15.04.2020
Interview

„Ich hoffe, bald wieder zu golfen“

Willi Neuberger spricht anlässlich seines 74. Geburtstages über die Coronakrise, seinen Bundesligarekord und seinen aktuellen Lieblingssport.

Willi Neuberger, geboren am 15. April 1946 im bayerischen Klingenberg am Main an der Grenze zu Hessen, spielte für Borussia Dortmund (1966 bis 1971), Werder Bremen (1971 bis 1973), den Wuppertaler SV (1973 bis 1974) und während seiner längsten Station bei Eintracht Frankfurt (1974 bis 1983). Mit den Adlerträgern feierte der zweimalige Nationalspieler zudem eindeutig die größten Erfolge, denn in seine Zeit am Main fielen der UEFA-Cup-Sieg 1980 sowie die DFB-Pokalsiege 1975 und 1981.Glückwunsch zum Geburtstag, Willi! Die große Feier wird wohl ausbleiben, oder?
Die gab es schon die vergangenen Jahre nicht mehr. Höhepunkt in diesem Jahr wird sein, wenn meine Enkel am Gartenzaun vorbeilaufen, mir zuwinken und ich aus fünf Metern Entfernung zurückwinke. Dabei haben wir noch das Glück, dass wir in der Nähe von Seligenstadt nur 500 Meter vom Main entfernt wohnen und wir dort schöne Spaziergänge machen können. Du bist ja ein passionierter Golfer. Fehlt dir das sehr?
Klar! Ich hoffe, ich darf in der kommenden Woche wieder spielen. Was gibt es Schöneres, als mit einer anderen Person vier, fünf Stunden an der frischen Luft zu sein und Sport zu treiben? Und die Ansteckungsgefahr mit Corona ist beim Brötchen holen größer, beim Golfen hält man den Mindestabstand problemlos ein. Man darf nur anschließend nicht mehr ins Klubhaus gehen. Würdest du auch gerne wieder mal zu einem Eintracht-Spiel gehen?
Sicher, wenn ich eine Karte bekomme. Aber machen wir uns nichts vor: Fußball in vollen Stadien, und das Eintracht-Stadion ist ja immer voll, wird es erst wiedergeben, wenn es eine Impfung oder ein Medikament gegen Corona geben wird. Das kann dauern.Mit insgesamt 520 Einsätzen (63 Tore) war das Eintracht-Idol knapp vier Jahre lang Bundesligarekordspieler, ehe ihn im Mai 1985 Klaus Fichtel übertraf. Am 30. Mai 1981 hatte er durch seinen 473. Einsatz im Oberhaus mit dem damals Führenden Sepp Maier gleichgezogen, ausgerechnet bei einem 2:7 in München mit allen Toren binnen 36 Minuten in der zweiten Halbzeit. Sein 500. Spiel absolvierte Neuberger am 17. April 1982 wiederum bei einer torreichen Partie gegen Bayern München, diesmal hieß es 4:3 im Waldstadion durch einen späten Treffer von Michael Künast. Weißt du eigentlich, dass du in einem Punkt doch immer noch Bundesligarekordspieler bist? Du hast während deiner Karriere 23 verschiedene Trainer gehabt, das hat sonst kein anderer Profi geschafft!
Dabei kann ich nichts dafür, ich habe nie gegen den Trainer gespielt, habe nie einen abgeschossen. Bei so vielen Kandidaten – gibt es einen Lieblingstrainer?
Schwere Frage, ganz schwere Frage (überlegt). Dietrich Weise vermutlich, obwohl er manchen Spielern zu leise war. Lothar Buchmann war am Anfang auch ein sehr Guter.Nach deiner Karriere warst du ja noch für zwei Jahre Didi Weises Co-Trainer bei der Eintracht...
Ja, ich hatte 1981 noch mal einen Vertrag über zwei Jahre abgeschlossen, aber mit der Eintracht vereinbart, dass mein Geld über vier Jahre ausgezahlt wird. Eine Art Anschlussvertrag im Verein also. Dann kam die Idee mit dem Co-Trainer auf. Ich war – gegen einen kleinen Aufschlag – damit einverstanden, wollte aber, dass die Eintracht mir hilft, anschließend einen Job bei einem Sportartikelhersteller zu bekommen. Und so bin ich mit dem leider früh verstorbenen Vizepräsidenten Harald Böhm nach Herzogenaurach gefahren. Die Eintracht, die eigentlich den Ausrüster wechseln wollte, hat dies aber dann erst zwei Jahre später getan. So bekam ich ab 1985 einen Job dort und am Ende hatten alle etwas gewonnen.

Zwischen hängendem Linksaußen und linkem Offensivverteidiger

Kannst du dich eigentlich noch an Dein erstes Bundesligaspiel im Eintracht-Trikot erinnern?
Allerdings. Da schieße ich fünf Minuten vor Schluss gegen den VfB Stuttgart das 5:3 für uns und dann endet die Partie 5:5. Ich glaube, da hat Meister Kunter [Dr. Peter Kunter; Anm. d. Red.] mal danebengegriffen, aber das passiert einem Keeper halt mal. Nur vergessen werde ich dieses Spiel nie. Man muss auch sagen, dass die Eintracht später mit Uli Stein erstmals einen Torhüter hatte, der seiner Mannschaft pro Saison vier, fünf Siege alleine eingefahren hat. Das braucht ein Verein auch heute noch, um ganz oben zu stehen. Wer weiß, wenn sich 1975 unser Stammtorhüter Günter Wienhold nicht das Bein gebrochen hätte, vielleicht wären wir Meister geworden oder hätten den Europapokal gewonnen. Wenn man Willi Neuberger googelt, erfährt man sofort: ehemaliger Fußballprofi, vielseitig. Auf welcher Position hast du denn gespielt?
Gute Frage. Also am Anfang in Dortmund war ich meistens ein hängender Linksaußen hinter einer Dreierspitze mit Lothar Emmerich. Libero habe ich auch sehr gerne gespielt, linker Offensivverteidiger auch. Als Bruno Pezzey nach Frankfurt kam, musste ich meistens von der Liberoposition weichen. Aber es gab auch Spiele, da war ich Libero, Bruno musste Vorstopper spielen und Karl-Heinz Körbel kümmerte sich im Mittelfeld um den stärksten Mann des Gegners. Spielst du eigentlich selbst noch manchmal Fußball?
Nein, aus gesundheitlichen Gründen schon seit über 20 Jahren nicht mehr. Weil Tennis auch nicht mehr geht, bin ich beim Golfen hängen geblieben. Denn ich denke nicht, dass ich schon so alt bin wie ich bin. Auch wenn mein Handicap von vier auf neun gestiegen ist. Aber mit dem Alter werden manche Schläge doch etwas kürzer.