Es läuft die 35. Spielminute beim Relegationsspiel zwischen Wolfsburg und Braunschweig am Donnerstagabend in der Nähe des Bahnhofs Warschauer Straße. Bembel stehen auf den Bierzelttischen vor der „Glühlampe“, große Gerippte werden mit sauergespritztem Apfelwein gefüllt. Und was singen einige Besucher in der ersten Reihe? Eintracht-Lieder! Die Glühlampe ist der Treff für Frankfurter Fußballfans in Berlin. Mittendrin sitzen Carsten Henneberg, Stephan Dreyer und Felix Pohle. Treue Fans, Mitglieder im EFC und engagiert in ihrem Fanclub. „Wir haben hier schon dicht gedrängt Spiele geguckt. Es ist wie im Stadion: Vorne stehen die jungen Kerle, hinten sitzen die älteren Semester am Tresen“, erzählt Pohle, 2. Vorsitzender und Kassierer im EFC Berliner Adler.
250 Mitglieder hat der EFC mittlerweile. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren explodiert. „Nach dem Abstieg 2004 waren wir nur noch zwei Handvoll Leute. Seitdem ging es steil bergauf“, sagt Dreyer, der in Bitterfeld aufgewachsen ist. Sein Vater Andreas Dreyer war früher mit Eintracht-Spieler Norbert Nachtweih befreundet, so ist er in Sachsen-Anhalt zum Eintracht-Anhänger geworden. Seit zwölf Jahren lebt er in Berlin und hat schnell Anschluss an die Berliner Adler gefunden. Er hilft viel im Hintergrund, beantwortet Facebook-Anfragen und hat T-Shirts für die Fanclub-Mitglieder entworfen. Noch gut erinnert er sich an sein erstes Eintracht-Spiel. „Ein 3:2-Sieg in Leipzig. Es waren 40 Grad.“ Heute verbindet er Besuche bei Eintracht-Partien zum Beispiel mit einem Abstecher zu Bekannten nach Hanau. Besondere Freude hatte er bei der Europa League-Reise nach Porto im Februar 2014. „Meine Freundin hat mich angerufen und gesagt: ‚Du wirst Vater‘!“
Neben Dreyer trinkt Carsten Henneberg aus seinem Gerippten den Apfelwein, der aus Bruchköbel in die Hauptstadt geliefert worden ist. „Ich bin unglaublich abergläubisch. Ich muss unbedingt noch meine Klamotten für Samstag raussuchen, die ich in Mönchengladbach getragen habe“, sagt der 40-Jährige, den es vor eineinhalb Jahren zum zweiten Mal aus beruflichen Gründen verschlagen hat. „Das Fieber steigt von Tag zu Tag. Vergangenes Jahr war ich in Nürnberg beim Relegationsspiel. Jetzt ist es natürlich eher positive Nervosität“, berichtet er. Henneberg aus Steinbach im Taunus, hat in Frankfurt studiert und hat seit 2004 eine Dauerkarte bei der Eintracht. Am schönsten seien die Reisen vor einigen Jahren nach Bordeaux, Tel Aviv und Porto gewesen. „Da muss die Freundin schon einiges mitmachen, schließlich wird die Urlaubsplanung danach ausgerichtet“, schmunzelt Henneberg.
Der EFC Berliner Adler bereist insbesondere die näheren Auswärtsfahrten gerne gemeinsam. „Deswegen waren wir vor einigen Jahren in der Relegation eher für den HSV als den KSC, denn Hamburg ist für uns natürlich wesentlich näher und aufregender als Karlsruhe“, sagt Felix Pohle. Mit 60 Fans war der Fanclub in dieser Saison in Wolfsburg unterwegs. „Das war schon Wahnsinn, da hatten wir richtig gute Stimmung.“ Der 46-Jährige besucht freilich auch Heimspiele der Eintracht – und das seit 1989. „Zu dieser Zeit konnten wir den Apfelweinkanister ins Stadion mitnehmen. Das waren noch Zeiten“, schwärmt Pohle, der 1999 aus beruflichen Gründen nach Berlin gezogen ist. „Jetzt bin ich hier heimisch geworden“, sagt der Oberurseler. Diese Woche hat er jeden Tag ein anderes T-Shirt seiner Eintracht getragen und sich so auf das Finale eingestimmt.
Seit einigen Jahren ist die Glühlampe das Vereinslokal. Für zwei Euro „Sky-Gebühr“ ist man bei Eintracht-Spielen dabei. Früher trafen sich die SGE-Fans in anderen Kneipen, aus unterschiedlichen Gründen fragte man in der Glühlampe an. Eigentlich war dies eine St. Pauli-Kneipe, doch der Zuspruch blieb mit der Zeit aus. Dann sagte der Wirt eines Tages: „Wenn ihr jeden Samstag mit 30 Leuten kommt, machen wir eine Eintracht-Kneipe draus“. Dreimal so viele Leute sind keine Seltenheit, die Glühlampe ist als Treffpunkt von Berliner Eintracht-Fans gesetzt. Und das merkt man auch bei einem Relegationsspiel zwischen dem VfL Wolfsburg und Eintracht Braunschweig.