Und manche Zahlen lügen doch. Wer ein beispielhaftes Spiel anführen möchte, in dem gerade Offensivstatistiken über das auf dem Platz Gezeigte hinwegtäuschen – das am Donnerstagabend in Nordlondon war so eines. Sechs zu zwei Schüsse aufs Tor, 0,94 zu 0,36 Expected Goals, 1:1 Treffer zwischen dem Tottenham Hotspur FC und Eintracht Frankfurt. Und doch ein Komplettpaket an Power, Physis und Dynamik, dass es so krachte wie sonst nur auf der Tonleiter des DJs im Tottenham Hotspur Stadium.
Kein Sieger, kein Verlierer zwischen der zweitstärksten Offensive der Premier League und dem drittbesten Angriff der Bundesliga. Natürlich alles andere als ein Freilos aufs Halbfinale, aber weit mehr, als manch anderer Verein vorher geschafft hatte: Neun Siege und drei Unentschieden stehen in den vergangenen zwölf Heimspielen der Coys in diesem Wettbewerb zu Buche – laufender Klubrekord.
Der Führungstreffer im EintrachtFM-Kommentar
In der Meinung, nach der frühen Führung durch Hugo Ekitiké zu passiv geworden und nach der Pause in Ballbesitz und bei Kontern nicht ruhig genug gewesen zu sein, waren sich Markus Krösche und Dino Toppmöller ebenso einig wie in der Tatsache, „eine gute Basis“ geschaffen zu haben.
Im Grunde galt es, rund um den Stundenzeiger vier klare Gelegenheiten binnen fünf Minuten zu überstehen. Zwei Mal Alu, zwei Mal 1,96 Meter Kaua Santos verhinderten den Rückstand. Was sich darum herum und zwischen beiden Strafräumen abspielte, belegt folgender Fakt, zumal unter Berücksichtigung der großzügigen aber klaren Linie von Schiedsrichter Szymon Marciniak:
Nach 63 Minuten hatte Tottenham, nach 68 Minuten Frankfurt den eigenen Durchschnitt an Fouls übertroffen. Am Ende stand es in dieser Hinsicht 13:15.
Pluspunkt Eintracht: 53 Prozent gewonnene Zweikämpfe, die meisten davon durch Nathaniel Brown, der zehn von 15 Duellen für sich entschied. Zudem ein zentrales Defensivdreieck bestehend aus Robin Koch, Ellyes Skhiri und Hugo Larsson, die als einzige Adler, die in der Startelf standen, allesamt über 91 Prozent ihrer Pässe an den Mann brachten.
Der genannte Kaua Santos wehrte am Abend vor seinem 22. Geburtstag fünf Abschlüsse ab. Dagegen war sein Gegenüber Guglielmo Vicario neben dem Gegentreffer ein einziges Mal zum Handeln gezwungen.
Überhaupt verbuchte Frankfurt in der letzten halben Stunde keinen einzigen Schuss, vier Abschlüsse sind die wenigsten der SGE in der laufenden internationalen Kampagne. Dafür kommt Hugo Ekitiké 2024/25 auf nun 20 Pflichtspielbuden, genau wie Omar Marmoush. Das letzte Mal, dass zwei Adlerträger in einer Spielzeit mindestens 20 Treffer erzielten, war 2018/19 – der gegenläufige Saisonverlauf zwischen internationalen Weihen und nationalen Pflichten seinerzeit ist hinlänglich bekannt: Halbfinale in Europa, Platz sieben in der Liga.
Ausblick: Scharf bleiben gegen Heidenheim
Vergangenheit, die sich in den Augen der Adler nur zur Hälfte wiederholen soll, wie Dino Toppmöller bereits am Tag vor dem Viertelfinalhinspiel ausführte: „Wir stehen auf Platz drei und im Europa-League-Viertelfinale. Ich kann mich nicht erinnern, dass Frankfurt mal in dieser Situation war. Wir befinden uns leider nicht auf dem Level zu sagen, dass wir permanent in einer Saison in einer Konstanz sind. Das schafft vielleicht Bayern München. Spiele wie gegen Bremen ärgern uns maßlos, weil wir nicht auf Level waren an diesem Tag.“
Dementsprechend schweifen die Blicke nicht auf das Rückspiel gegen Tottenham, sondern auf das nächste Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim. Zitat Toppmöller am Mittwoch: „Wir wissen natürlich, dass auf dem einen oder anderen Spiel ein anderer Fokus liegt. Abende wie in diesem Stadion sind nicht alltäglich. Nichtsdestotrotz möchten wir am Sonntag die gleichen Ambitionen an den Tag legen. Ich habe die Erwartungshaltung, dass wir diese Spiele von der Analyse, vom Fokus und von der Bereitschaft genauso annehmen.“ Mit einer Zahl wie der eins – 1:1, ein Punkt – daran ließ der Fußballlehrer am späten Donnerstagabend keinen Zweifel, wäre am Main niemand einverstanden: „Alle haben richtig Bock auf dieses Spiel. Wir wissen, was auf dem Spiel steht für uns als Klub, und wir wollen mit allem, was wir haben, am Sonntag dieses Spiel gewinnen!“