22.03.2017
Waldtribüne

„Ich war nicht aufs Rentnersein vorbereitet“

Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Eintracht, Heribert Bruchhagen, der nun in selbiger Funktion für den HSV tätig ist, war am vergangenen Wochenende zu Gast auf der Waldtribüne

Samstagnachmittag, 75 Minuten vor dem Heimspiel gegen den Hamburger SV: der Platz vor dem Eintracht Museum ist sehr gut gefüllt, dicht stehen die Leute beisammen und warten auf die Waldtribüne. Eintracht TV ist da, und auch das ZDF - und all das nur wegen Heribert Bruchhagen, nach seinem Ausscheiden als Vorstandsvorsitzender der Eintracht zunächst Kurzzeitrentner und Fußballexperte beim Bezahlsender Sky, jetzt Vorstand des HSV… Damit hatte man sicher nicht gerechnet. Als die Anfrage vom HSV kam, hat Heribert Bruchhagen auch nicht lange darüber nachgedacht. „Ich mache das gerne“, sagte Bruchhagen. Er sei froh über diesen Schritt, nicht ohne jedoch einzugestehen, nicht aufs Rentnersein vorbereitet gewesen zu sein.

Bruchhagen will „die Dinge ruhiger gestalten"

Sein Arbeitstag beim HSV unterscheidet sich vom Ablauf nicht von dem bei der Eintracht, allerdings ist in Hamburg der Verein größer und hat deutlich mehr Mitarbeiter, da nicht nur das Stadion zum Verein gehört, sondern auch Bereiche, die bei der Eintracht ausgegliedert sind. Dass er sich beim HSV womöglich in unruhige Fahrwasser stürzt, stört ihn nicht. Als er seinerzeit zur Eintracht kam, sei die Situation nicht anders gewesen. Sein Ziel sei es daher, die „Dinge ruhiger zu gestalten“. „Wenn du gewinnst, sind alle tüchtig, wenn du verlierst, sind alles Pflaumen“, lässt sich Bruchhagen dabei nicht von kritischen Stimmen beeindrucken. Auch neu auftretende Baustellen sieht Bruchhagen gewohnt gelassen: „Wir haben in der Bundesliga immer Baustellen, und wenn es keine gibt, werden sie gemacht“. Die Medien seien bekanntlich ständiger Begleiter des Bundesligafußballs, und es wäre – so Bruchhagen – verteufelt, wenn man sie beklagen würde.

Fotos von SGE-Tattoos

Aber auch die anderen Gäste der Waldtribüne an diesem Tag hatten Interessantes zu berichten. So präsentierte Eintrachtfan Traugott sein besonderes Hobby: Er fotografiert hauptsächlich Tattoos und Aufkleber mit Eintracht-Bezug. Gut drei Stunden ist er täglich auf seinem Fahrrad unterwegs auf der Suche nach neuen Motiven. Kein Wunder, dass seine Sammlung mittlerweile 3000 Fotos von Eintracht Aufklebern der unterschiedlichsten Art und 760 Tattoos umfasst. Mit der Tattoofotografie fing alles an einem schönen Sommertag am Main an, als er einen Fan mit einem Adler-Tattoo sah. Beeindruckt von dem Werk fragte er ihn, ob er das Tattoo fotografieren könnte. An den Eintracht-Tattoos fasziniert ihn vor allem, welche Ideen die Leute hierfür haben. Die Bilder zu machen sei kein Problem für ihn, gerade bei Auswärtsspielen sind die Fans – so Traugott – lockerer und lassen sich eher fotografieren. Die Bilder im Rahmen einer Ausstellung zu zeigen oder in einem Bildband zu veröffentlichen, komme für ihn allerdings nicht in Frage, da viele Leute ihre Einwilligung für ein Foto nur gegeben haben, wenn er die Bilder nicht ins Internet stellt.

Die „Regenbogenadler" stellen sich vor

Passend zur bevorstehenden „Homophobie im Fußball“-Veranstaltung im Eintracht Museum konnten die beiden Moderatoren Beve und Pia abschließend die „Regenbogenadler“ begrüßen. Der schwul/lesbische Eintracht Fan-Club ist sowohl beim Verein als auch in der Fanszene gut aufgenommen worden. Angst vor Anfeindungen haben sie nicht. So fühlt sich der Vorsitzende Stefan „im Stadion sicherer, als wenn er mit seinem Mann händchenhaltend durch die Stadt geht“. Dass sich anders als im Frauenfußball nach wie vor kein Profi als homosexuell outet, liegt seiner Meinung nach an der leider weit verbreiteten Auffassung, dass „einem schwuler Mann unterstellt wird, nicht richtig Fußball spielen zu können.“ Daher sei es wichtig, dass auch von Fanseite mehr Sicherheit gegeben wird. Dazu wollen die „Regenbogenadler“ auch mit ihrem Engagement und ihrer Message über den Fußball hinaus ihren Beitrag leisten, sei es als Mitglied der QFF, dem Dachverband schwul-/lesbischer Fan-Clubs, sei es durch eigene Öffentlichkeitsarbeit. Da können wir nur viel Erfolg wünschen und hoffen, dass homosexuelle Fußballer eines Tages zur Normalität im Stadion werden.