haben dort sehr gerne gelebt damals.

Haben Sie die Spiele der Bayern gegen Benfica im vergangenen Herbst gesehen?
Heynckes: Ja. Beim 1:5 in München waren sie total unterlegen, der FC Bayern hatte einen großen Tag erwischt. Dann ist es für jede Mannschaft in München schwer. In Lissabon war es beim 2:0 für die Bayern enger. Die Eintracht wird natürlich versuchen, auswärts ein gutes Ergebnis zu erzielen und dann zuhause mit dem eigenen Publikum, das Maßstäbe in Sachen Atmosphäre, Stimmung und Choreographien setzt, im Rücken das Weiterkommen sicherzustellen. Es wird nicht einfach, aber die Eintracht hat gute Chancen.

Wie verfolgen Sie den Höhenflug der Eintracht aktuell?
Heynckes: Es macht Spaß, der Eintracht zuzuschauen. Ich habe die Partie in Mailand gesehen. Die Eintracht hat das Ergebnis souverän heruntergespielt, richtig professionell. Das hat mir imponiert. Die Eintracht kann nicht nur schön und attraktiv spielen, sondern sie weiß auch, wann man zweckmäßig spielen muss. In solchen Situationen erkennt man die Handschrift des Trainers.

Was ist aus Ihrer Sicht das Erfolgsrezept hinter dem Aufschwung der Eintracht?
Heynckes: Ich denke, dass in den vergangenen Jahren eine kontinuierliche positive Entwicklung stattgefunden hat. Es wurden kluge Entscheidungen auf dem Transfermarkt getroffen, die Mannschaft wurde sukzessive verstärkt. Es ist nicht immer einfach, Spieler aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen zu einer Mannschaft zu formen, aber Adi Hütter hat das überragend gemacht. Ich kenne ihn noch als Spieler, aber auch als Trainer von Bern und Salzburg. Man merkt, dass die Mannschaft sich zwischenmenschlich versteht und dass Adi Hütter es verstanden hat, eine echte Einheit zu formen.

Sie haben Danny Da Costa bei Bayer 04 Leverkusen zu dessen Profidebüt 2010 in der Europa League gegen Atletico Madrid verholfen. Wie verfolgen Sie seine Entwicklung? Wie haben Sie ihn damals wahrgenommen als sehr jungen Spieler?
Heynckes: Es freut mich ungemein, dass Danny solch eine Entwicklung genommen hat als Spieler. Er war damals sehr zurückhaltend. Aber man hat seine läuferische und physische Stärke schon erkannt, und er hat fußballerisch etwas drauf. Menschlich und charakterlich ist er sowieso top. Es ist kein Zufall, dass er den Weg gemacht hat. Ich habe noch Kontakt zu Peter Hermann [Anm. d. Redaktion: damals Heynckes' Co-Trainer], und wir sprechen manchmal auch darüber, was für ein großartiger Spieler er geworden ist. Er bringt zum Teil überragende Leistung.

Sie waren Trainer der Eintracht, als diese letztmals das Viertelfinale erreicht hat. 1995 schied die Eintracht gegen Juventus Turin aus. Wie haben Sie diese beiden Spiele gegen eine Weltklasse-Mannschaft mit del Piero, Deschamps, Conte usw. erlebt?
Heynckes: Wir haben zuhause ein sehr gutes Spiel gemacht und leider nur ein 1:1 erreicht, denn wir hätten gewinnen können. In Turin hat es lange 0:0 gestanden, am Ende haben wir 0:3 verloren. Juve hatte eine tolle Mannschaft, wir haben aber insbesondere im Hinspiel eine großartige Leistung gezeigt. Das Ausscheiden kam aber nicht überraschend, weil Juve so eine starke Mannschaft hatte. Trotzdem war es natürlich schade.

Wer hat im Europa League-Viertelfinale 2019 die Nase vorn?
Heynckes: Ich gucke nicht mehr alles, was an Fußball im Fernsehen übertragen wird. Aber die Eintracht spielt einen attraktiven Stil. Also schaue ich mir die Spiele gerne im TV an, so auch an den nächsten beiden Donnerstagen. Die Mannschaft ist gut organisiert, ein Rädchen greift ins andere. Fußballerisch gefällt mir das sehr gut. Daher denke ich, dass die Eintracht leicht favorisiert ist und weiterkommt.