Einordung: Die Krux in der Box
Die Chronologie der Ereignisse glich nicht nur wegen der Torfolge denen aus dem vergangenen 1:1 vor der Länderspielpause in Bielefeld. Mehr Spielanteile für die Eintracht, ein Chancenplus, ein passiverer Gegner, die folgerichtige Führung – und ein Ausgleich kurz vor Schluss, weil ein einziger Gegentreffer einer zu viel war, um drei Punkte holen. Oder wie Cheftrainer Oliver Glasner im Nachgang feststellte: „Die Spieler haben unsere Idee gut umgesetzt, aber wir haben in beiden Strafräumen noch Luft nach oben.“ Versucht haben es die Adler freilich aus allen Lagen, zehn der 17 Schüsse erfolgten von außerhalb des Sechzehners. Zwei Abschlüsse von Martin Hinteregger und Rafael Santos Borré landeten zudem an der Latte.
Zahl des Spiels: 450
Einer, der nicht nur wegen seiner neuen Rückennummer neun, sondern vor allem seiner Statur von 1,91 Meter, wie gemacht dafür scheint, die Krux in der Box aufzulösen, stand gegen den VfB Stuttgart sogleich in der Startelf: Sam Lammers, der am Deadline Day von Atalanta Bergamo an den Main gewechselt war. Rafael Santos Borré nahm dafür zunächst auf der Bank Platz. „Er hatte eine hohe Belastung, darum konnte er nicht bei 100 Prozent sein. Dafür hat er 25 Minuten nochmal richtig Gas gegeben“, begründete Glasner den positionsgetreuen Tausch mit Verweis auf die Länderspielstrapazen des Kolumbianers.
Der Niederländer wiederum habe „sich gut eingebracht, es fehlt noch die Abstimmung. Er hatte trotzdem gute Abschlüsse. Er hat bei Atalanta wenig gespielt, braucht also noch Rhythmus und Spielzeit. Gerade für die Findung mit den Mitspielern. Das braucht etwas Zeit, aber wir haben schon gute Ansätze gesehen.“
Mit Lammers und dem nach einer Stunde eingewechselten Kristijan Jakic feierten damit die Spieler 449 und 450 ihr Bundesligadebüt im Adlerdress. Der Traditionsverein hat damit den Ligarekord ausgebaut. Es folgen Schalke 04 (441) und der Hamburger SV (438).
Jubilar des Spiels: Filip Kostic
Wie der aus Zagreb gekommene Jakic war auch Filip Kostic in der 59. Minute ins Spiel gekommen. „Filip hat über links nochmal Dampf nach vorne reingebracht“, lobte Glasner, der sich beinahe als Prophet bewiesen hätte: „Ich habe zu ihm gesagt, wenn er am Sonntag reinkommt, macht er das Siegtor. Das hat leider nicht ganz gestimmt, dennoch war es eine Befreiung für ihn.“
Der Schwung des Serben war nicht nur unübersehbar, sondern ist auch schnell faktisch belegt: Bei nur einem Drittel möglicher Einsatzzeit schlug der 28-Jährige zehn Flanken und damit weit mehr als jeder andere Akteur im Deutsche Bank Park. Die Spitzengeschwindigkeit von 33,52 Stundenkilometern suchte ebenfalls ihresgleichen. Das stimmungsbeladene 1:0 nach kräftigem Antritt und sattem Abschluss war sogar das gemäß den Expected-Goal-Analysten mit 1,7 Prozent unwahrscheinlichste Tor des vierten Spieltags.
Doppelter Mutmacher
Zwei Dinge bleiben letztendlich unumstößlich: Einsatzfreude und Heimstärke. Mit 114,03 Kilometern spulten die Adlerträger fast fünf mehr ab als die Schwaben (109,18). Auch wenn die große Belohnung ausblieb, ging mit dem Remis trotzdem das 21. ungeschlagene Bundesligaheimspiel in Folge einher – letztmals waren es Anfang der 1970er Jahre mehr.
Prüfung im Blick
Ein Faustpfand, mit dem Hessen auch am Donnerstag vor erneut 25.000 Zuschauern wuchern können, wenn Fenerbahce SK zum ersten Spieltag der Europa-League-Gruppenphase im Deutsche Bank Park gastiert. „Uns erwartet eine gute, erfahrene Mannschaft. Vielleicht schaffen wir es, noch einen Gang hochzuschalten, das hat die Eintracht in Europa schon oft geschafft“, blickt Glasner gleichermaßen optimistisch wie realistisch auf das Europapokalfest unter Flutlicht wie Markus Krösche: „Wir haben noch ein paar Dinge, die wir deutlich verbessern können. Aber die Basis stimmt. Letztendlich ist es eine Prüfung.“