27.03.2020
Interview

„Ich kann nur beten“

Jürgen Grabowski spricht über die Corona-Pandemie, seine Lust auf Fußball und ein für ihn wegweisendes Länderspiel vor genau 46 Jahren im Frankfurter Waldstadion.

Jürgen, wie gehst du derzeit mit der Corona-Krise um?
Natürlich habe ich etwas Angst vor der Geschichte. Man kann nur beten, dass uns keiner ansteckt.

Du gehörst mit 75 Jahren und deinen Nierenproblemen zur Risikogruppe. Was bedeutet das für dich?
Ich muss dreimal pro Woche zur Dialyse ins Krankenhaus. Da werde ich von einem Fahrzeug abgeholt, in dem den ganzen Tag Patienten transportiert werden. Deshalb habe ich mich entschlossen, bei diesen Fahrten seit einer Woche Handschuhe und Mundschutz zu tragen, auch wenn das nicht allzu viel hilft. Als Dialyse-Patient bekommst du im Krankenhaus leider keinen Schutz für den Transport.

"Wollte eigentlich im April wieder ins Stadion"

Wie geht es dir inzwischen körperlich?
Wieder besser. Zunächst hatte ich mich nach den Behandlungen richtig schlecht gefühlt, aber eigentlich wollte ich im April wieder ins Stadion zum Fußball gehen. Denn ich habe Lust auf Fußball. Jetzt müssen wir uns überraschen lassen, wie es mit Corona weitergeht. Ich hatte nie gedacht, dass es so etwas noch einmal geben wird. Dass es eine Krankheit gibt, gegen die es keine direkten Spritzen, Tabletten oder Therapien gibt.

Verlassen wir die düsteren Zeiten und blicken mal zurück. Genauer gesagt 46 Jahre zurück. Am 27. März 1974 wurde das neue Waldstadion eingeweiht mit dem Länderspiel gegen Schottland. Erinnerst du dich?
Klar, das war ein ganz wichtiges Spiel für mich. Wir haben 2:1 gewonnen, ich konnte nach einer Vorlage von Uli Hoeneß einen Treffer zum Sieg beisteuern. Das hat mir geholfen, einige Monate später bei der WM mehr Spielzeiten zu erhalten. Ein Länderspiel in deinem Vereinsstadion, das ist immer etwas Besonderes. Damals kam noch Flutlicht dazu und die Vorfreude auf die Heim-WM, bei der wir dann bekanntlich den Pokal gewinnen konnten.

Du hattest ja auch das alte Waldstadion erlebt. Wie groß war der Unterschied zur neuen Arena?
Die Modernisierungen sind schön. Aber ich empfand es als Glück, noch das alte Waldstadion kennengelernt zu haben. Wenn ich beispielsweise mal die Schienbeinschoner vergessen hatte, habe ich meinen Vater angerufen. Der kam, sprach mit einem Ordner, brachte mir die Sachen in die Kabine. Da war alles viel persönlicher. Andererseits habe ich mir kürzlich noch mal die Tore von unserem 6:0 gegen die Bayern von 1975 angeschaut. Da muss man schon zugeben: das war ein fürchterlicher Stoppelacker.